04 © Kemapack In der Pandemie verstanden plötzlich alle, weshalb der Chef Reinhard Scheuermann (Bild) schon in den Jahren zuvor so viel Geld in Software, Laptops, Smartphones, Headsets und in IT-Security investiert hatte. Die Kemapack GmbH in Landsberg am Lech ist traditionell Technik- und Digital-affin. Das liegt an Inhaber Reinhard Scheuermann, der IT-gestützte Lösungen liebt und diese gerne ausprobiert. Hatte das bis zu Beginn der Pandemie im März 2020 teils noch Kopfschütteln in der eigenen Belegschaft ausgelöst, hat sich sämtlicher Widerstand rasch in Kooperation verwandelt. Der Grund: Der Spezialist für das Sichern von Ladeeinheiten, die Transportschäden in Paketen und auf Paletten vermeiden, blieb von Anfang an arbeits- und lieferfähig. „Bereits Ende März 2020 waren 60 Prozent unserer Mitarbeiter im Homeoffice und Servicetätigkeiten beim Kunden konnten wir teils auf Fernwartung umstellen,“ sagt Reinhard Scheuermann, der mit 40 Mitarbeitern zwölf Millionen Euro pro Jahr in den Bereichen Umreifen, Stretchen, Verpacken und Kanten schützen umsetzt. In der vielfach weit unterschätzten Branche punktet Kemapack, der für viele Dax-Konzerne und Mittelständler arbeitet, eben auch mit Arbeitsschutz, Ergonomie, Materialeinsparung, Effizienz oder Digitalisierung. Im Frühjahr 2019 hatte der Chef, dessen Führungskräfte und Außendienstler längst Homeoffice-fähig waren, eher zufällig die Konferenzsoftware Teams kennengelernt und diese im Herbst darauf in seiner Firma als Ergänzung eingeführt. „Da hieß es, der Chef spinnt und wofür brauchen wir das Spielzeug?“, erinnert sich der 57-Jährige. Doch im März darauf kam der Lockdown und binnen Tagen waren die Mitarbeiter auch von zuhause aus besprechungs- und konferenzfähig. Plötzlich verstanden alle, weshalb der Chef schon in den Jahren zuvor soviel Geld in Software, Laptops, Smartphones oder Headsets investiert hatte. Auch der im Januar 2019 beauftragte IT-Security-Check, ursprünglich als Prävention gegen Hacker-Angriffe gedacht, machte plötzlich Sinn und die Mitarbeiter waren dafür sensibilisiert, keine Viren ins System zu lassen. Und wer in Lager oder Service nicht auf Homeoffice umstellen konnte, wurde in feste Teams eingeteilt, die in Wechselschichten arbeiteten, um das Infektionsrisiko zu minimieren. „Den Servicetechnikern haben wir freigestellt, ob sie noch zu Kunden fahren wollten“, erinnert sich Scheuermann. Vermutlich habe diese Freiwilligkeit dafür gesorgt, dass die Mitarbeiter bereit waren, das Risiko zu tragen. Die Techniker hätten argumentiert, dass die Kunden sie nun mehr denn je bräuchten, um etwa die Versorgung in Deutschland mit Lebensmitteln und Klopapier aufrecht zu erhalten oder das Überleben des Kunden generell durch dessen Lieferfähigkeit sicherzustellen. Im Gegenzug führte der Betrieb für die Monteure die Vier-Tage-Woche ein, was Überstunden vermied, den Betroffenen längere Wochenenden ermöglichte und damit längere Regenerationsphasen bei der Familie. Zugleich merkte Scheuermann rasch, dass er sich um die psychische Gesundheit seiner Mitarbeiter im Homeoffice und um den Informationsfluss innerhalb der Firma kümmern muss. „Über die Video- Konferenzen merkte man schnell, wer tendenziell unter der auf sich gestellten Arbeitsweise leidet,“ deutet der Chef an, was er meint. So befasste er sich gezielt mit einzelnen Mitarbeitern, um zu hören, E-Paper 1/2022
E-Paper 1/2022 05 „Die Pandemie war ein großer Katalysator für die Digitalisierung“ Kemapack, Spezialist für das Sichern von Ladeeinheiten, bleibt im Lockdown nicht nur arbeitsfähig, sondern wächst E-Paper 1/2022 wo jemand Unterstützung braucht und um Befindlichkeiten frühzeitig zu erkennen. In den ersten Wochen verfasste er auch täglich einen Newsletter, in dem er aus den einzelnen Abteilungen berichtete oder über die Auftragslage. Der Grund: „In dieser Phase hatten wir Auftragsrückgänge von 40 Prozent, was viele Mitarbeiter auch um ihre Jobs bangen ließ.“ Diesen Newsletter ersetzte der Chef nach drei Monaten durch eine interne soziale Plattform, auf der jeder Mitarbeiter überall schreib- und leseberechtigt war. Seine Wahrnehmung: „Damit haben wir die Kommunikation demokratisiert, Hierarchien eingehegt und die Identifikation mit dem Ganzen verbessert.“ Hinzu kommt, dass die Teams- Konferenzen mehr von den einzelnen Mitarbeitern sichtbar machten: Mal lief eine Katze durchs Bild, mal hörte man im Hintergrund Kindergeschrei oder eine Partnerin winkte in die Kamera und so wurde der Kontakt persönlicher. Auch im Marketing veränderte sich viel, sagt dessen Verantwortlicher Markus Nothhaas. Hatte man zuvor jahrzehntelang gefragt: „Was braucht mein Kunde?“, war man nun für die Frage sensibilisiert: „Wie geht es meinem Kunden?“. Parallel rückten Produkte in den Fokus, die zuvor kaum gefragt waren: Produkte, die 1,5 Meter Abstand zwischen Lagerarbeitern ermöglichten; Klebeband, um in Hallen und Kantinen Abstände fixieren zu können oder Handgreifer, mit denen man Türklinken oder Maschinen nicht berühren muss. Und in der Kommunikation sollte nicht der Eindruck aufkommen, man wolle weiterhin Produkte verkaufen als wäre nichts passiert, während dem Kunden förmlich „die Hütte brennt“, weil ganze Teams in Quarantäne waren oder Ansprechpartner künstlich beamtet auf Intensivstationen liegen. Ein Außendienstler bei Kemapack bringt die Haltung auf den Punkt: „Wir haben nicht Kunden, sondern Freunde.“ Und weil bei den Landsbergern Zuhören und Beraten großgeschrieben wird, galt das erst recht in jüngster Zeit, wenn Kunden von privaten Sorgen oder fehlenden Aufträgen sprachen. Bereits im Sommer 2020 entspannte sich befristet die Lage und die Umsatzrückgänge des Frühjahrs konnten mehr als ausgeglichen werden. Um die prognostizierte Nachfrage bedienen zu können, hatte Scheuermann früh das Lager von 660 auf 1200 Stellplätze fast verdoppelt und sich parallel von Lieferanten größere Warenmengen für den Herbst zusichern lassen, was denen wiederum mehr Planungssicherheit ermöglichte. Scheuermann, der seine große Bewährungsprobe in der Wirtschaftskrise 2008/09 hatte: „Mit vielen Kunden und Lieferanten arbeiten wir teils schon seit 50 Jahren zusammen. Da lässt man sich auch in der Not nicht gegenseitig hängen.“ Diese Haltung spiegelt sich im Leitbild der Firma wider, wo es heißt: „Nur gemeinsam sind wir stark.“ Kemapack lebt diese Maxime in alle Richtungen und fährt damit offenbar gut: 2021 wächst das Unternehmen zweistellig und gehört als Teil der Logistik-Wertschöpfungskette zu den Krisengewinnern der Pandemie. Kemapack in Zahlen Paul Scheuermann, der als Problemlöser für Fluggesellschaften gearbeitet hatte, deren internationales Frachtgeschäft er organisierte, macht sich 1963 als Dienstleister selbstständig. Dabei spielte die Kennzeichnung für die korrekte Zustellung eine zentrale Rolle, was sich im Firmennamen widerspiegelt: Ke-Ma-Pack steht für Kennzeichnen, Markieren, Verpacken. Heute umfasst das Portfolio 18.000 Produkte, wobei das Herzstück Geräte und Maschinen bilden, die je nach Komplexität zwischen 2000 und 20.000 Euro kosten. Das Geschäft ist sehr beratungsintensiv, weshalb Kemapack auch Seminare und Workshops anbietet und zunehmend Fachwissen auf seiner Homepage online zur Verfügung stellt. Über eine jährliche Hausmesse, 2022 am 11. Mai, und einen mehrmals jährlich erscheinenden Newsletter, den aktuell 14.000 Adressaten empfangen, pflegen die Oberbayern intensiven Kontakt mit ihren Kunden. www.kemapack.com ó Palettenwickler der Firma Kemapack Foto: © Kemapack
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