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P.T. MAGAZIN 03/2011

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Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

Gesellschaft

Gesellschaft onalsozialistischen Staates für diese Erwartungshaltung trefflich zu verkaufen: Die Einführung des Kindergeldes, die Steuerfreiheit von Nacht- und Wochenendarbeit, die Abschaffung der Studiengebühren und die progressiven Steuern für höhere Einkommen; alles fügte sich in jenen Plan, den Adolf Hitlers Finanzstaatssekretär Fritz Reinhard auf den Begriff von der „unbedingten sozialen Gerechtigkeit“ für alle brachte. Pikant an dieser historischen Herleitung des „sozialen Staates“ ist nicht nur, wenn Ederer die ideologischen Identitäten der nationalsozialistischen Vorgehensweise mit denen der sich „antifaschistisch“ nennenden DDR beschreibt; denn gerade die wollte bekanntlich ebenso mit „Volkseigentum in Volkeshand“ alle elementaren menschlichen Grundbedürfnisse staatlicherseits befriedigt wissen. Wahre Vertreter Pikant sind umso mehr die Parallelen zwischen jenen (bezeichnenderweise auch in Staatsbankrotten geendeten) historischen deutschen Politikstrategien und denen des heute aktuell agierenden bundesrepublikanischen Staatswesens. Zu den wenigen, die Ederer derzeit als wahre Vertreter der Interessen des Volkes an einer stabilen Währung noch ausmachen kann, zählt der ebenso liberale wie mutige Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler; dass er beispielsweise offen ausspricht, wie gut Banken von Staatseingriffen leben, wird ihm – mit Recht – hoch angerechnet. Denn nicht nur Hitlers Reichsfinanzminister Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk war de facto ebenso pleite wie Erich Honeckers Finanzexperten Ernst Höner, Alexander Schalck- Golodkowski oder Gerhard Schürer. Auch die verantwortlichen Finanzmanager der Bundesrepublik Deutschland lebten und leben bekanntermaßen konsequent über die Verhältnisse der eigenen Bevölkerung: Kopfschüttelnd bemerkt Ederer, dass ausgerechnet politisch in Amt und Würden gehievte Experten wie die Vorstandssprecherin Ingrid Matthäus-Maier der Kreditanstalt für Wiederaufbau oder Peer Steinbrücks Staatssekretär Jörg Asmussen mit ihren Entscheidungen anlässlich der letzten sog. Finanzkrise konsequent Unsummen von Steuergeldern ihrer Bürger im Nichts versenkten – ohne jede persönliche nachteilige Konsequenz. Irriges Gefühl Die seit Bismarck eingeübte bürgerliche Faktenverdrängung wiegt auch den Gegenwartsdeutschen im irrigen Gefühl, in sozialen Fragen durch Politikerhand bestens versorgt und abgesichert zu sein. Wie schlecht dieser Schlaf tatsächlich ist, zeigt Ederers Blick auf die personelle Besetzung des Verwaltungsrates der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau; wohl kaum sonst ein Banker hat in der letzten Krise mehr finanzielle Fehlentscheidungen getroffen als die dort als Bankenmanagement versammelte ‚Creme de la Creme‘ der deutschen Politeliten. Nur ein Altmeister der politischen Aufklärung wie Günter Ederer kann sich die Unabhängigkeit leisten, hier die Grenzen der Wahrhaftigkeit auszuloten. Denn welcher Hauptstadtjournalist mit Karriereambitionen oder Hypothekenschulden würde sich zu sagen wagen, dass es seit rund 150 Jahren in Deutschland praktisch unmöglich ist, nicht von einem Mitglied beispielsweise der Familie de Maizière oder von Weizsäcker regiert zu werden – in welcher Staatsgestalt gerade auch immer? Mutiger Bundestagsabgeordneter Frank Schäffler Betörung (Foto: studio kohlmeier) Trotz alledem ist der Traum von der staatlichen Lösung aller Probleme in Deutschland noch immer nicht ausgeträumt. Im Gegenteil. Die politische Propaganda bedient unverdrossen und erwartungsgerecht den Glauben der Massen an ein „Marktversagen“. Und die Bevölkerung lässt sich von den zentralstaatlichen Glücksverheißungen nur allzu gerne in immer neuen Diskussionsrunden betören. Von einer solchen Diskussion mit Peer Steinbrück in Passau berichtet Ederer gleich an mehreren Stellen. Und es macht mehr als nachdenklich, seinen Bericht über die dortige Rhetorik des gewesenen Bundesfinanzministers lesen zu müssen. Denn wenn schon ein welterfahrener Journalist den „Träum‘ weiter, Deutschland! – Politisch korrekt gegen die Wand“ ■ Günter Ederer - Wirtschaftsjournalist, Filmemacher und Publizist ■ u. a. ZDF-Magazin auslandsjournal ■ 1995: Buch des Jahres des Bundesverbandes deutscher Unternehmensberater für: Das Erbe der Egoisten – wie unsere Generation die Zukunft Deutschlands verspielt ■ 2003: Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik ■ 2006: Hayek-Medaille ■ Günter Ederer: „Träum‘ weiter, Deutschland! – Politisch korrekt gegen die Wand“ Eichborn Verlag, 2011, 368 Seiten, EUR 21,95, ISBN-10: 9783821865409 Vom Bundeswirtschaftsminister empfohlen: ■ Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle hielt den Einführungsvortrag zur Buchvorstellung am 14. März im Berliner KulturKaufhaus. Unter den Gästen waren u. a. der ZDF-Journalist Wolfgang Herles und Karl-Heinz Däke vom Bund der Steuerzahler. 3/2011 P.T. MAGAZIN 9

Gesellschaft „Politisch korrekt gegen die Wand“ Unverfrorenheiten dieses Gegenübers fassungslos gegenübersitzt; welcher Wille zur Macht und welche schier grenzenlose Illusionistenbereitschaft mögen hinter diesem Vorgehen des Staatsvolkswirtes noch lauern? Perfider Mechanismus Den perfiden Mechanismus, durch die notorisch politische Verfolgung der „guten Zwecke“ geradewegs in die Staatspleite zu zielen, skizziert Ederer ebenso knapp wie zutreffend. Nur wenn und weil ein Staat sich ständig für politisch motivierte Subventions- und Förderungsprogramme immer weiter überschuldet, können auf der anderen Seite nämlich erst jene gigantischen Guthaben entstehen, deren Existenz dann von denselben – Scheins wieder nur gutmeinenden – Politikern populistisch als Supergewinn der marktexzessiv geldgebenden Großbanken verteufelt wird: „Damit schließt sich der unheilvolle Kreis. Weil die Bevölkerung erst mit falschen Lösungen und irreführenden Parolen berieselt wird, ergeben Umfragen, dass der Staat als Retter angesehen wird. Weil der Staat als Retter gesehen wird, verlangen Politiker mehr Einfluss des Staates auf die Wirtschaft. Erhält der Staat mehr Einfluss, verschlechtern sich die wirtschaftlichen Daten, verschärfen sich die sozialen Konflikte.“ Je komplizierter die Verhältnisse durch den somit allüberall (hier besteuernd und dort subventionierend) intervenierenden Staat gestaltet werden, desto hilfloser und überforderter steht der einzelne Bürger der Lage gegenüber. Vater Staat (Foto: © Rainer Brückner/PIXELIO) Statt aber endlich Abhilfe zu fordern, fällt er wieder und wieder reflexhaft zurück in den bequemen und blindunkritischen Glauben, der Staat werde ja zuletzt schon alles für ihn richten. „Auf der einen Seite wird der Staat als Garant für das Allgemeinwohl gesehen und gestärkt, auf der anderen laufen die Bürger Sturm gegen die Entscheidungen, die ihnen die Bürokratie im Auftrag des Staates oktroyiert.“ Und die politisch korrekten Meinungsmacher wissen, diesen Glauben durch notorisches Propagieren der beharrlich eingeübten Staatsziele zu stützen: Nach dem sich langsam verbrauchenden Bismarck’schen Staatszweck vom immer mehr „Sozialen“ stehen nun zunehmend die Umwelt und ihr Schutz in allen denkbaren Erscheinungsformen zur Legitimation von allfälligem Staatshandeln bereit. Während hier der kanzlerinberatende Klimaprotagonist Joachim Schnellnhuber erklärt, alle Völker der Welt seien unfähig, das Erdklima zu schützen (nur er könne es?), verkauft Frank H. Asbeck äußerst lukrativ mit Steuerzahlers Unterstützung Solartechnik und erfreuen die Grünpolitiker ihr ohnehin schon gut verdienendes Klientel mit weiteren klimafreundlichen Staatssubventionen aus einem Gesetz, das Energie für erneuerbar halten will. Gestaltungsspielraum schwindet Egal, wie sich der gläubig träumende Bürger dreht und wendet: Bezahlt wird alles stets mit seinem Geld. Die Chancen, das eigene Leben selbst zu gestalten und die überschaubare Welt vor der eigenen Tür besser und lebenswerter zu gestalten, schwinden unter diesen Verhältnissen immer mehr. Dass in dieser Welt, die von Berlin aus das Weltklima, nicht aber die Familie schützen will, dann auch immer weniger eigene Kinder geboren werden, verschärft auch nach Ansicht Günter Ederers die soziale Lage Deutschlands erheblich. Nachdem die Bundeskanzlerin kürzlich schon Thilo Sarrazins kleine Wahrheiten über Integrationspolitik „nicht hilfreich“ fand, bleibt abzuwarten, was sie über jene vielfachen Wahrheiten Günter Ederers verlauten lässt, sobald sie auch sein Buch nicht gelesen haben wird. Überblick verloren Mit diesen tragischen Verstrickungen und Verwicklungen aus Realität und Illusion sind die kritischen Beobachtungen Günter Ederers indes noch lange nicht an ihrem Endpunkt angelangt. Staatsbanken und Staatsunternehmen schicken sich auch in der Bundesrepublik nach wie vor an, die „Daseinsvorsorge“ der gutgläubigen Bürger zu gewährleisten. Doch in dem Treiben, das Milliarden um Milliarden Steuergelder (also: im Schweiße ihres Angesichtes produziertes Bürgereinkommen) verschiebt, haben alle Beteiligten längst rettungslos den Überblick verloren. Paradox Während auf der einen, beschenkten Seite schon der Beruf des „Förderrichtlinienberaters“ entstanden ist, um dort 10 P.T. MAGAZIN 3/2011

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