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06 E-Paper 1/2022

06 E-Paper 1/2022 „Woran es fehlt, ist die Zielgruppenansprache“ Visio24 hilft Metallverarbeitern bei deren Positionierung und Kundenfindung. Zu geringe Auslastung, zu schlechte Marge, zu viele unpassende Anfragen und zu wenige Aufträge in perspektivischen Märkten nach dem Ende des fossilen Industriezeitalters: Insbesondere Zulieferer aus der Metallbranche haben nach bald zwei Jahren Pandemie auf vielen Themenfeldern Handlungsbedarf. Die Visio24 GmbH in Hilzingen, die als externer Vertriebsdienstleister solcher Mittelständler seit Jahrzehnten Erfahrung hat, bietet bei solchen Fragen Orientierungshilfe. „Nach unseren vier- bis sechsstündigen Workshops beim Kunden zu dessen Positionierung sehen die meisten deutlich klarer, wo ihre künftigen Ertragsfelder liegen und wie sie dorthin kommen,“ sagt Visio24-Geschäftsführer Matthias Vossenkuhl. Üblicherweise kommt der Südbadener mit seinem Vertriebsmitarbeiter, der den potentiellen Kunden anschließend begleiten soll, in den Workshop, an dem seitens des Auftraggebers meist der Inhaber, der Vertriebsleiter und häufig noch jemand von der Produktentwicklung teilnimmt. In diesen Treffen wird gleichsam die DNA einer Firma sichtbar. Vossenkuhl: „Im Produzieren und Entwickeln sind die allermeisten heute sehr gut, woran es fehlt, ist die Identifikation der Zielgruppe und deren Ansprache.“ Entsprechend wird im Workshop betrachtet, was die Firma überhaupt kann; wo ihre Stärken liegen; wo ihre Chancen; wie der Inhaber selbst seine Firma einschätzt und welche etwaigen Mehrwerte sie bietet. Dabei schürft Vossenkuhl immer tiefer: Er betrachtet etwa, ob die Firma eher schnell und stark in der Produktion von Unikaten und Prototypen ist, wo der Preis nachrangig ist, oder ob ihre Stärke in hohen Stückzahlen liegt und ab welchem Volumen eine Menge als „groß“ definiert wird, weil die Firma zum Beispiel einen großen Maschinenpark bei hohem Automatisierungsgrad hat. Der Südbadener: „Wir haben Kunden, die Teile millionenfach an Konzerne liefern, da geht es um hundertstel Cent je Stück.“ Seine Workshops hätten in der Pandemie aus zwei Gründen an Relevanz und Brisanz gewonnen: Wegen der Lieferengpässe werden viele Zulieferer aktuell mit Anfragen geradezu überhäuft. Da müsse man ganz schnell identifizieren, welche Anfrage lohnt, überhaupt ein Angebot abzugeben. „Im Idealfall kennt man den Absender so gut oder klärt ihn nun über das eigene Portfolio auf, dass er nur relevante Anfragen stellt,“ nennt Vossenkuhl ein Ziel, auf das er mit seinen Mandanten gerne hinarbeitet. Die zweite Not entsteht aus der Transformation der Industriegesellschaft, in der sich viele Zulieferer anpassen oder neu orientieren müssen. Auch hierfür nennt der Berater Beispiele: Wer bislang für Verbrenner zugeliefert hat, muss nun schauen, dass er an die e-Mobilität Anschluss findet oder in neue Branchen wechselt wie Windkraft, Medizintechnik, Speichertechnologien oder Trinkwasseraufbereitung. Hinzu komme oft der Switch vom Massenfertiger zur Manufaktur, die auch mit Kleinserien profitabel arbeitet. Vossenkuhl deutet an, wie weit seine Workshops in die DNA eines Fertigungsunternehmens hineinreichen können: „Wer jetzt ohne Strategie weiterwurschtelt, verschläft vermutlich die Personalanpassung.“ Oft gehe es auch darum, Wöchentlicher Abgleich per Video-Meeting: Matthias Vossenkuhl (rechtes Bild rechts) und sein Mitarbeiter tauschen sich mit einem Kunden (l.) über ihre Akquise-Aktivitäten aus. © VISIO24 © Hemmy Garcia E-Paper 1/2022

07 © pixabay.com | jannonivergall Viele Automobilzulieferer müssen lernen, auch bei kleineren Stückzahlen profitabel zu arbeiten. Oft sind Personalabbau und -qualifzierung ebenso wichtige Schritte der Anpassung. E-Paper 1/2022 den Maschinenpark neu auszurichten oder die Mitarbeiter weiterzuqualifizieren. Das könne bis hin zum Bankengespräch reichen, um die nötigen Kredite für den Switch bewilligt zu bekommen oder auf Maschinenleasing umzusteigen. Im Kern unterstützt Visio24 in diesen Workshops immer, eine Firma neu zu positionieren oder zu überprüfen, dass die unternehmerische Ausrichtung noch stimmt. Das leben die Südbadener, die als externer Vertrieb für die Kaltakquise fungieren, auch vor: Ihre typischen Kunden sind Metallverarbeiter mit 50 bis 500 Mitarbeitern, bei denen Vossenkuhl noch direkt an den Inhaber oder den Toppentscheider herankommt. Das können deshalb auch mal Firmen mit 1000 Beschäftigten sein. Seine aktuell gut 20 Kunden, die mit monatlichen Pauschalen von 2000 bis 4000 Euro von einem Vertriebsprofi betreut werden, sind Metall- und Werkzeugbauer, Blechstanzer und -verarbeiter, Schweißer, Hersteller von Ladungsträgern für Premiumkarossen, Schmieden oder Aluminiumgießer. Vossenkuhl über seine Kunden: „Die sind alle Problemlöser mit einer hohen Engineeringkompetenz, die Komplexität beherrschen.“ Das heißt zum Beispiel, dass ein Werkstück nicht nur zwei oder drei Bearbeitungsgänge benötigt, sondern sechs und dabei bis zu acht Stunden auf einer Maschine gebohrt und gefräst wird und noch ein Gewinde erhält. Sein Auftrag sei dann gelegentlich, für diesen Premiumanbieter genügend Ergänzungsaufträge zu akquirieren, um die freien Kapazitäten von 30 Prozent möglichst hochwertig auszulasten. Jeder Auftrag beginnt mit einem solchen Workshop, um die Zielgruppe klar zu definieren, in der das Visio24-Team im zweiten Schritt potentielle Kunden identifizieren soll. Ist diese Hürde genommen und das Interesse geweckt, übernimmt der Innendienst des Auftraggebers oder dessen Außendienst oder Inhaber besucht den Interessenten. Im Schnitt arbeiten die Südbadener fünf, sechs und mehr Jahre für einen Kunden. Vereinzelt endet die Kooperation auch nach sechs Monaten. Das hat in der Regel zwei Gründe: Der Kunde hat dann die zwei neuen Kunden, die er gesucht hat, oder er gibt die Delegation auf, weil daraus noch kein Auftrag erwachsen ist. Letztere versteht Vossenkuhl nicht, weil der „schnelle Erfolg“ eher Zufall sei denn Folge strategischer Arbeit. Hinzu kommt, dass der Kunde auch am Mißerfolg lernen kann, bei dem Visio24 ihn gleichfalls gerne begleitet. So empfiehlt der Vertriebsprofi, im Fall von Absagen nachzufassen, woran es gelegen hat. Denn wenn man 30 Prozent zu teuer war, könne ja auch sein, dass die internen Kosten zu hoch und nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Nachfragen empfiehlt er auch im Erfolgsfall, um daraus zu lernen. „Wenn der Kunde sagt, ‚Kompetenz und Schnelligkeit haben mich überzeugt, aber der Preis war grenzwertig‘, dann weiß ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin, aber meine Kosten im Blick behalten muss,“ gibt Vossenkuhl ein Beispiel. Sein Engagement könne auch wichtig sein, um aus der Abhängigkeit einzelner Kunden zu kommen oder dem Auftraggeber zu spiegeln, dass er zu wenig Umsatz mit Produkten macht, die jünger als zwei Jahre sind oder schlicht zu langsam in der Kundenbetreuung ist. Denn noch immer erlebt Vossenkuhl gelegentlich, dass seine Betreuer, die sich je exklusiv um einen Kunden kümmern, dem viele Optionen eröffnen und dann bleibt in dessen Firma eine Anfrage zwei Wochen liegen, weil der Mitarbeiter krank oder im Urlaub ist. Der Chef: „Wir coachen den Kunden, sich sofort für eine Anfrage zu bedanken; dem Interessenten in Aussicht zu stellen, bis wann das Angebot vorliegt und ihm einen Ansprechpartner mit Handynummer zu benennen.“ Dasselbe gelte für die Nacharbeit, wenn ein Angebot draußen ist: Nachfassen, Nachbesserungen anbieten, die Gründe erfragen, die zur Zu- oder Absage geführt haben. In Einzelfällen hat Vossenkuhl schon Kunden begleitet, ihr Prozessmanagement zu verbessern, gerade weil er so viele Firmen von innen kennt und letztlich spürt, wer eher lahmt oder ein Rennpferd ist. Dann half er, Zuständigkeiten und Schnittstellen klarer zu definieren oder Kommunikationsprozesse zu digitalisieren, damit die Kundengewinnung rund läuft. www.visio24.de Verbrenner-Aus bringt Job-Kahlschlag Rund 150.000 Jobs gehen in Deutschland von 2025 bis 2030 bei Automobilzulieferern verloren, wenn Pkw, die nur mit Verbrennungsmotor ausgestattet sind, ab 2030 nicht mehr neu zugelassen werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des europäischen Verbands der Zulieferer (Clepa). Im Gegenzug stiege die Zahl der Jobs, die mit E-Antrieb ihr Geld verdienen, um 7400 auf 44.300 Jobs. Insgesamt wurden drei Szenarien durchgespielt, die sich aus einem „Green Deal“ ergeben könnten. Dabei wurden für 2030 Hybrid-Anteile, also batterieelektrisch und fossil, von 50, 80 und 100 Prozent unterstellt. Kämen Verbrenner 2030 noch auf einen Anteil von 50 Prozent, blieben bei Zulieferern 173.000 Jobs erhalten. Die Unternehmensberatung PwC geht außerdem davon aus, dass E-Antriebsstränge überwiegend in Deutschland, Frankreich und Spanien produziert werden, während Mittel- und Osteuropa „noch auf Jahre hinaus stark vom Verbrenner abhängen werden“. Bei der E-Technologie, so PwC, erreicht Deutschland 2040 eine Wertschöpfung von 22,7 Mrd. Euro und bleibt damit stärkster Lieferant EU-weit. Spanien werde Frankreich überrunden und fast mit Deutschland gleichziehen, weil dort die Kosten vergleichsweise günstig und viele Marken mit Fabriken bereits vertreten sind. ó

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