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PT-Magazin 06 2018

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Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

„Wir leben in der

„Wir leben in der perfekten Brot-und-Spiele-Welt“ PT-MAGAZIN 6/2018 Die beiden Ökonomen und Querdenker Matthias Weik und Marc Friedrich nehmen im Gespräch mit dem PT-Magazin kein Blatt vor den Mund. Wirtschaft der Krise mit Geld überschüttet und verlagert haben aber die wahren Ursachen nicht mal mit der Kneifzange angegangen sind. Die nächste Finanzkrise wird kommen und sie wird wesentlich heftiger als die Krise 2008. 58 © K.- P. Adler - stock.adobe.com PT-Magazin: Sie zitieren auf Ihrer Website Oscar Wilde. Der hielt es für ein Zeichen geistiger Gesundheit, nicht mit der Mehrheitsmeinung von 90 Prozent der Menschen übereinzustimmen. Die Bundesregierung hält ihre Entscheidungen seit Jahren für „alternativlos“. Und das vorherrschende Argument der Klimadiskussionen ist, dass „mehr als 90 Prozent“ der Wissenschaftler dieselbe „Meinung“ hätten. Was sagt all das über unsere Zeit? Weik: Zuerst einmal ist nichts alternativlos außer dem Tod. Es gibt ansonsten immer Alternativen, auch wenn diese Frau Merkel und Co nicht wahrhaben möchten. Und diese brechen sich Bahn. Früher war die Mehrheit der Wissenschaftler auch davon überzeugt, dass die Erde eine Scheibe ist. Der einheitliche Meinungskanon ist nie gesund und sollte immer als Warnung angesehen werden. Es zeigt auf, dass wir im Endspiel sind, vor dem Ende eines Zyklus. PT-Magazin: Ihr erstes Buch wurde erst von 176 Verlagen abgelehnt, bevor es zu einem Bestseller wurde. Oscar Wilde würde Ihnen offenbar beste geistige Gesundheit attestieren. Haben Sie ein Rezept, wie man in Zeiten von social media einen Shitstorm vermeidet und einen Bestseller landet? Friedrich: Einen Shitstorm vermeidet man am besten, indem man keinen Unfug, sondern faktenbasiert, wahrheitsgemäß und verständlich schreibt. Einen Bestseller kann man nicht planen, denn niemand anderes als die Leser entscheiden darüber, wie sich ein Buch entwickelt. Da wir Querdenker sind, haben wir nie ein Blatt vor den Mund genommen und das wird vom Leser honoriert. PT-Magazin: Die Lehmann-Finanzkrise ist jetzt schon zehn Jahre her. Alle behaupten, daraus gelernt zu haben. Wenn Sie mit Schulnoten von 1 bis 6 bewerten müssten: Welche europäischen Regierungen schneiden besser als „3“ ab? Weik: Sie haben Humor. Dürfen wir auch eine 7 vergeben? In Europa hat lediglich Island eine 2 und Deutschland eine egoistische 3 verdient. Alle anderen haben de facto versagt. Auch Deutschland hat langfristig einen Fehler begangen. Uns gehts nur so gut, weil es den Partnern in Europa so schlecht geht. Wir haben von Griechenland genau das Gegenteil eingefordert von dem was wir in der Krise gemacht haben nämlich Abwrackprämie, Investitionen, Kurzarbeitergeld etc. Damit ist eines vollkommen klar: wir haben uns seit 2008 lediglich teuer Zeit erkauft indem wir die Symptome PT-Magazin: Immer wieder fällt in solchen Diskussionen das Codewort Target 2. Was genau hat es damit auf sich? Friedrich: Kurz gesagt geht es da um die Verrechnung wechselseitiger Forderungen der Zentralbanken der Euro- Zone oder eine Art Vermögenstransfer und Insolvenzverschleppung, um das marode System künstlich am Leben zu erhalten. Die Süddeutsche Zeitung hat das System im August 2012 anschaulich erklärt: „Verkauft zum Beispiel ein deutscher Händler ein Auto nach Spanien, fließt das Geld folgenden Weg: der Spanier geht zu seiner Hausbank, um die Überweisung nach Deutschland in Auftrag zu geben. Die Hausbank wendet sich an die spanische Zentralbank, die der Europäischen Zentralbank EZB Bescheid gibt. Die EZB meldet die Summe der Bundesbank, die dann das Geld an die Hausbank des deutschen Autohändlers zahlt. Der Deutsche sieht es dann auf seinem Konto und schickt das Auto an den Spanier. Eigentlich ein gutes Geschäft – nur senden sich die spanischen und die deutschen Notenbanken kein Geld hin und her, denn Zentralbanken erschaffen quasi Geld aus dem Nichts. Die Bundesbank erhält somit ‚nur’ eine virtuelle Forderung, die an den Mittler der Euro-Zone gerichtet ist, an die EZB.“ Weik: Wir wissen, dass es rund um das Thema Target2 eine kontroverse Debatte unter den Ökonomen gibt. Einige, vorneweg der ehemalige Chef des Münchner ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, gehen mit guten Argumenten davon aus, dass in diesem an sich rein technischen Abwicklungssystem sehr reale Forderungen aufgelaufen sind. Andere

der EZB. Gesprächspartner sehen in den Target-Salden nur eine theoretische Verrechnungseinheit, da die eigentlichen Waren- und Geldflüsse ja 1:1 abgewickelt worden seien. Das ist auch der offizielle Standpunkt der Deutschen Bundesbank. Klar ist: der deutsche Händler hat fast immer sein Geld, und der Spanier sein Auto bekommen. Vom Werk bis zum Endkunden werden alle Forderungen früher oder später glattgestellt. Aber das ist sozusagen nur die betriebswirtschaftliche Seite der Sache. Volkswirtschaftlich wird es spannend, wenn die Spanier weit mehr in Deutschland einkaufen als sie uns liefern. Statistisch entsteht dann ein Leistungsbilanzdefizit. Monetär entsprechen diesem Defizit die Target-Salden. Deutschland hat mehr Forderungen an Spanien oder Griechenland als umgekehrt. Der Punkt ist, dass diese transnationalen Forderungen der Zentralbanken gegeneinander in der Summe eben leider nicht alle beglichen worden sind. Denn im Gegensatz zu allen Geschäftsbanken sowie jenen Zentralbanken, die nicht am Euro-System teilnehmen, müssen die Euro-Zentralbanken ihre Forderungen und Guthaben nicht täglich um 24:00 Uhr auf Euro und Cent abrechnen. Die Hausbank des deutschen Autohändlers hat von der Bundesbank via EZB Geld bekommen und dies ihrem Kunden auch gutgeschrieben. Die spanische Nationalbank aber hat der EZB bislang bloß Bescheid gesagt, dass sie das Geld bitte überweisen soll. Die Kohle des spanischen Autokäufers hat sie, sehr salopp gesagt, aber noch nicht rübergeschoben. Und so stehen Jahr für Jahr höhere Differenzen in den Büchern PT-Magazin: Der große Crash wurde in den letzten Jahren immer wieder prognostiziert. Aber der ökonomische Cocktail aus Luftgeldschwemme und Minuszinsen hält nun schon einige Jahre. Die Regierungen kaufen sich Zeit durch Enteignung der Sparer und der Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken. Warum machen die das alle still mit? Friedrich: Die Frage zum Crash lautet lediglich wann, nicht ob er kommt. Dieses historisch einmalige Notenbankexperiment wird unserer Ansicht nach nicht funktionieren. Noch nie wurden Krisen dadurch gelöst, in dem man Geld gedruckt hat. Der Grund warum alle noch still halten ist weil ein jeder Geld verdienen möchte und die Sparer anscheinend eine enorme Schmerzgrenze haben. Uns geht es in Deutschland noch zu gut. Zudem traut sich keiner an die heilige Kuh „Geldsystem“ ran. Da liegt aber das Grundübel. PT-Magazin: Wieso gibt es weder Demos noch Petitionen? Weik: Weil doch alles super läuft. Wir sind Exportweltmeister und Bundesliga ist ja auch wieder losgegangen. Wir leben in der perfekten Brot-und-Spiele- Welt. PT-Magazin: Und wann werden die Finanzmärkte explodieren? Friedrich: Das kann niemand genau sagen. Solange die Mehrheit glaubt, dass man Schulden mit Schulden bezahlen kann und dass man Probleme mit Gelddrucken lösen kann, geht das Spiel noch weiter. Wir erwarten aber in den nächsten 1-2 Jahren eine Rezession und in den nächsten 5 Jahren den Gau im Finanzsystem. PT-Magazin: Sind Euro und EU doch eher Regierungs-Kopfgeburten als gewachsene Strukturen? Gibt es eine Chance, die Geburtsfehler doch noch auszuräumen? Weik: Wir sagen ganz klar nein. Wir sind überzeugte Demokraten und Europäer. Der Euro ist jedoch zum Scheitern verurteilt, denn es ist Irrsinn unterschiedlich Die beiden Ökonomen und Querdenker Marc Friedrich und Matthias Weik schrieben gemeinsam mehrere Bestseller, u. a. „Sonst knallt´s!: Warum wir Wirtschaft und Politik radikal neu denken müssen“. starke Volkswirtschaften wie beispielsweise Deutschland und Griechenland in ein Zins- und Währungskorsett zu schnallen. Der Euro ist viel zu schwach für Deutschland und viel zu stark für Südeuropa. Wir brauchen ein starkes Europa als Wirtschaftsunion, aber wir müssen aufhören mit der Gleichmacherei und uns von der Vision eines Staates Europa verabschieden, denn das wollen viele Bürger nicht. Wird diese Meinung von der Politik weiter ignoriert, werden populistische Kräfte in Europa immer stärker. Die Südschiene Europas wird mit dem Euro niemals gesunden sondern immer weiter dem Tod entgegensiechen. Wir haben schon 2014 in unserem 2. Buch geschrieben: Der Euro eint nicht Europa, er zerstört Europa und unseren Wohlstand und Demokratie. Und genau das haben wir jetzt. PT-Magazin: Gestatten Sie noch zwei persönliche Fragen zum Schluss: Sie beide sind seit dem Kindergartenalter befreundet. Wie macht man das? Dass Sie über all die Jahre niemals Meinungsverschiedenheiten hatten, ist schwer vorstellbar. Weik: Selbstverständlich gibt es auch Meinungsverschiedenheiten. Dann wird diskutiert. Wir lassen uns beide niemals überreden, aber gerne überzeugen. PT-Magazin: Noch eine persönliche Frage zum Schluss: Mindestens einer von Ihnen ist ein großer Whiskyliebhaber. Welche Whiskeys empfehlen Sie im Herbst 2018 vor dem nächsten Crash? Friedrich: Einen torfigen Lagavulin oder Bowmore geht immer oder ein süßer Maccallan Sherry Oak 18 Jahre. Nicht nur tolle Investments und Tauschartikel für den Notfall sondern auch leckere Single Malts. ó 59 PT-MAGAZIN 6/2018 Wirtschaft

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