Wirtschaft Vom Stall zum Medizinpark Die OPED-Erfolgsformel für Mittelständler: Innovative Produkte plus Durchhaltevermögen plus Beteiligung der Mitarbeiter. Hier startete die Erfolgsgeschichte: Im Schweinestall uesa GmbH ― ein Unternehmen im uesa-Verbund. Gute Ideen gibt es in Deutschland, dem Land der Erfinder, zuhauf. Doch mit innovativen Produkten allein ist es nicht getan, um ein erfolgreiches mittelständisches Unternehmen aufzubauen. Das hat auch die OPED GmbH aus dem oberbayerischen Valley erfahren müssen. Ihre Idee: eine Alternative zum lästigen Gipsverband. Die Geschichte des Unternehmens macht Mut – und zeigt einige Erfolgsfaktoren für Mittelständler, die auch in der Produktion noch auf den Standort Deutschland setzen. Das Unternehmen ist beim „Großen Preis des Mittelstands 2010“ als Finalist ausgezeichnet worden und gehört auch dieses Jahr zu den Nominierten. Erfolgsfaktor 1: Über den Tellerrand schauen Als Unfallchirurg hatte Professor Peter Habermeyer täglich mit Patienten zu tun, die unter dem unbequemen Gips litten. Beim Skifahren kam ihm eine Idee: Er könnte seine Patienten doch mit einer Art aufpumpbarem Skistiefel behandeln. Gemeinsam mit Skischuh- Entwickler Andreas Hassler gründete Habermeyer die OPED GmbH. Begonnen hat man 1993 in einem umgebauten Schweinestall in der Nähe von Holzkirchen, südlich von München. Hier entstand das für die Orthopädie revolutionäre Produkt: Eine Vakuumschiene. Tausende kleine Styroporkügelchen in einem angenehm überzogenen Kissen schmiegen sich konturgetreu an den Fuß. Entzieht man mit einer kleinen Pumpe die Luft, legt sich das Vakuumkissen wie eine zweite Haut um das verletzte Bein. Dieses Prinzip gab es vorher in Rettungsliegen der Bergwacht. Eine Außenschale aus Kunststoff - wie beim Skistiefel – gibt der VACOped- Schiene Stabilität. Die Schiene ist praktisch und bequem, weil der Patient sie in Minutenschnelle abnehmen und immer wieder neu anpassen kann. Erfolgsfaktor 2: Durchhalten gegen die Windmühlen der Bürokratie Ausgestattet mit Venture Capital aus der Schweiz und staatlichen Fördergeldern geht es mit dem Unternehmen Stück für Stück bergauf. Es brauchte aber einen langen Atem, um auch die Krankenkassen vom neuen Behandlungs-System zu überzeugen: Erst nach elf Jahren Rechtsstreit und Kampf gegen die Windmühlen der Bürokratie entschied das Bundessozialgericht zugunsten der Patienten, dass VACOped eine zwingende Leistung für alle Kassen ist. Hauptgrund für die schleppende Zulassung: Es gab schlicht keine passende Kategorie im Hilfsmittelverzeichnis. Mittlerweile sind die Kassen zu Partnern geworden und es konnte eine Vielzahl von Verträgen geschlossen werden. Hilfe durch Partner war in dieser Zeit ganz wichtig: So haben einige Kassen eine Kostenübernahme durch gesonderte Vereinbarungen bereits vor der Eintragung ins Hilfsmittelverzeichnis garantiert. Heute ist man mit VACOped www.uesa.de 32 P.T. MAGAZIN 5/2011
Wirtschaft (Fotos: OPED) Und so wird der Medizinpark künftig aussehen. Marktführer in Deutschland und die modernen Vakuumschienen haben den herkömmlichen Gips bei Beinbrüchen nahezu vollständig ersetzt. Erfolgsfaktor 3: Mitarbeiter zu Mitunternehmern machen Der Kampfgeist hat die Belegschaft zusammengeschweißt. Überhaupt gehört es zum Geist von OPED, dass sich alle Mitarbeiter sehr stark mit dem Unternehmen identifizieren und sich mit ihren Fähigkeiten und Talenten einbringen können. Die Mitarbeiter sind auch finanziell am Unternehmenserfolg direkt beteiligt. Ein Teil des Gehalts ist variabel und orientiert sich für alle Mitarbeiter gleichermaßen an der Umsatzrendite. Viele Mitarbeiter sind zudem Miteigentümer des Unternehmens. Die Angestellten können Aktien der Schweizer Muttergesellschaft beziehen. Und einige sind mittlerweile selbst Unternehmer geworden: So haben Mitarbeiter vor Kurzem drei Start-Ups ausgegründet, um bei OPED entstandene Ideen weiterzuentwickeln - auch über den Medizinsektor hinaus. Erfolgsfaktor 4: Beim Material sparen, in Arbeit investieren Ebenfalls eine gute Idee: Durch Wiederaufbereitung und teilweise Wiederverwendung von Bauteilen kann eine Schiene durchschnittlich vier Mal eingesetzt werden. Voraussetzung dafür: Möglichst viele Schienen müssen nach Gebrauch zurück ins Werk kommen. Daher geht OPED auch bei der Versorgung der Patienten ungewöhnliche Wege: Die Hilfsmittel werden nicht über den Handel verkauft, sondern an den Verletzten verliehen. Das OPED Recyclingsystem ist vom Bundeswirtschaftsministerium mit dem Deutschen Materialeffizienz-Preis 2010 ausgezeichnet worden. Es spart jährlich 72 Tonnen wertvolle Rohstoffe und bringt eine Kostenersparnis von 29 Prozent. Dafür entstehen Arbeitsplätze, denn bei Montage und Wiederaufbereitung ist viel Handarbeit im Spiel. Das Wachstum in der OPED Gruppe ist beeindruckend: Von 47 auf 200 Mitarbeiter zwischen 2005 und 2010. Erfolgsfaktor 5: Initiative zeigen So will OPED mit vielen Innovationen auch künftig für Bewegung im Medizinmarkt sorgen – und weiter wachsen. Um Platz dafür zu haben, hat OPED im oberbayerischen Valley (sprich Wallei) einen Medizinpark initiiert. In den ersten Bauabschnitt ist das Unternehmen vor Kurzem eingezogen. Langfristig soll der Medizinpark noch mehr Firmen beherbergen. Weitere Unternehmen aus den Branchen Medizintechnik und Gesundheit sollen sich hier ansiedeln, um Kompetenzen zu bündeln. So könnte im idyllischen Valley einst Europas „Orthopedic Valley“ entstehen. n Verena Schlegel 5/2011 P.T. MAGAZIN 33
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