68 Wirtschaft Vom „Failure“ zur Innovation Wie Führungskräfte ihr Unternehmen mit einer gesunden Experimentierkultur in eine erfolgreiche Zukunft führen Der Begriff „Fehlerkultur“ ist heute in aller Munde. Dabei sind die meisten Unternehmen hierzulande von einer positiven und konstruktiven Fehlerkultur immer noch meilenweit entfernt: Viele Führungskräfte sehen in Fehlern lästige Nebenerscheinungen menschlicher Arbeit und nicht das Potenzial für eine kluge Veränderungspolitik. Statt nach Sündenböcken sollten sie nach Lösungen suchen und die Innovationskraft einer offenen Fehlerkultur nutzen, um ihr Unternehmen auch in schwierigen Zeiten in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Die Bezeichnung „Fehlerkultur“ ist im Grunde genommen nicht wirklich richtig und zielführend. Hierzulande wird „Fehler“ in Unternehmen oft fälschlicherweise mit dem englischen Begriff „Failure“ übersetzt. Dabei werden zwei grundlegende Dinge verwechselt: Während nämlich „Failure“ das Scheitern oder einen Fehlschlag bezeichnet, tritt ein „Fehler“ dann auf, wenn der Ist-Zustand nicht einem vorher definierten Soll-Zustand entspricht. „Failure“ bezieht sich in Experimenten häufig auf ein Nicht-erfolgreich-Sein. Mit der häufig zitierten Fehlerkultur ist dem Sinn nach also eher eine Experimentierkultur gemeint: Eine Kultur, die das Experimentieren und damit das Scheitern nicht nur zulässt, sondern sogar fördert und begrüßt. Denn: Nur dort, wo experimentiert wird bzw. Experimentieren erlaubt ist, ist Kreativität möglich. Und genau diese braucht es, um Innovationen voranzutreiben. Experimente müssen also als das angesehen werden, was sie sind: eine natürliche Begleiterscheinung von Veränderungsprozessen. Vielleicht liegt es auch an diesem sprachlichen kleinen Unterschied, dass es deutschen Unternehmern so schwer fällt, sich mit dem Begriff und der Philosophie der „Fehlerkultur“ anzufreunden. Eine gesunde Experimentierkultur sollte Teil einer jeden Unternehmenskultur sein. Kreativität in Kombination mit einer gesunden Risikobereitschaft ist die elementare Voraussetzung für das Entstehen neuer Ideen. In Bezug auf eine gesunde Experimentierkultur meint dies auch, innovationsfördernde Kommunikationsstrukturen innerhalb eines Betriebs zu implementieren. Sie bilden die Grundlage für die Ausschöpfung des vorhandenen kreativen Potentials. Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter also gezielt dazu ermuntern, Experimente zu machen. Das Experimentieren selbst ist eng verknüpft mit dem Thema Kreativität, denn: Ohne kreative Idee keine Experimente. Für Kreativität sind drei Merkmale ganz wesentlich: Mut zum Risiko, Mut zum Scheitern und der Mut, gängige Meinungen und Erfahrungen in Frage zu stellen. Hierzulande wird schon in der Schule der Grundstein dafür gelegt, dass sich später nicht an risikoreiche Wege herangetraut wird: Systematisch wird versucht, Kindern ihre Kreativität auszutreiben. Hier werden nur die Fehler gesehen und rot markiert. Mut zum Risiko, zum Scheitern oder gar dazu, die Meinung des Lehrers in Frage zu stellen, sind dagegen nach wie vor keine gute Strategie, um gute Noten zu erreichen – ganz im Gegenteil. In dieser Hinsicht ändert sich auch beim Übergang von der Schule ins Berufsleben nur wenig. In vielen Unternehmen wird heute durch strenge Regeln und Prozesse jegliches Risiko, so gut es nur irgendwie geht, vermieden. Scheitern gilt als Manko und lastet Mitarbeitern häufig noch Jahrelang an. In Unternehmen, die auf Effektivität und Effizienz getrimmt sind, haben Kreativität, Mut zum Risiko und die Möglichkeit des Scheiterns keinen Raum. Der Rechtfertigungsdruck ist enorm und erstickt häufig jegliche Kreativität bereits im Keim, wodurch viel wertvolles Potenzial verschenkt wird. Dabei steckt in jedem Misserfolg auch eine neue Erkenntnis, die es zu nutzen gilt. Ein ganz entscheidender Aspekt bei der Einführung einer gut funktionierenden Kultur des Scheiterns ist, dass der Verursacher keine negativen Konsequenzen zu fürchten hat. Nur so werden sich auch andere Mitarbeiter trauen, gescheiterte Versuche offenzulegen. Damit wird überhaupt erst die Möglichkeit geschaf- PT-MAGAZIN 6 2020
69 Seit rund einem Vierteljahrhundert ist Mathias Hess in der digitalen Welt unterwegs – in nationalen mittelständischen Unternehmen und in internationalen Großkonzernen, als CIO und IT-Leiter sowie in verantwortlichen Management-Positionen bei IT- Service-Providern. Er kennt alles, was das moderne IT-Umfeld beim Thema Digitalisierung als Chancen, aber auch an Risiken zu bieten hat. Er verfügt über umfangreiche Erfahrungen im Projektmanagement, sowohl mit der Einführung neuer Anwendungen und Prozesse (ITIL) als auch in der Umsetzung von Outsourcing-Projekten und komplexen Offshore- Leistungen. Im Rahmen seiner Tätigkeit trägt er oft auch Verantwortung für das Change-Management, was immer mehr zum entscheidenden Erfolgsfaktor in vielen Projekten wird. Mathias Hess ist begeisterter Chancen-Nutzer und Digitalisierungsoptimist. Die IT sieht er zukünftig immer weniger als Kostenoptimierer, sondern vielmehr als treibenden „Business Enabler“. Matias Hess ist Interim Manager und professioneller Vortragsredner. Seine Themen sind Innovation, Führung, Agilität und Change-Management. © www.piqsels.com © JOERG KNAPPE PT-MAGAZIN 6 2020 fen, daraus lernen zu können. Einige Firmen nutzen zur Stärkung einer Kultur des Scheiterns den „Pinguin des Monats“. Damit wird der „Failure“ des Monats ausgezeichnet, dessen Offenlegung mit seinem daraus resultierende Lerneffekt dem Unternehmen am meisten gebracht hat. Der „Pinguin-Effekt“ leitet sich aus dem Verhalten hungriger Pinguine ab, die in kleinen Gruppen am Rande des freien Wassers auf festem Grund verharren, anstatt ins Wasser zu springen und nach Nahrung zu suchen, weil im Wasser potenzielle Fressfeinde lauern könnten. Der einzelne Pinguin weiß nicht, ob sich tatsächlich Feinde im Wasser befinden. Sobald jedoch der erste den Sprung ins Wasser gewagt hat und wieder auftaucht, können die noch abwartenden Vögel die Gefahr besser abschätzen und gegebenenfalls selbst ins Wasser springen, womit der Auslöser für den Pinguin-Effekt gegeben ist. Wenn der erste den Mut fasst zu springen bzw. sein Scheitern zuzugeben und die anderen sehen, dass er wieder auftaucht – also keine negativen Konsequenzen folgen – folgen auch die anderen seinem Beispiel und sind bereit, eigenes Scheitern zuzugeben. Die Freude am Experimentieren kann etwa durch wöchentliche Besprechungen gefördert werden, in denen gemachte „Failure“ daraufhin geprüft werden, welche Lerneffekte sich aus ihnen ziehen lassen. Ein gutes Mittel, eine Kultur des Scheiterns zu fördern, sind „FuckUp Nights“, bei denen Führungskräfte ganz offen ihre aktuellen Fehlschläge kommunizieren und erklären, was sie daraus gelernt haben. Damit können alle aus ihren Erfahrungen lernen. Und, was noch viel wichtiger ist: Die Mitarbeiter erleben, dass es das Management wirklich ernst meint mit dem Experimentieren. Es muss deutlich werden, dass kein Mitarbeiter Nachteile fürchten muss, wenn er scheitert. Damit steht einem Sprung ins kühle Nass nichts mehr im Wege. Let‘s jump! ó
16. Jahrgang | Ausgabe 6 | 2020 | I
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