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PT-Magazin 1-2 2021

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Offizielles Magazin der Oskar-Patzelt-Stiftung. Titelthema: Ermutigung.

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© obs/Rat für Kulturelle Bildung/RfKB/Diemut Schilling In dem zurückliegenden halben Jahhundert haben Bildungspolitiker- quer 1 durch die Parteienlandschaft- versucht, Schule immer wieder besser machen zu wollen. Auch wenn Altbundeskanzler Helmut Kohl ihnen attestierte- als pars pro toto nannte er die Kultusministerkonferenz -, dass im Vergleich zu ihnen der Papst noch eine dynamische Einheit sei, steigerten sie das Tempo ihrer Reformen. Einen Mangel an Veränderungsbereitschaft kann man ihnen tatsächlich nicht vorhalten. Jeder Kultusminister, jede Kultusministerin, gerade im Amt, sah Bedarf an Veränderung. Ihre agenda: eine Schul- Strukturreform jagte die nächste. Das Ergebnis aber muss alle schockieren, die in der öffentlichen Schule einen 2 Garant für gesellschaftliche Integration und Chancengerechtigkeit sehen. Es lässt sich in einer Zahl zum Ausdruck bringen, zitiert im Buch „Neustaat-Politik und Staat müssen sich ändern“, hrsg. von 64 Abgeordneten und Experten. Dort steht: jedes zehnte Kind besucht mittlerweile eine Privatschule. Diese zunehmende Flucht aus dem staatlichen Schulsystem muss alle Verantwortlichen alarmieren. Öffentliche Schule – Quo vadis? Was ist schiefgelaufen, was läuft 3 schief? Grundsätzlich: Schule als öffentlich-rechtliche Anstalt mit den Organisationsprinzipien Befehl und Gehorsam passt nicht mehr in die Moderne, diese Organisationsform hat sich –schon lange– überlebt. Aber: das sehen die Verantwortlichen nicht oder wollen es nicht wahrhaben. Obgleich immer mal wieder in Parteiprogrammen auftauchte, Schule in Richtung mehr Kompetenz und Verantwortung zu entwickeln, der Begriff hierfür war „selbständige Schule“, entpuppte sich solche Programmatik immer wieder als Lippenbekenntnis. Kaum in Amt und Würden: was schert mich mein Spruch von gestern. Geschehen in dieser Richtung ist somit so gut wie nichts. Von dieser Macht wollte die Politik wie auch die Verwaltung nichts abgeben. Ein Beispiel aus der Pandemiezeit: 4 Schulen, die mit einer ausgetesteten hervorragend funktionierenden Lernplattform arbeiten wollten, wurden veranlasst, das zu unterlassen und stattdessen eine von der Ministerialverwaltung bevorzugte, aber bei weitem weniger gute Lösung zu nutzen. Das erklärt stellvertretend den digitalen Rückstand der Schulen in Deutschland. „Was analog kaum möglich erschien, wird digital plötzlich denkbar: unterschiedlich leistungsfähige Kinder können im selben Klassenraum, zur selben Zeit lernen und trotzdem individuell betreut werden“, lesen wir richtigerweise in „Neustaat“. Für die Lernwelt Saar war das nicht nur denkbar, sondern schon Realität. Aber die Macht der Ministerialverwaltung hat eine breite Nutzung mit den klassischen Organisationsprinzipien Befehl und Gehorsam verhindert. Da weint die ordnungspolitische Seele. Bildungspolitiker und Ministerialbeamte glauben immer noch, durch Ver- 5 ordnung vorgeben zu können, was eine gute Schule, was eine gute Lernplattform

11 © COACHING4FUTURE Das Programm COACHING4FUTURE informiert in Tübingen über Hightech- Lösungen und Berufsbilder im naturwissenschaftlich-technischen Bereich. usw. zu sein hat. Sie verstehen nicht, dass sich dies nur im Zuge von Entwicklung und durch Wettbewerb unter Beachtung bestimmter Rahmenbedingungen herausstellen kann. Ein Prädikat (ein wirkliches müsste man angesichts von Benotungssystemen eigentlich formulieren) lässt sich nicht verordnen. Die Ministerien würden auf eine Art Schul-TÜV reduziert, um die Einhaltung bestimmter Mindeststandards und Rahmenrichtlinien zu kontrollieren. Die Schule dagegen erhält den Handlungsraum, um in operativer Kompetenz und Verantwortung das Kreativitätspotential von Lehrern und Lehrerinnen auch nutzen zu können. Was man sich darunter vorstellen kann, beschreibt Daniel Jung in seinem Buch „Let’s rock education-was Schule heute lernen muss“ sehr eindrucksvoll. Für viele Beobachter steht fest: hätten wir eine solche Schulordnung, würden wir heute nicht über viele Mängel, auch nicht über die Digitalisierungsdefizite Klage führen. Schule sollte sich daher von der 6 Anstalt hin zu einem öffentlichen Unternehmen entwickeln. Das ist der ordnungspolitische Ansatz, um dem Trend der Flucht aus dem öffentlichen Schulsystem die Stirn zu bieten. Hierfür bedarf es in den Ministerien an Fachleuten, die derartige Transformationsprozesse auch managen können. Der Ruf hiernach in der Öffentlichkeit 7 wird lauter. Erst kürzlich hat sich wieder eine Bürgerinitiative „Schule für Alle in Zeiten von Corona“ gegründet. Die Politik sollte das ernst nehmen und das Anliegen auf die politische agenda nehmen. „Neustaat“ plädiert für den Lernenden Staat, der auch vor der Bildung nicht Halt macht, heißt es dort. In „Sphären der Gerechtigkeit“ 8 schreibt der große Sozialphilosoph Michael Walzer im Kapitel “Erziehung und Bildung“: „Was letztlich herauskommt, wenn Schule und Lehrer der Tyrannei der Politik unterworfen sind, ist nicht mehr, sondern weniger Gleichheit“. Die Realität bestätigt seine Aussage. It`s the econonmy, stupid, war 9 bekanntlich der Wahlkampf-Slogan von Bill Clinton. Kurzfristig mag das ok sein, aber schon mittelfristig ist das viel zu kurz gedacht. Es ist die Bildung (einschließlich Erziehung) die über das Wohlergehen des Einzelnen wie der Gesellschaft im Ganzen entscheidet. Somit ist eine gute Bildungspolitik zugleich auch eine gute Wirtschaftspolitik. Auf das Prädikat kommt es freilich an! ó Dr. Hanspeter Georgi ist Politiker und Diplom- Volkswirt. Zuletzt war er saarländischer Minister für Wirtschaft und Arbeit. Er ist Mitglied des Präsidiums der Oskar-Patzelt-Stiftung. Über den Autor Energizing Productivity Aktive Energiemanagement-Geräte und sichere Bremswiderstände für die elektrische Antriebstechnik Mehr Produktivität, Sicherheit und Effizienz Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme! Michael Koch GmbH, Zum Grenzgraben 28, 76698 Ubstadt-Weiher Tel. +49 7251 9626-200, www.bremsenergie.de, mail@bremsenergie.de

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