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PT-MAGAZIN 03-04 2020

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Offizielles Magazin der Oskar-Patzelt-Stiftung. Titelthema: Keine Angst vor Krisen. Nominierungsliste 2020 des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes". Motto: Lösungen finden

16 Gesellschaft Auswahl

16 Gesellschaft Auswahl Geschäftsmodelle der Sharing Economy Frage nach dem „Wie und Warum“ auf festgetretenen Pfaden Die besonders prominenten Sharing- Modelle gehen zumeist von jungen Unternehmen aus, die mit ihrer innovativen Schlagkraft und einer gehörigen Portion (Wage-) Mut schnell eine attraktive Nische besetzen. Oft zeigt sich bei den Geschichten dieser Unternehmen aber auch, dass eine nachhaltige Geschäftsentwicklung nur dann erreicht wird, wenn zu diese, fantastisch ungestüm Neuen im Verlauf dann auch eine gehörige Portion unternehmerischer Erfahrung, Kooperation mit Althergebrachten Quellen: Dargestellte Unternehmen, eigene Darstellung. und der Zugang zu den traditionellen Finanzinstrumenten hinzukommt. Dabei tummeln sich in der Sharing Economy nicht nur vorbehaltlos sozial engagierte Altruisten. Auch das Profitstreben seinen in unterschiedlichen Ausprägungen (vom direkt pekuniären bis hin zum sozialen Profit) treibt dieses Business voran. In der Sharing Economy ist damit auch nicht alles neu und völlig anders als es bereits die klassischen Wirtschaftslehrbücher beschreiben. Solch fruchtbare Symbiosen zwischen „New Economy“ und „Old Economy“ werden Leuchtturmprojekte, ziehen damit weitere Kreise und treiben dadurch längst überfällige Entwicklungen schnell voran. So helfen die neuen Geschäftsmodelle vor allem auch dabei, althergebrachte Ideen hinsichtlich ihrer heutigen Sinnhaftigkeit zu hinterfragen. Damit eröffnen sich dann weitreichende Potenziale in unterschiedlichen Bereichen; von der Stadt- und Raumplanung bis zur Mobilität. So zeigen Untersuchungen, dass ein Sharing-Car mehr als 10 Autos in Privatbesitz ersetzen kann. Dies spart Ressourcen in der Produktion, darüber hinaus aber auch Raum für Parkplätze. Der den Autos abgetrotzte Raum könnte dann von den Menschen selbst genutzt werden und die Lebensqualität vor allem in unseren überfüllten Innenstädten erheblich steigern. Daneben bringen die neuen Angebote auch tradierte protektionistische Strukturen und Marktzutrittsschranken ins Wanken. Beim Taxigewerbe wird dies beispielsweise sehr deutlich: Die Sharing Economy hinterfragt, ob die kommunale Konzessionierung und die Ortskenntnisprüfung hier angesichts überfüllter Straßen sowie moderner und preisgünstiger Navigations-Smartphone-Apps überhaupt noch zeitgemäß sind. Die radikale Auslegung interpretiert solche Vorgaben PT-MAGAZIN 3/4 2020

als Zementierung willkürlicher Marktzutrittsschranken, die überholte Marktstrukturen sowie Profitströme bestimmter Interessensgruppen schützen und damit Innovation verhindern. Gleichwohl führen die Diskussionen um die Sharing Economy mit all ihren faszinierenden Vorbildern auch abseits der ideologischen Gefechte dazu, dass wir unsere soziale und ökologische Verantwortung überdenken. Auf den ausgetretenen Pfaden des Wirtschaftens stößt uns die Sharing Economy wieder auf die Frage nach dem „Wie und Warum“. Dieses Hinterfragen erhält durch die Corona- Krise mit all ihren negativen Auswirkungen – insbesondere auch hinsichtlich der Einschränkung fundamentaler Bürgerrechte – durchaus nochmals neue positive Impulse. Man denke an Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen, die Personal austauschen, um Spitzen auszugleichen und Arbeitslosigkeit zu verhindern, oder an Haute-Cusine-Köche, die per Crowd-Sourcing Lebensmittel sammeln, um damit das Pflegepersonal in Krankenhäusern, in denen die Cafeteria schließen musste, massentauglich zu versorgen Metropolen als Hochburgen Grundsätzlich ist die die Sharing Economy in der Einteilung der Sinus-Milieus einer Gesellschaft viel eher ein Wirtschaftsund Lebensmodell der Liberal-Intellektuellen, der Performer oder gar der Expeditiven als eines der Konservativ-Etablierten, der Traditionellen oder gar der Prekären. Denn die Teilhabe am Tausch der neuen Sharing Economy setzt vor allem auf eine Kombination aus subjektivistischer Wertvorstellung und hinlänglichem Einkommen. Passend dazu leben die Teilnehmer der neuen, besonders faszinierenden Sharing Economy viel eher in den Metropolen. In diesen Metropolen finden sich damit auch eher die auf neue Technik basierenden Geschäftsmodelle mit deutlicher kommerzieller Orientierung, wie Airbnb oder Uber. Deutliche Hotspots bei regionaler Verteilung der Sharing Economy Sharing Economy geht es um pekuniäre und soziale Profit FUNKTION & DESIGN INDIVIDUELL WIE DIE PROJEKTE UNSERER KUNDEN Quelle: Eigene Darstellung. Quelle: i-share, Stand. 03/ 2020. 2012 2013 PT-MAGAZIN 3/4 2020 oder schließlich auch an lokale Einkaufsgemeinschaften. Solch neuen Ideen der Sharing Economy dürften sich auch nach der Krise halten – dann womöglich in gewandelter Form. Sie könnten dann sogar auch weiterhin die eher konservativ geprägten Milieus ansprechen, die zunächst kein Interesse zeigten, in der Corona-Krise dann aber mit den Vorzügen vertraut wurden. In den ländlichen Regionen wird seit jeher zwar auch geteilt und getauscht. Dies passiert dort aber eher auf traditionell eingeübte Muster und Institutionen – die von Friedrich Wilhelm Raiffeisen vor nicht ganz 200 Jahren entwickelte genossenschaftliche Idee steht sinnbildlich dafür. ˘ 2018 www.akotherm.de

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