Aufrufe
vor 9 Jahren

P.T. MAGAZIN 03/2011

  • Text
  • Unternehmen
  • Magazin
  • Wirtschaft
  • Berlin
  • Deutschland
  • Deutschen
  • Deutsche
  • Verbraucher
  • Mittelstand
  • Ideen
  • Mittelstandspreis
  • Frauenquote
  • Innovationsmanagement
  • Spitzenleister
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

Gesellschaft braucher

Gesellschaft braucher ist oder Unternehmer, sagt also nichts darüber aus, wie schutzbedürftig er im Geschäftsleben ist. Warum schützt man Verbraucher? Die Begründungen für den Verbraucherschutz sind entsprechend dürftig und diffus. Mal ist von einem „typischerweise strukturell unterlegenen Verbraucher“ 3) die Rede. Der Verbraucher sei den Herstellern und Händlern „weit unterlegen“. 4) Die Unterlegenheit beruhe zum einen auf einer „zunehmenden Unternehmenskonzentration und wettbewerbsbeschränkende(n) Vereinbarungen“, zum anderen auf unlauteren Geschäftspraktiken. Gleichzeitig lasse ein zunehmenderes – auch internationaleres – Angebot den Verbraucher orientierungsloser werden. 5) Das letzte gängige Argument ist der Schutz des Verbrauchers vor gefährlichen Produkten. Die erste Begründung für einen Verbraucherschutz zielt also auf das Verhindern von Kartellen und unlauteren Geschäftspraktiken ab. Das ist die klassische Aufgabe des Kartellrechts und des (lauterkeitsrechtlichen) Wettbewerbsrechts. Und tatsächlich hat der Verbraucherschutz früher die Funktion eines Kartellrechts übernommen. Orientierungslos? In Deutschland wurde ein funktionierendes Kartellrecht im Wesentlichen erst mit Inkrafttreten des GWB am 1. Januar 1958 eingeführt. Inzwischen basiert das deutsche Kartellrecht allerdings nahezu vollständig auf europarechtlichen Vorgaben. Umso erstaunlicher ist, dass auch die verbraucherschützenden deutschen Gesetze zum größten Teil auf der Umsetzung von europäischem Recht basieren. Verbraucherschützer unter sich: Bundesministerin für Verbraucherschutz Ilse Aigner und Gerd Billen, Vorstand des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen Die zweite Begründung für den Schutz von Verbrauchern – die Orientierungslosigkeit der Verbraucher durch ein größeres Angebot – ist gerade Folge einer wirksamen Verhinderung von Kartellen. Gäbe es nur einen oder wenige Anbieter, bestünde gar nicht die Gefahr, dass Verbraucher orientierungslos würden. Wer jemals in einem „Konsum“ in der untergegangenen DDR eingekauft hat, kann noch von dem „Glück“ erzählen, niemals eine Qual der Wahl gehabt zu haben. Das wirkungsvollste Katastrophenrezept Die Button-Lösung ist ein klassisches Beispiel des „mehr desselben“, das Paul Watzlawick als „wirkungsvollstes Katastrophenrezept“ bezeichnet hat und dessen einziger Vorteil darin besteht, dass man es bereits kennt. Dem Verbraucher begegnet längst ein unübersichtliches Dickicht von Informationspflichten. 6) Scheinbar ist die Tatsache, dass der Verbraucher auch durch diese unübersehbare Flut von bereits bestehenden Informationspflichten nicht ausreichend vor „Abzocke“ geschützt wird, Unbestechlich – aber käuflich NovoArgumente erscheint zweimonatlich und ist in eini gen Buchläden Deutschlands und Österreichs sowie im Online-Shop von www.novo-argumente.com erhältlich. Die aktuelle Doppelausgabe kostet 11,95 Euro, das Jahresabonnement 37,80 Euro (ermäßigt: 28,50 Euro). Kontakt Thomas Deichmann - Geschäftsführer und Chefredakteur Tel. 069 97206-701 Fax 069 97206-702 info@novo-argumente.com Aboverwaltung und Bestellservice: Erik Lindhorst Erik.Lindhorst@novo-argumente.com www.novo-argumente.com (Foto: Holger Schnaars/vzbv) für Politiker aller Parteien nur ein Beweis dafür, dass es noch nicht ausreichend Informationspflichten gibt. Noch mehr Informationspflichten, am besten „drucktechnisch hervorgehoben“, 7) sollen den Verbraucher noch besser schützen. Dass ein Mehr an Vorschriften nicht automatisch zu einem Mehr an Rechtssicherheit führt, zeigt die Posse um die Musterbelehrung über das Widerrufsrecht im Onlinehandel. Konsequenz: Auch das Justizministerium scheitert Zur Erinnerung: Onlinehändler müssen nach dem Gesetz Verbrauchern ein Widerrufsrecht einräumen und sie über dieses Widerrufsrecht auch belehren. Weil der Gesetzgeber keine halben Sachen machen wollte, muss der Verbraucher nicht nur darüber aufgeklärt werden, dass er ein Widerrufsrecht hat. Er 3/2011 P.T. MAGAZIN 15

Gesellschaft Hersteller von wiederverwendbaren Kunststoffverpackungen muss auch darüber aufgeklärt werden, was genau passiert, wenn er das Widerrufsrecht ausübt. Was also geschieht beispielsweise, wenn sich das Produkt (das auch eine Dienstleistung oder ein Finanzprodukt sein kann) beim Verbraucher inzwischen verschlechtert hat? Was, wenn es Zinsen oder Erträge gebracht hat? Wer trägt die Kosten der Rücksendung und in welcher Höhe? echten oder vermeintlichen Klienten jeden abmahnen, den sie im Internet finden können. Im Jahr 2009 war dementsprechend der häufigste Grund für eine Abmahnung von Onlinehändlern eine fehlerhafte Widerrufs- beziehungsweise Rückgabebelehrung. 8) Aufklärung als einzig legitime Art des Verbraucherschutzes Schoeller Arca Systems GmbH Sacktannen, 19057 Schwerin Tel.: +49 385 6452 0 info.schwerin@schoellerarca.com www.schoellerarcasystems.de „Stillstand ist für uns ein Fremdwort“ 2011 die TAS Group investiert, expandiert und geht neue Wege. Ab November 2011 eröffnet die TAS Group, an Ihrem Heimatstandort in Aschersleben, Ihr 3. Logistik Zentrum mit 15.000 m 2 Lagerhallenkomplex. Die neuen Lagerhallen, ausgestattet mit Hochregalanlagen, modernster Rampentechnik, sind geeignet für das Handling von klassischen bis zu hochempfindlichen Kundenmaterialien wie z. B. Vliesstoffe, Fassadenelemente aus Keramik, Bodendielen aus einem Verbund aus Holz und Kunststoff. Auch in dem Bereich des europaweiten Behälter- Poolmanagements wird der Kundenkreis vergrößert und weitere modifizierte Mehrwegladungs- träger im hygienerelevanten Bereich eingeführt. An der Herkulesaufgabe, für eine potenziell unendliche Vielzahl von Vertragsarten eine einzige Musterwiderrufsbelehrung zu formulieren, musste auch das Bundesjustizministerium scheitern. Mehrfach hatten deutsche Gerichte die – inzwischen von einem neuen Gesetz abgelöste – Musterwiderrufsbelehrung des Bundesjustizministeriums für unwirksam erklärt. Nutznießer sind Anwälte Onlinehändler, die also die Musterbelehrung in der „Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht – BGB-InfoV“ benutzten, wurden reihenweise wegen Wettbewerbsverstößen abgemahnt und von den Gerichten verurteilt. Noch nicht einmal die Juristen des Bundesjustizministeriums konnten also eine wirksame Musterwiderrufsbelehrung formulieren. Dass hieran erst recht ein Onlinehändler scheitern musste, liegt auf der Hand. Aber auch für den juristischen Laien, ob Verbraucher oder nicht, sind die Widerrufs- und Rückgabevorschriften nicht zu verstehen. Nutznießer der Flut von Informationspflichten gibt es dennoch: Es sind Anwälte, die sich auf Verstöße gegen solche Informationspflichten spezialisiert haben und im Auftrag von Anmerkungen Der gesetzliche Schutz von Verbrauchern ist, was die Verhinderung von Kartellen und unlauteren Geschäftspraktiken betrifft, überholt, weil ein funktionierendes Kartellrecht und Lauterkeitsrecht längst existiert. Wettbewerbsrecht ist mittelbar immer auch Verbraucherschutzrecht. Denn es sanktioniert besonders aggressive oder unlautere Geschäftspraktiken gegenüber Verbrauchern. So wird der Schutz der Verbraucher seit dem Jahr 2004 auch ausdrücklich als Zweck des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) genannt. Dem Argument, Verbraucherschutz solle vor gefährlichen Produkten schützen, kann man ebenfalls getrost ein inzwischen in Kraft getretenes Gesetz entgegenhalten, nämlich das seit 1989 geltende Produkthaftungsgesetz. Ein gesetzlicher Schutz gegen ein unübersichtliches Warenangebot ist dagegen unsinnig. Sich über Produkte zu informieren, ist die ureigenste Aufgabe des Verbrauchers. Die einzig legitime Art, Verbraucher zu schützen, muss denn auch genau hier ansetzen. Es ist die Aufklärung des Verbrauchers und seine Erziehung zur Selbstständigkeit und Aufmerksamkeit. Das tun die Verbraucherzentralen ohnehin seit Jahrzehnten. Hierfür braucht es keine neuen Gesetze. 1) s. § 13 BGB. 2) s. § 14 BGB. 3) Palandt, Kommentar zum BGB, 69. Aufl., vor § 145 Rn 14. 4) so z. B. Eike von Hippel: Verbraucherschutz, 3. Aufl. 1986. 5) Ebd. 6) So stellt das OLG Hamburg in einem Beschluss vom 12.9.07 zur Musterwiderrufsbelehrung für Verbraucher fest: „Es wäre eine Überspannung der Pflichten eines Gewerbetreibenden, wenn man verlangen wollte, dass er in dem überaus komplizierten und verschachtelten Fernabsatzrecht klüger sein soll als der Gesetzgeber.“ 7) Die Unsitte, bestimmte Klauseln „drucktechnisch“ oder gestaltungstechnisch hervorheben zu müssen, macht sich zunehmend in Gesetzen zum Schutz von Verbrauchern breit. Dem Verbraucher wird offensichtlich nicht mehr zugemutet, einen Vertragstext auch durchzulesen. Er soll nur noch die vermeintlich wichtigen Passagen beachten, die ihm ihre Wichtigkeit durch ihre Hervorhebung geradezu entgegenschreien. Dass das gerade dazu einlädt, unappetitliche Details an weniger exponierten Vertragstellen zu platzieren, wird ganz offensichtlich übersehen. 8) s. Studie von Trusted Shops, 2009. 9) Amtliche Begründung zum Entwurf des § 312 f BGB. Majoranweg 5-7 | 06449 Aschersleben Tel: 034 73/ 88 85-0 | Fax: 034 73/ 88 85-13 E-Mail: info@tas-aschersleben.com Internet: www.tas-aschersleben.com 16 P.T. MAGAZIN 3/2011

Jahrgänge