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P.T. MAGAZIN 03/2011

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Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

Wirtschaft Menschheit

Wirtschaft Menschheit vergisst schneller als je zuvor Online-Tool zeigt kollektives Gedächtnis über Jahrhunderte Jährlich 8 500 neue Wörter Herodot – Vater der Geschichtsschreibung (Foto: © Sabine Weiße/PIXELIO) (http://ne-na.de ) - Die fortschreitende Digitalisierung der Bücher erlaubt es erstmals, die Kultur des Menschen auch mathematisch zu rekonstruieren. Wissenschaftler von Google und der Harvard University haben das Online-Tool „Culturomics“ präsentiert, das in Sekunden die Häufigkeit des Aufscheinens jeglicher Stichworte in den Büchern der vergangenen 500 Jahre zeigt. Durch die leicht bedienbare Ge schichts recherche konnten Forscher bereits beweisen, dass die Menschheit immer schneller ihre eigene Vergangenheit vergisst. Google hält in seiner Bücherdigitalisierung mittlerweile 15 Mio. gescannte Exemplare, was 12% des gesamten Bücherbestands der Menschheit ausmacht. Die Culturomics-Wortanalyse greift auf ein Drittel davon zurück und durchforstet Bücher aus sechs Weltsprachen – darunter auch Deutsch, wobei allerdings 72% aus dem Englischen stammen. Besondere Stärken zeigt Culturomics in der Erforschung von Sprache und ihrer Entwicklung. Den Forschern um Jean-Baptiste Michel zufolge wächst der englische Wortschatz jährlich um 8 500 Wörter, wodurch es im Jahr 2000 bereits 70% englische Wörter mehr gab als 1950. Der Großteil dieser Wörter – die Autoren tippen auf 52% – schafft es 36 P.T. MAGAZIN 2/2011

Wirtschaft jedoch nie in die offiziellen Wörterbücher. Bücher erlauben auch Rückschlüsse auf den technischen Fortschritt. So entwickelt sich die Technik seit Beginn des 19. Jahrhunderts explosionsartig, wobei sich Innovationen im Jahr 1900 doppelt so schnell verbreiteten als noch 1800. Drastische Folgen der Zensur Erfolgreiche Menschen genießen heute mehr Ruhm als je zuvor und Promis sind jünger als im 19. Jahrhundert. Die bekanntesten Schauspieler sind bereits mit 30 Jahren berühmt, Schriftsteller erst mit 40 Jahren, während Politiker meist erst mit 50 ihr Popularitätshoch erreichen. Ebenso wie Menschen heute schneller berühmt werden, vergisst man sie jedoch auch schneller. Etwa 130 Mio. Bücher sind seit der Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert erschienen Denn ganz grundsätzlich vergisst die Menschheit jedes Jahr schneller als zuvor, was die abnehmenden Verweise auf die Vergangenheit zeigen. So halbierte sich etwa die Zahl der Rückverweise auf Geschehnisse von 1880 innerhalb von 32 Jahren, während es 1973 nur noch zehn Jahre dauerte. Auch Auswirkung von Zensur und Propaganda hinterlassen sichtbare Spuren in den Buchveröffentlichungen. So wurde etwa der jüdische Künstler Marc Chagall nur ein einziges Mal in deutschen Publikationen zwischen 1936 und 1944 erwähnt, trotz seiner steigenden Berühmtheit im englischen Sprachraum. (Foto: © Carina Döring/PIXELIO) Ähnlich wurde auch Leo Trotzki von der russischen Literatur, der „Platz des himmlischen Friedens“ von China oder die Gruppe der „Hollywood Ten“-Regisseure von den USA verbannt. ■ Johannes Pernsteiner 2/2011 P.T. MAGAZIN 37

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