Aufrufe
vor 3 Jahren

PT-Magazin 05 2020

  • Text
  • Magazin
  • Werkbank
  • Weltweit
  • Beton
  • Krise
  • Welt
  • Mittweida
  • Zukunft
  • Zeit
  • Digitalisierung
  • Unternehmen
Offizielles Magazin der Oskar-Patzelt-Stiftung. Titelthema: Meilensteine.

56 Wirtschaft ©

56 Wirtschaft © www.piqsels.com Man muss gemeinsam mit Partnern Datenschätze heben, ist sich Prof. Svenja Falk sicher KI-basierte Geschäftsmodelle Wertschöpfung wird im Zeitalter der Digitalisierung zunehmend durch KIunterstützte digitale Services erzielt. Für Industrieunternehmen lautet die Herausforderung: Sie müssen ihre Produkte mit intelligenten Services verbinden und ihre Geschäftsmodelle verändern, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Dies erfordert neue Formen der Kooperation in digitalen Wertschöpfungsnetzwerken. Welche Vorteile diese unternehmensübergreifenden Netzwerke bringen und warum sie auch für Mittelständler interessant sind, erläutert Svenja Falk. Sie ist Managing Director bei Accenture Research, Honorarprofessorin an der Justus-Liebig-Universität Giessen und Mitglied der Plattform Lernende Systeme. Frau Falk, welche Potenziale bieten datenund KI-basierte Wertschöpfungsnetzwerke? Welche Herausforderungen gilt es bei der Implementierung zu beachten? Svenja Falk: Künstliche Intelligenz leitet eine neue Phase der Wertschöpfung ein. Unternehmen analysieren aber sehr genau, welche Wertschöpfung realisierbar ist. Bei den daten- und KI-basierten Wertschöpfungsnetzwerken stehen wir noch ganz am Anfang. Eine der größten Herausforderungen ist, dass das Wertversprechen von KI in den meisten Unternehmen noch nicht angekommen ist. Zwar haben wir mittlerweile verstanden, dass Wertschöpfung sich zunehmend in Richtung digitaler Services verschiebt, aber mit der Skalierung und Monetarisierung hakt es. Das Zusammenbringen der physischen und der digitalen Welt wird zukünftig im internationalen Wettbewerb eine entscheidende Rolle spielen. Von daher ist es unerlässlich, dass wir die Architektur von Geschäftsmodellen, die datenbasierte Wertschöpfung ermöglichen, im Kern verstehen. Es ist wichtig, die Potenziale nicht nur betriebswirtschaftlich, sondern auch volkswirtschaftlich zu betrachten. Dazu müssen diese Technologie-Innovationen möglichst breit adaptiert werden, um volkswirtschaftlichen Nutzen zu realisieren. Die Frage der Monetarisierung bildet die entscheidende Herausforderung für die weitere Entwicklung digitaler Wertschöpfungsnetzwerke – unabhängig von der jeweiligen Unternehmensgröße. Diese Herausforderung betrifft dabei nicht nur Deutschland, sondern viele Länder weltweit – beispielsweise auch China, das jedoch bezüglich der Skalierung solcher Geschäftsmodelle schon große Fortschritte gemacht hat. Darüber hinaus treten bei der wirtschaftlichen Nutzung und dauerhaften Einbindung von Partnern innerhalb solcher Netzwerke weitere Herausforderungen auf, die etwa technische Fragen bezüglich der Schnittstellen, Datenformate und Interoperabilität der beteiligten Systeme betreffen, aber auch das Vertrauen in die beteiligten Partner und die Sicherheit der Systeme. Viele Mittelständler zögern noch bei der Einführung und Umsetzung von datenund KI-basierten Anwendungen. Warum lohnt es sich für sie, sich damit zu beschäftigen? Svenja Falk: Auch für KMU bieten datenund KI-basierte Anwendungen große Potenziale für die Steigerung der Produktionseffizienz, für die Verhinderung von Produktionsausfällen sowie die Reduktion logistischer Engpässe. Wenn man sich hierzu etwa die Produktion, das Wartungsmanagement oder die Qualitätskontrolle in Unternehmen anschaut, wird klar, dass heute schon mehr KMU datenbasierte Wertschöpfung nutzen, als man vielleicht denkt. Es gibt dazu schon eine ganze Reihe interessanter Praxisfallbeispiele, die etwa auch auf der KI-Landkarte PT-MAGAZIN 5 2020

57 PT-MAGAZIN 5 2020 der Plattform Lernende Systeme vorgestellt werden. Für kleine und mittelständische Unternehmen von besonderem Interesse sind hier etwa Use Cases für die regionale Zusammenarbeit, zum Beispiel zwischen lokalen Bäckereien. Vor der Implementierung muss aber zunächst klar definiert werden, warum sich eine solche KI- oder datenbasierte Wertschöpfung für ein Unternehmen lohnen kann, wie diese zur Unternehmensstrategie passt und ob der angenommene potenzielle Mehrwert realistisch ist. Betrachtet man etwa das konkrete Bäckerei-Beispiel, wird deutlich, dass es hier darum geht, Angebot und Nachfrage auf einem regionalen Markt zu optimieren. Dies hat zum Ziel, die Nachfrage der Konsumenten bedienen zu können und gleichzeitig weniger überproduzierte Produkte vernichten zu müssen. Das klingt zwar zunächst trivial, ist aber für Unternehmen ungemein attraktiv, um Märkte austarieren zu können. Dies lässt sich natürlich auch auf andere Anwendungsfälle übertragen, etwa um innerhalb eines Unternehmens, mit Hilfe neuer Technologien, Ausfallzeiten zu minimieren, Qualitätsstandards zu erhöhen oder ein besseres Verständnis von den Sollbruchstellen in den Prozessen in einem Unternehmen gewinnen zu können. Was sollten Unternehmen bei der Implementierung von solchen Wertschöpfungsnetzwerken berücksichtigen? Svenja Falk: „Buy, build or borrow“? Für Unternehmen ist es sehr wichtig zu entscheiden: Welche Strategie verfolge ich als Unternehmen, um die Potenziale für mich zu optimieren und ausschöpfen zu können? Da ist es für einzelne, kleine Betriebe vielleicht sinnvoll, über Formen von Konsortien oder Kooperationen mit anderen Dienstleistern oder kleineren Betrieben nachzudenken. Nach der strategischen Evaluation, warum man datenund KI-basierte Anwendungen im Unternehmen implementiert, muss als zweiter wichtiger Schritt eine Strategie für die Umsetzung festgelegt werden. Hierbei spielen Kosten, aber auch Personalüberlegungen eine Rolle, um zu entscheiden, wie man eine solche Anwendung nachhaltig implementieren, betreiben, analysieren und für das einzelne Unternehmen langfristig nutzbar machen kann. Unabhängig von der Unternehmensgröße muss die Ausgangsüberlegung sein: Wofür kann mir diese Technologie-Innovation nützen? Was ist das Nutzenversprechen für meine Kundinnen und Kunden, für meine Beschäftigten aber auch für die eigenen Unternehmensziele? In einem nächsten Schritt muss dann die zielgenaue Implementierung diese Technologien konzipiert werden. Das Interview führte Birgit Obermeier von der Geschäftsstelle „Lernende Systeme - Die Plattform für Künstliche Intelligenz“, München. ó Interviewpartnerin Prof. Svenja Falk ist Managing Director bei Accenture Research, Honorarprofessorin an der Justus-Liebig-Universität Giessen und Mitglied der Plattform Lernende Systeme.

Jahrgänge