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PT-Magazin_06_2016

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Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

Runde Tische würden

Runde Tische würden helfen Flüchtlingsintegration kann nur als Gemeinschaftsaufgabe gelingen Gesellschaft PT-MAGAZIN 6/2016 12 1 Klar sollte sein: Je besser und schneller wir gemeinsam die Herausforderungen der Flüchtlingsproblematik und der Integration meistern, umso geringer ist die Anfälligkeit für Kriminalität, umso geringer ist der Nährboden für Fundamentalismus, umso geringer ist die Inanspruchnahme der Sozialsysteme und umso geringer ist die Gefahr des gesellschaftlichen Auseinandertriftens in der aufnehmenden Gesellschaft, aber auch zwischen aufnehmender Gesellschaft und den neu Ankommenden. 2 Neben der möglichst dezentralen Wohnraumbeschaffung- gewissermaßen als erster wichtiger Schritt der gesellschaftlichen Integration - was übrigens im Saarland vorbildlich erfolgt - geht es vor allem um die möglichst reibungslose Partizipation an Bildung und Arbeit. Denn Migranten, die „Kostgänger des Staates sind, helfen uns nicht weiter“, wie Hans-Werner Sinn und andere zu Recht feststellen - weder Im Hinblick auf die sozialen Sicherungssysteme noch angesichts des demographischen Wandels. Und die daraus resultierenden Probleme mit Blick auf die innere Sicherheit sollten Motivation genug sein, im Vertrauen auf unsere Stärken die Herausforderungen beherzt anzugehen. Migranten als Kostgänger würden die Probleme nur noch verstärken. Daher liegt es im Interesse nicht nur der neu Ankommenden, sondern gerade auch der aufnehmenden Gesellschaft, diese Partizipation an Bildung (Schule, Hochschule, berufliche Bildung oder arbeitsbegleitende Qualifizierung) und Arbeit so schnell und so gut wie möglich zu bewerkstelligen. Denn, so Detlef Scheele, Vorstand Bundesagentur für Arbeit, in seinem Beitrag zum kürzlich in Frankfurt stattgefundenen „Gesellschaftlichen Dialog zur Flüchtlingsproblematik“ der Stiftung Lebendige Stadt: „In einem Betrieb funktioniert die soziale Kontaktaufnahme zehnmal besser als mit zehn Sozialpädagogen, die einen betreuen. Es ist das ausdrücklich erfolgreichere Konzept. Und dann wäre das Mittel der Wahl, sich berufsbegleitend zu qualifizieren“. Finanzielle Mittel hierfür stehen zur Verfügung. 30 Stunden arbeiten, 10 Stunden Qualifizierung und Weiterbildung wären ein Beispiel, um Arbeit und Bildung flexibel und effizient zu kombinieren. 3 Integration ist keine Einbahnstraße. Integration ist nicht nur eine Pflicht für die Ankommenden. Integration ist auch eine Aufgabe für die aufnehmende Gesellschaft. Das heißt: wir - Staat/Politik, Wirtschaft wie Bürgergesellschaft - haben uns zu fragen, was wir an Regeln ändern sowie ob und in welcher Form wir unser eingeübtes Verhalten anpassen müssen, um Erfolg bei der gesellschaftlichen Integration der Flüchtlinge zu haben. Und zum Erfolg, dass aus Flüchtlingen und Migranten Mitbürger werden, sind wir doch in eigenem Interesse gewissermaßen verdammt. 4 Ein gutes Beispiel für eine flexible Regeländerung ist die sog. 3+2- Regel. Sie besagt: Jugendliche, bei denen das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist, die aber einer beruflichen Ausbildung im Dualen System nachgehen, können nach ihrer Ausbildung zwei weitere Jahre beschäftigt bleiben. Das hat für die ausbildungsbereiten Betriebe zu der erwünschten Rechtssicherheit geführt. Welche weiteren Regelanpassungen (zum Beispiel Aufhebung des dreimonatigen Arbeitsverbots und der Vorrangprüfung für EU-Bürger, Frage des Mindestlohns) wünschenswert wären, sollte die weitere Praxis bei der Integrationsarbeit zeigen. Die Betriebe und ihre Organisationen der Wirtschaft, aber auch die Gewerkschaften und Betriebsräte sollten den Änderungsbedarf wie im Falle der 3+2-Regelung - immer wie-

der - artikulieren. Burkhard Schwenker plädiert zum Beispiel in der Studie „Die Flüchtlingskrise als Chance“ (www. rolandbergerstiftung.org) für mehr Flexibilität im Dualen Ausbildungssystem. Denn viele Flüchtlinge bringen gute praktische, handwerkliche Fähigkeiten mit, aber der theoretische Teil der Ausbildung überfordert viele, auch wegen der (zunächst noch mangelhaften) Sprachkenntnisse. Wenn man das entzerren könnte beispielsweise durch eine zweistufige Ausbildung, könnten wir relativ schnell viel mehr erreichen“. 5 Änderungen bei Arbeitsabläufen sind, so die Gespräche mit Repräsentanten von Schulen, wünschenswert. Regelmäßig stattfindende Runde Tische zwischen Bildungsministerium und den Schulen sowie Vertretern bürgerschaftlichen Engagements könnten den Verbesserungsbedarf kontinuierlich ermitteln. Manche Schule fühlt sich allein gelassen mit der Aufgabe der schulischen Integration von Flüchtlingskindern. Hier scheint enormer Handlungsbedarf zu bestehen. Runde Tische würden also helfen. 6 Neben den Aufgaben für Staat und Wirtschaft, die sich bei der Flüchtlingsintegration stellen, ist auch und besonders die Bürgergesellschaft gefordert. Vision wäre: jedem Flüchtling steht ein Pate zur Seite. Es gibt zwei Ebenen der Aufgabenstellung: konzeptionelle Erarbeitung sowie persönliches bürgerschaftliches Engagement. Die ankommenden Flüchtlinge zu Mitbürgern zu machen, gelingt nur, wenn sich möglichst viele Bürger als Pate, Vertrauter, Erklärer und/oder Betreuer engagieren. 7 Ein Letztes: der Präsident des DIHK, Eric Schweitzer, erwartet von Gründern mit ausländischen Wurzeln viele neue Jobs. Das Gründungsinteresse von Migranten sei überdurchschnittlich stark ausgeprägt. Vor dem Hintergrund kontinuierlich sinkender Existenzgründungen sei dies ein „Hoffnungsschimmer“. Hier sind Unternehmervereinigungen gefordert, gründungswilligen Migranten Hilfen anzubieten und sie als Neumitglieder aufzunehmen. ó Hanspeter Georgi Über den Autor Hanspeter Georgi ist Politiker und Diplom- Volkswirt. Zuletzt war er saarländischer Minister für Wirtschaft und Arbeit. Er ist Mitglied des Präsidiums der Oskar-Patzelt- Stiftung. Gesellschaft PT-MAGAZIN 6/2016 13 Sie brauchen handwerkliche NATURTALENTE? © iStockphoto/Thinkstock In Ihrem Unternehmen fehlen Hände, die im Metall-, Sanitär-, Elektro- oder in einem anderen Bereich anpacken? Dann sind Sie bei uns genau richtig! Bestellen Sie noch heute passende Fachkräfte. www.die-pa.de

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