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PT-MAGAZIN 03-04 2020

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Offizielles Magazin der Oskar-Patzelt-Stiftung. Titelthema: Keine Angst vor Krisen. Nominierungsliste 2020 des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes". Motto: Lösungen finden

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12 Gesellschaft © Huawei © Huawei Einspruchsmöglichkeiten, also damit verbundenen Verzögerungen, stößt eine solche Planung hier in andere Dimensionen vor. Gigantische, radikale Zukunftsvisionen liegen Shenzhen zugrunde. Parallel dazu beeindrucken die technischen Perspektiven und die routinierte Marketingdarstellung der Pläne. Diesen Visionen sind bereits verschiedene Unternehmen gefolgt und haben sich in der Millionenstadt niedergelassen. Wir schauen zum Beispiel bei Foxconn, dem Hauptlieferanten von Apple, bei Mylasser, einem Hersteller von innovativen Laserfertigungssystemen, oder bei Huawei vorbei. Gerade der Telekommunikationsausrüster interessiert uns aufgrund der Diskussion um die Beteiligung am 5G-Netz in Deutschland und weltweit. Vom Staat erhält das Unternehmen Unterstützung, gestaltet die Digitalisierung auf globaler Ebene mit. Die Fülle an Eindrücken ist opulent bis erschlagend überfordernd, alles zu greifen fast nicht machbar. Es gibt einen neuen und einen alten Campus, der Empfang ist großzügig und offen. Wir sehen das Serverzentrum und die Breite der gesamten Produktpalette. Ein Scanner erfasst blitzschnell Gesicht, Gewicht und Körperbewegung, analysiert außerdem andere Daten. Insbesondere der neue Campus wirkt imposant: Das Riesengelände umfasst einen See mit kleiner Insel – dort wohnt der Gründer, Ren Zengfei –, es verkehrt ein Zug, es gibt tatsächlich einen Bahnsteig. An der Station „Heidelberg“ sehen wir die alte Universität Heidelberg, nachgebaut aus Stein. Daneben stehen der Turm von Verona und ein Schloss aus Frankreich. Insgesamt umfasst das Gelände die Größe von 182 Fußballplätzen, alle darauf befindlichen Bauten haben die Originalgröße. Auffällig: Die Gebäude stellen Europa dar. Ren Zengfei liegt etwas an seinen Mitarbeitern und möchte es ihnen zeigen – weil sie selbst wohl selten dort sein werden. Ungewöhnliche Grenzüberschreitung Aus Europa ging es für uns weiter nach Hongkong. Wieder eine Millionenstadt, momentan eine schwer umkämpfte. Die Einreise gestaltete sich allerdings äußerst gewöhnungsbedürftig. Mit dem Bus fahren wir in die Nähe der Grenze. Von dort aus laufen wir mit dem Gepäck an der Hand zu Fuß nach Hongkong – das dauert eine knappe Stunde. Anschließend geht es in einen Hongkong-Bus und durch die eng bebaute und überbevölkerte Stadt. In PT-MAGAZIN 3/4 2020 EINFACH & SCHNELL INFORMIERT Mit QuickIn bequem Meldungen direkt vor Ort erfassen. quickin.fasihi.net

13 PT-MAGAZIN 3/4 2020 der Regel gibt es hier kleine Wohnungen zu unglaublich hohen Preisen. Ebenso unglaublich hoch ist die Anzahl der Banken in der Stadt, die es fast an jeder Ecke zu bestaunen gibt. Vielleicht liegt es daran: Etwa ein Drittel der insgesamt 1,3 Milliarden zählenden Bevölkerung Chinas gehört inzwischen der kaufkräftigen Mittelschicht an. Es gibt im Land knapp 3,5 Millionen Millionäre. In einem Accelerator bekamen wir verschiedene Vorträge zu hören. In einem ging es um eine neuartige Überwachungs-App zur Kontrolle von Baustellen. Gehen alle auf den richtigen Wegen, raucht jemand an der falschen Stelle oder schläft ein Arbeiter sogar? Alles unbedenklich und die Zukunft gestaltend. An der Universität Hongkong hörten wir zudem einen Vortrag eines Soziologen zum Thema „China – Ein Land, zwei Systeme“. Fazit: Zweifel an der Zusage Chinas, die zwei Systeme zu erhalten. Beim abschließenden Essen im Jumbo Kingdom Floating Restaurant gab es dann noch einen kleinen Schrecken: Plötzlich stürzte unsere gesamte Reisegruppe zur Fähre, das Dessert ließen wir zurück. Dann ging es auch schon wieder zum Flughafen, Abflug zurück nach Deutschland kurz vor Mitternacht. Nicht alles Gold, was glänzt Viele Unternehmen in China haben eine herausragende Stellung am Markt, sind zum Beispiel führend im Bereich künstliche Intelligenz. Bis 2049 möchte das Land technologische Supermacht sein. Wir konnten uns gleichzeitig davon überzeugen, dass vor Ort Kenntnis über die Spitzenposition existiert – sie wirklich nachvollziehen konnten wir allerdings nicht. Mitarbeiter sitzen eng an eng, Meetingräume erinnerten uns eher an kompakte Glaskästen, Produktpräsentationen blieben teilweise oberflächlich. Vielleicht liegen die guten Ergebnisse auch zum Teil daran, dass etwa ein Drittel aller in China erfassten Daten einer Totalüberwachung unterliegen. Die Verteilung dieser Informationen findet zentral statt, letztendlich stehen sie den Unternehmen wieder zur Verfügung. Eine weitere Sache, die wir gelernt haben: Dort wird es so gesehen, dass sowohl Deutschland als auch die westliche Welt China unterschätzen – gerade in Verbindung mit der unumgänglichen Vorsicht in Bezug auf die Kontrolle. Datenschutz in unserem Sinne gibt es in China nicht. Mitarbeiter sind sich der Überwachung bewusst, nur wer eine große Arbeitsbereitschaft zeigt – und die ist dort breitflächig schier unfassbar –, schafft es auch nach oben. Das Modell China sieht eben vollständig anders aus, auch wenn einige Bereiche durchaus bemerkenswert daherkommen. Und so waren wir froh, wieder in unserem Museumsdorf Frankfurt angekommen zu sein. In Deutschland, mit seinen vielen guten Mittelständlern. ó Über die Autoren Dr. Uwe Böning ist Geschäftsführer und Gründer der BÖNING- CONSULT® http://www. boening-consult.de. Er hilft bei der Persönlichkeits-Entwicklung für Unternehmer und Manager, berät bei Transformations-Prozessen und entwickelte das „Stress-Coaching“. Brigitte Fritschle leitet als Geschäftsführender Gesellschafter der BÖNING-CONSULT® Veränderungs-Projekte mit Fokus auf die Umsetzung der strategisch ausgerichteten Reorganisation und Prozess-Optimierung.

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