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P.T. MAGAZIN 05/2013

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Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

Befreit den Fußball Mit

Befreit den Fußball Mit dem richtigen Monopol zu mehr Attraktivität im Sport Gesellschaft Nach dem sensationellen Triple-Gewinn des FC Bayern München warnte unter anderem Rudi Völler vor einer Übermacht des Rekordmeisters. „Spanische Verhältnisse“, also die Dominanz zweier starker Vereine werden befürchtet. Nicht, weil die Bayern zum ersten Mal in der Geschichte des deutschen Fußballs alle drei nationalen und internationalen Titel gewinnen konnten, sondern weil die Mannschaft mit unglaublichen 25 Punkten Vorsprung vor dem Tabellenzweiten ungefährdet die Meisterschaft einfuhr. Borussia Dortmund sei derzeit das einzige konkurrenzfähige Team, gewann in den beiden Vorjahren die Meisterschaft, einmal den DFB-Pokal und stand dieses Jahr im Finale der Champions League. Der einzige Verein, der momentan das Monopol des FC Bayern München ernsthaft gefährdet: Borussia Dortmund. Hier Kevin Großkreutz mit der Meisterschale. (Foto: Peter Fuchs/Flickr.com) Fatale Entwicklung im Fußball Spanische Verhältnisse? Das würde bedeuten, dass zwei Vereine die Liga dominieren und die restlichen 16 finanziell und sportlich abgehängt werden. Der FC Barcelona und Real Madrid sind hier die Paradebeispiele, seit 1973 wurden nur neun Titel nicht von diesen zwei Vereinen gewonnen. Auch in anderen Ligen sind es immer wieder die gleichen Vereine, die Meisterschaften unter sich ausmachen. In England beispielsweise ist Manchester United seit vielen Jahren das dominierende Team. Wie kann eine solche Dominanz entstehen? Die europäischen Ligen machen Milliarden umsätze und verlieren dabei das Herz des Sports aus den Augen: den fairen Wettbewerb. Denn wenn sich eine Elite bildet, die den Rest der Liga chancenlos lässt, dann wird die Saison langweilig und berechenbar. In der Folge bleiben die Zuschauer den Stadien fern, die Ticketverkäufe brechen ein und die Leidtragenden sind vor allem die kleinen Vereine, die die entstehenden Verluste nicht mit TV-Geldern ausgleichen können. In der Energie- oder Telekommunikationsbranche wäre längst das Kartellamt eingeschritten und hätte die Monopolbildung unterbunden. Hier liegt die Hauptursache für die fatale Entwicklung im Fußball: Das Geschäft um den eigentlichen Sport herum dominiert immer mehr. Die umsatzstärkste Liga der Welt Ausgerechnet ein Blick über den großen Teich könnte zeigen, wie dieser fehlgeleitete Kapitalismus unterbunden werden könnte. Dort werden die Geschäfte der Vereine durch eine, normalerweise für die USA ungewöhnliche, Kartellabsprache reguliert. Diese garantiert durch Höchstsummen, die für einen Spieler bzw. das ganze Team ausgegeben werden dürfen, fairen Wettbewerb. Gleichzeitig existiert aber auch ein Mindestwert, den eine Mannschaft pro Saison kosten muss. Wer nun meint, die MLS (Major League Soccer) in den USA sei viel zu schwach, um als positives Beispiel herzuhalten, dem sei gesagt, dass dieses Prinzip ebenso in der umsatzstärks ten Liga der Welt angewendet wird – der NFL (National Football League). Mit diesem System wird verhindert, dass sich ein Verein kaputt spart und gleichzeitig garantiert, dass andere Clubs dem Rest nicht (Foto: Nemo/pixabay.com) davon eilen. Verstöße werden mit drakonischen Strafen geahndet. Die sportliche Folge ist, dass in der NFL seit 1993 jedes dritte Team einmal den Super Bowl gewann. Im europäischen Fußball hingegen wurden im gleichen Zeitraum 90 Prozent aller Meisterschaften unter den zehn Prozent der besten Vereine ausgemacht. Die NFL ist dadurch viel attraktiver, denn sie bietet mehr Vielfalt und Spannung und kann so auch mehr Umsatz einfahren. Das gilt in kleinerem Maße auch für die MLS. Weil Fußball aber in den USA nur eine Randsportart ist, nehmen Europäer die Liga dort auch nur marginal wahr. Das Monopol liegt bei der Liga Der Fußball in Europa und der Football in den USA nehmen sich sonst nichts: die Ticketpreise werden teurer, Spieler verdienen sich goldene Nasen und reiche Investoren kaufen sich ihre Vereine. Der entscheidende Unterschied ist, dass die NFL der Liga gehört (vergleichbar mit der DFL oder UEFA). Die Vereine verfügen lediglich über Lizenzen. Das Monopol liegt bei der Liga selbst und nicht bei einzelnen Vereinen. Die europäischen Spitzenvereine haben noch nie so viel mehr Geld verdient, wie die abgeschlagene Konkurrenz. Der FC Bayern München nahm allein in der Champions League letzte Saison 55,046 Millionen Euro ein – exklusive Ticketeinnahmen. Weil die erfolgreichsten Teams für Sponsoren attraktiver sind, fließen zu den Bayern, Manchester United und Real Madrid ungleich mehr Gelder, als zu den kleinen Teams. Trikots von ManU oder Real werden überall auf der Welt gekauft. Eintracht Braunschweig hingegen kennen nur Bundesliga-Fans. Durch diese zusätzlichen Einnahmequellen können sich die großen Vereine Spieler leisten, die so teuer sind wie andernorts die ganze Mannschaft. Gute Spieler bedeuten mehr Erfolg und so dreht sich diese Spirale weiter, während am anderen Ende des Erfolgs unregelmäßige Einnahmen und deshalb auch mäßige sportliche Erfolge stehen. Immer weniger Identifikationsfiguren Auch für die Spielertransfers hat sich die NFL etwas Besonderes ausgedacht. Wenn jedes Jahr die besten Nachwuchstalente, die es auf die Scoutingliste der Liga geschafft haben, an die Vereine verteilt werden, wählen die Teams der Reihe nach Spieler aus. Der aktuelle Meister zuletzt. Die Spieler haben in diesem System keine freie Wahl ihres Arbeitgebers und können den Verein nur wechseln, wenn ein Verein die Transferrechte abtritt. Demgegenüber haben Fußballprofis mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten. Sie verhandeln ihre Verträge mit Vereinen selbst aus und können ihren Wert mit guten Leistungen oder bei hoher Nachfrage steigern. Die besten Spieler werden für absurd anmutende Summen transferiert. Der bis dato teuerste Fußballer der Welt, Christiano Ronaldo, ist für 94 Mio. Euro nach Madrid gewechselt. Eine Summe, die der Verein aus seinem Tagesgeschäft nicht abdecken kann. Milliardenschwere Investoren bringen die Summen auf. So dreht sich das Transferkarussell Jahr für Jahr und die Spieler gehen dorthin, wo sie am meisten verdienen können. Dass ein Spieler seine ganze Karriere bei einem Verein bleibt kommt nur noch selten vor. Die Identifikationsfiguren im Fußball werden weniger. Das fairste Monopol der Welt Die Elite der Spitzenvereine kann nur aufgebrochen werden, wenn starke Investoren, wie Ölmagnaten oder Scheichs, Vereine mit Geld vollpumpen. So geschehen unter anderem in England bei Chelsea und Manchester City, in Spanien bei Malaga oder auch in Deutschland bei Hoffenheim oder RB Leipzig. Verlieren diese Investoren das Interesse, droht der komplette Absturz des Vereins. Um diesen Wahnsinn zu stoppen und dem Fußball zumindest teilweise wieder seriöse ökonomische Strukturen zu verleihen, hat die UEFA das Financial Fairplay (FFP) entwickelt. Dieses Instrument regelt ab 2015 die Teilnahme an europäischen Wettbewerben. Dann müssen die Vereine sportliche, infrastrukturelle, rechtliche und finanzielle Kriterien erfüllen, um zur Champions League oder Europa League zugelassen zu werden. Würde diese Regelung bereits heute greifen, würden die meisten europäischen Top- Teams keine Lizenz erhalten, denn von Real Madrid über AC Mailand bis zu Gewonnene Meisterschaften der Bundesliga von 1963 bis 2013 FC Bayern München Borussia Dortmund Borussia Mönchengladbach Werder Bremen Hamburger SV VfB Stuttgart 1. FC Köln 1. FC Kaiserslautern TSV 1860 München 1. FC Nürnberg Eintracht Braunschweig VFL Wolfsburg Denver gegen Pittsburgh – ein fairer Kampf unter Giganten Manchester United tragen sie hunderte Millionen Euro an Schulden mit sich. Nur der FC Bayern München ist finanziell sorgenfrei und vielleicht das einzige fair erwirtschaftete Monopol der Welt. n Boris Kunofski 1 1 1 1 2 2 3 3 4 5 5 22 (Grafik: DFL/Statista) (Quelle: DPP-Europe) 10 P.T. MAGAZIN 5/2013 5/2013 P.T. MAGAZIN 11

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