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PT-Magazin 3 2021

Offizielles Magazin der Oskar-Patzelt-Stiftung. Titelthema: Bange machen gilt nicht!

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12 Gesellschaft © Ophelia Cherry auf Pixabay Wo sind die großen Europäer - heute? Es braucht neuen Macher-Mut, vor allem in der Politik und in den Verwaltungen päischer Universitäten vor (wird umgesetzt) und hält Empfehlungen bereit zum Nutzen der europäischen Jugend. Da allen, die sich für Europa engagieren, die Rede Macrons Orientierung geben kann, hier der link: https://www.diplomatie.gouv.fr/de/aussenpolitik-frankreichs/ frankreich-und-europa/staatsprasidentmacron-initiative-fur-europa/ Die große Kränkung - so die Überschrift 1 eines Beitrags des Sozialpsychologen Harald Welzer angesichts des ungenügenden Pandemiemanagements und der enormen Defizite in der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltungen. Die im Grunde funktionslose warn-app steht symbolisch hierfür. Die alternative, privatwirtschaftlich erstellte Luca belegt auch in Zeiten von Corona: „weniger Staatmehr privat“ erzeugt bessere Lösungen. Kränkung, die der Sozialpsychologe 2 meint, betrifft also im Großen und Ganzen das staatliche Handeln, die Schwerfälligkeit und fehlende Flexibilität, das Vorschriftendickicht, welches ein gutes Gelingen verhindert. All das lasse am Selbstbild der Deutschen zweifeln. Haben wir deshalb bislang nichts von den Ländern gelernt, die es besser können: Israel, Südkorea, Taiwan, Japan oder auch die Schweiz? Weil wir den Zweifel nicht zulassen wollen? Der Hang zur geistigen Bequemlichkeit würde auch im Ausland auffallen, schreibt der Wirtschaftsjournalist Uwe Jean Heuser in der ZEIT. Er folgert: es braucht neuen Macher- Mut, vor allem in der Politik und in den Verwaltungen. Und genau das fehlt auch im Hinblick auf die Fortentwicklung von EU- 3 Europa. Herausforderungen, die national allein gar nicht mehr zu meistern sind, gibt es ja genug. Daher wäre es sträflich, diese europapolitische Aufgabe jetzt aus dem Blick zu verlieren und sich nur auf Corona zu konzentrieren. Im Rückblick würden Historiker wie Christopher Clark eines Tages dann von den jetzigen politischen Entscheidungsträgern als „Schlafwandlern“ sprechen, die den erforderlichen institutionellen Fortschritt Europas verschlafen haben. Zu erinnern ist an die Rede „Initiative 4 für Europa“ von Staatspräsident Macron an der Sorbonne am 26. September 2017. Sie ist auch heute noch so aktuell bedeutsam wie vier Jahre zuvor. Bedauernswert ist jetzt wie damals, dass die in ihr enthaltene europapolitische Agenda nicht zu einem breiten europäischen Macher-Mut geführt hat, Deutschland zumal bis heute keine adäquate Antwort darauf gegeben hat. Fehlte es an Persönlichkeiten wie Helmut Schmidt und Helmut Kohl, um nur diese zu nennen? Als Bürger hier in dieser europäischen Kernregion ist man enttäuscht, gelinde gesagt. Genau wie das Buch „Neustaat“ eine 5 Handlungsanleitung für die Modernisierung unseres Staates und seiner Verwaltungen ist, bietet Macrons Rede eine umfassende Blaupause für wünschenswerte institutionelle Fortschritte der Europäischen Union. Zu den sechs Schlüsseln, wie er sie nennt, Sicherheit, Sicherung der Grenzen, Außenpolitik, Klimawandel, Digitalisierung, Wirtschafts- und Politikstrategie schlägt er konkrete Maßnahmen vor. Zudem plädiert er für transnationale Listen bei der Wahl des europäischen Parlaments, für eine Verringerung der Zahl der EU-Kommissare, für Instrumente der deliberativen Demokratie, um die Bürger und Bürgerinnen stärker einzubeziehen, schlägt die Schaffung euro- Eine aktive und engagierte Behandlung des europäischen Themas auch 6 in Deutschland können wir nur erhoffen - trotz Corona. Denn wir alle sollten wissen: große Herausforderungen wie Klimawandel, Migration, Terrorismus, fairer Handel, digitale Transformation, internationaler Wettbewerb, Unternehmensbesteuerung, Besteuerung der Digital-Konzerne sind wirksam nur auf der europäischen Ebene zu meistern. Jeder Mitgliedstaat für sich und auf sich allein gestellt ist dabei chancenlos, würde sein Wohlstands-, Sicherheits- und Freiheitsversprechen den Bürgern gegenüber nicht mehr einlösen können. Das sollte auch an den Stammtischen oder in den sozialen Netzen verstanden werden- Extremisten, Nationalisten, Populisten und Querdenker hin oder her. Die Zeit ist reif für „mehr Europa“, die Zeit drängt sogar. Europa muss an Souveränität gewinnen - dafür steht der französische 7 Staatspräsident angesichts der geopolitischen Rahmenbedingungen mit seiner Weitsicht, mit seinen strategischen Konzepten. Wie mit Unterstützung von Mitterand und Kohl Jacques Delors als Kommissionspräsident den Europäischen Binnenmarkt, das Schengen-Europa der offenen innereuropäischen Grenzen sowie die Grundlagen für den Euro geschaffen hat, könnte Macrons Blaupause die EU weiter in Richtung eines föderalen europäischen Staates entwickeln. Träume eines Victor Hugo - siehe seine Eröffnungsrede zum Friedenskongress 1849 in Paris (dort heißt es: Ein Tag wird kommen wo zwei immense Gruppen, die Vereinigten Staaten von Amerika und die Vereinigten Staaten von Europa, PT-MAGAZIN 3 2021

13 PT-MAGAZIN 3 2021 die einen gegenüber den anderen, sich die Hand über das Meer reichen, ihre Produkte, ihren Handel, ihre Industrie, ihre Kunst und ihre Ideen austauschen.) - oder eines Rudolf Virchow, der Mitte der 1870er Jahre für die Vision der Vereinigten Staaten von Europa eintrat, oder die Träume der europäischen Studenten, die im rheinland-pfälzischen St. Germanshof nach dem 2. Weltkrieg 1950 die Grenzschranken niederrissen und für einen europäischen Staat eintraten, diese Träume könnten und sollten weiterhin die Politik bestimmen. Wenn man Leuten wie Hugo oder Virchow gefolgt wäre, wieviel Unheil wäre Europa erspart geblieben! Und heute: wenn Europa i.S. Kissingers immer noch keine souveräne Telefonnummer hat, verspielt es für seine Bürger Zukunftschancen, möglicherweise noch viel mehr. Dr. Hanspeter Georgi ist Politiker und Diplom- Volkswirt. Zuletzt war er saarländischer Minister für Wirtschaft und Arbeit. Er ist Mitglied des Präsidiums der Oskar-Patzelt-Stiftung. Über den Autor Aber wo sind die Europäer, wo sind die 8 großen europäischen Persönlichkeiten, die politischen Entscheider, die mit dem französischen Staatspräsidenten dieses Projekt in Angriff nehmen? Liegt es an uns allen, die wir in Europa leben, aber uns nicht oder nur zu wenig für Europa einsetzen, unsere Entscheidungsträger zu wenig fordern? Wo bleibt auf deutscher Seite die Berliner Rede in der Freien oder in der Humboldt- Universität? Willy Brandt würde dort heute mit Mut und Zuversicht sagen: Mehr Europa wagen! Von den jetzt gegründeten europäischen Hochschulallianzen, die auf 9 den Vorschlag von Macron zurückgehen, möge dieser Spirit eines Hugo oder Virchow, möge die Leidenschaft der St. Germanshof-Studenten neu belebt werden, er möge dann die wirtschaftlichen, intellektuellen und akademischen Eliten und die vielen zivilgesellschaftlichen Akteure in Europa zu einer Wirkungsmacht zusammenführen, die die gegenwärtige Schläfrigkeit und Verzagtheit der Politiker überwindet. Im Ergebnis stünde mehr Macher-Mut! ó Montage und Lieferung von Komponenten der Eisenbahnsicherungstechnik bzw. Leit- und Sicherungstechnik STA-BAU Meyer • Anklam • +49 39 71 / 2 90 65-0 info@sta-bau-meyer.de • www.sta-bau-meyer.de Q1 - Lieferant

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