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PT-Magazin - Ausgabe 5 2022

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PT-Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft Die Top-Themen: • Lebe stolz und frei! Risikopapst Gerd Gigerenzer über Risikokompetenz • Unternehmen im Kriegszustand - Was tun bei Bedrohungen von allen Seiten? • Raus aus der Knechtschaft - Unternehmer sollten aufhören, Untertan zu sein • "Heilige Kühe" vertreiben mit dem "Elefant im Raum"

32 Wirtschaft 33

32 Wirtschaft 33 Unternehmen befinden sich heute in einer permanenten Bedrohungslage. Krisen sind alltäglicher Begleiter. Im Grunde ist Unternehmertum aktuell gleichbedeutend mit einer Art Kriegszustand. Dass dies so ist, hat im Wesentlichen drei Ursachen. Die erste ist, dass sich Konflikte in einer sehr selbstbewussten, fragmentierten und aggressiver werdenden Gesellschaft heute schnell medial Bahn brechen und jeder in den sogenannten sozialen Netzwerken und mit Hilfe von Internetprangern und Bewertungsportalen viel virale Aufmerksamkeit erreichen kann. Hinzu kommt die digitale Unternehmen im Kriegszustand Bedrohungen kommen von allen Seiten Vernetzung, die zu einer komplexen IT-Infrastruktur führt, die ihrerseits angreifbar ist für Hacker, Leaks und Sabotageakte. Zudem beschließt die Politik ständig neue Regeln, die Planungen unmöglich machen, Unternehmen in permanent hektische Betriebsamkeit versetzen und die immer neue Bedrohungslagen in Form möglicher Abmahnungen, Bußgelder, Überverwaltung und Rechtsstreitigkeiten schaffen. Alle drei Entwicklungen lassen jeden, der sich berufen und motiviert fühlt, zu einer potenziellen Gefahr für ein Unternehmen werden: enttäuschte Mitarbeiter, empörte Aktivisten, neidische Wettbewerber, in- und ausländische Troll-Fabriken, Hacker, Whistleblower, unzufriedene Kunden und Geschäftspartner, politische Akteure, Verwaltungen. Zu all dem kommt die „ganz normale Wirtschaftskriminalität“ mit Erpressungsversuchen, Datendiebstählen oder Finanzbetrügereien, der Kampf um unbezahlte Rechnungen, zerstörte Lieferketten, fehlende Rohstoffe, teure Energie und neue Technologien, um vertrauenswürdige Mitarbeiter und ein stabiles Wachstumsumfeld. Selbst kleinere Unternehmen © PIQSELS.COM | ZZLSO PT-MAGAZIN 5 2022 PT-MAGAZIN 5 2022 müssen aufrüsten – technologisch, juristisch, kommunikativ, finanziell und strategisch – und brauchen im Grunde eine Art permanenten Krisenstab, der Gefahren erkennt und abwehrt. Die Aggressionen nehmen zu. Der Ton wird rauer. Die eigene Reputation ist in genauso großer Gefahr wie die wirtschaftliche Existenz. Jede gut gemeinte Aktion kann potenziell eine Krise auslösen. Unternehmen müssen resilienter, wehrhafter und verteidigungsfähiger werden Meist dringen Auseinandersetzungen schnell nach außen und treffen auf eine Stimmung in den Medien und in der Öffentlichkeit, die Unternehmen und deren Repräsentanten dazu veranlasst, sich für irgendetwas rechtfertigen zu müssen. Mit oder ohne eigene Verantwortung für das vermeintlich Geschehene stehen Unternehmen dann am Pranger und es wird nach Schuldigen verlangt. Unternehmen und Unternehmer stehen in aller Regel sowohl allein im Gegenwind der öffentlichen Meinung als auch bei der Bekämpfung der Ursache des Problems und den daraus resultierenden finanziellen Folgen. Ist erst einmal die Krise virulent und tobt der mediale Shitstorm, ducken sich die meisten Akteure weg, auch solche, die vorher als loyal eingeschätzt worden sind und auf denen Hoffnungen auf Unterstützung beruhten. Krisendenken in der Unternehmenskultur verankern Häufig fehlt es an Wissen über die Funktionsweise menschlicher Interaktion und Aggression, der systemischen Ver- netzung von Medien und die Spiralen kommunikativer Gewalt, über politisches Handeln und Interaktionen von Aggressoren mit der Öffentlichkeit sowie über Methoden, sich selbst zu wappnen, vorzubeugen, sich zu verteidigen und zum notwendigen Gegenschlag auszuholen. Es fehlt an Software und Analyse-Tools, die Gefahren frühzeitig erkennen können, an einer professionellen Presse- oder Social-Media-Abteilung, an juristischer Begleitung und vor allem an technologischer Resilienz rund um die Themen Datensicherheit, Cyber-Security und permanenten IT-Stresstests. Die hauseigene IT-Abteilung und schon gar nicht das externe IT-Systemhaus denken Technologie aus dem Krisenmodus heraus. Ebenso wenig die Anwaltskanzlei des Vertrauens, die Marketingabteilung oder die beauftragte Kommunikationsagentur oder andere Berater und Dienstleister. Interne und externe Abteilungen sollten in der heutigen Dauerkrisenwelt Krisendenken in ihre DNA aufnehmen und jede Entscheidung, jeden Prozess und jede Kommunikationsmaßnahme aus dieser Perspektive mitbetrachten. Dabei geht es nicht darum, alles zu unterlassen, was eine Gefahr werden könnte – dann würde gar nichts mehr unternommen werden – sondern mögliche Risiken abzuwägen und potenzielle Krisenfolgen einzuplanen. Es hat Sinn, Bedrohungslagen als Ist-Zustand anzunehmen und zu „Nur wer stark ist, kann eine Krise überstehen und noch stärker aus ihr hervorgehen.“ bewerten – in nahezu allen Abteilungen und Segmenten. „Gute“ Unternehmen können tiefer fallen Krisendenken erfordert eine bestimmte Betrachtungsweise der Welt. Die allermeisten Unternehmen denken jedoch in Schönwetter-, Wachstums- und Positivkategorien, sie denken daran, ein „gutes“ Unternehmen zu sein, nicht jedoch daran, dass sie potenziell gerade deswegen angreifbar sein könnten. Denn wer die eigenen Ansprüche und Ziele entsprechend hochsteckt, der schafft damit auch die Fallhöhe, die Aggressoren als Einfallstor nutzen können. Gerade die Unternehmen, die zu den Besten gehören wollen, müssen in Krisenpräventions- und Kriseninterventionskategorien denken. Sie müssen sowohl Frühwarnsysteme etablieren als sich auch auf harte Auseinandersetzungen vorbereiten und sich für diese wappnen. Maßstäbe, die ein Unternehmen nach außen kommuniziert, müssen kritischen Nachfragen und Recherchen standhalten. Wer verspricht, was er nicht halten kann, bereitet den Boden für spätere Krisen, Shitstorms und Racheakte selbst. Schweigen statt lautstarkem Marketing ist deswegen nicht selten die bessere Lösung. Mit 300 in die Kurve Ebenso ist unbegrenztes und schnelles u © PIQSELS.COM | SFILD

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