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P.T. MAGAZIN 04/2011

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Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

Editorial Die Menschen

Editorial Die Menschen da draußen Er kritisiert, dass die vermeintlich menschenfreundliche Anrede „Mensch“ in Wahrheit menschenverachtend ist. Denn das Besondere, das, was uns von anderen unterscheidet, was uns identifizierbar macht, was Kontakt und Beziehung erst ermöglicht, gerade das fällt dabei unter den Tisch. „Unser aller Würde äußert sich darin, dass wir uns mit Takt und Scharfsinn der Mühe unterziehen, die richtigen Namen füreinander zu finden. Genau darauf verzichtet die Rede vom ‚Menschen‘ – aus Bequemlichkeit, Angst oder Hochmut. Die Rede vom bloßen Menschen ist menschenverachtend“, schließt Landt seinen Beitrag. Im politischen Feuilleton des Deutschlandradios vom 13. Mai 2011 geißelte Andreas Krause Landt den inflationären Gebrauch des Wortes „Mensch“. Was früher „Aktion Sorgenkind“ hieß, heißt heute „Aktion Mensch“. Es gibt keine Einwanderer mehr, sondern „Menschen mit Migrationshintergrund“. Es gibt „behinderte Menschen“, „intersexuelle Menschen“, „junge Menschen“, „aktive Menschen“, „Menschen, denen wir helfen müssen“ usw. „Der Gebrauch des Wortes ‚Mensch‘ ist ja auch selten falsch. Aber ist er deshalb schon richtig? Kaum einer wagt es noch, das bestimmende Persönlichkeitsmerkmal desjenigen öffentlich zu benennen, über den er spricht. Schließlich könnte jeder präzise Begriff in irgendein Wespennest stechen. Wer ‚Mensch‘ sagt, muss nicht ‚Handwerker‘, ‚Schwule‘ oder ‚Juden‘ sagen. Jede Zuordnung, jede einigermaßen bestimmte Äußerung kann vorurteilsbeladen oder ausgrenzend wirken. Wer es schafft, keinen zu verletzen, hat vielleicht die Chance, es allen recht zu machen“, so Landt. Diese Feststellungen sind keineswegs neu. Sie wurden seit Jahrhunderten immer wieder diskutiert. Im sog. Universalienstreit des Mittelalters stritten Theologen und Philosophen über die Frage, ob ein allgemeiner Begriff wie „Mensch“ wirklich ist, also Realität beschreibt, oder ob die tatsächlich be obachtbaren einzelnen Menschen real sind. In islamisch geprägten Ländern entschied man sich, die Verallgemeinerung für das Wirkliche zu halten. Dort hat diese Verallgemeinerung daher bis heute unangefochtene Autorität. Jeder einzelne konkrete von Millionen gleichartiger Menschen muss sich ihr fügen. Die Idee des Gottesstaates, der Politik und Religion vereint, setzte sich durch. In Europa gewann die andere Denkschule den Universalienstreit. Hier hält man seitdem das einzelne Konkrete für wirklich, und nicht seine Verallgemeinerung. Der konkrete Mensch konnte sich emanzipieren. Instanzen, die das Göttliche für sich in Anspruch nahmen, verloren ihre Autorität. Die Trennung von Staat und Kirche wurde durchgesetzt. Der moderne Begriff der universalen Menschenrechte entstand. Naturwissenschaften, Aufklärung, Demokratie und ein ungeheurer Aufschwung der Völker des Abendlandes folgten. Das Deutschlandradio hat Recht. Wer all diese positiven Entwicklungen riskieren will, braucht nur weiter oberflächlich vom „Menschen an sich“ zu reden. Das P.T. Magazin wird diese Mode nicht mitmachen. Dr. Helfried Schmidt 4/2011 P.T. MAGAZIN 3

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