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P.T. MAGAZIN 02/2014

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Wirtschaft 42 Ein langer

Wirtschaft 42 Ein langer LKW(eg) Ginge es nach Spediteuren und Bundesverkehrsministerium würde der Lang- LKW längst auf deutschen Straßen rollen. Ginge es nach Landesregierungen und Umweltverbänden würde er niemals rollen. Und so rollt auch kein Rubel… Deutschland, deine Transportströme! Nach Schätzungen der Bundesregierung wird bis zum Jahr 2025 gegenüber dem Jahr 2004 eine Steigerung des Güterverkehrs um gut 70 % erwartet. Hierbei wird vor allem für den Straßengüterfernverkehr eine noch größere Zunahme von über 80 % prognostiziert. Dieses immense Wachstum bedingt jedoch erhebliche Effizienzsteigerungen bei allen Verkehrsträgern und innovative Transportkonzepte. Eines dieser Konzepte ist der Lang-LKW – auch EuroCombi oder Gigaliner – genannt. Dahinter verbirgt sich vereinfacht gesprochen nichts anderes als ein überlanger LKW mit einem größeren Ladevolumen und Gesamtgewicht. Alles andere als einfach gestaltet sich indes die Einführung des großen Brummis, denn der hat viele Kritiker. Ob Landesregierungen, ADAC oder Umweltaktivisten, befürchtet werden vor allem Straßenschäden und Sicherheitsrisiken, bezweifelt wird aber auch der wirtschaftliche Nutzen. Demgegenüber fordern BDI und Handelskammern, dem Projekt eine Chance zu geben und ermutigen Unternehmen, an Testläufen teilzunehmen. Kurzum: Der lange LKW ist nicht nur sprichwörtlich ein langes Leiden. 3 LKW = 2 Lang-LKW Die Ausgangslage Die Bundesregierung startete am 01. Januar 2012 offiziell einen bundesweiten Feldversuch, der genauere Informationen über die Tauglichkeit des Lastkraftwagens liefern soll. Der Versuch läuft über fünf Jahre und jedes Transportunternehmen, das willens ist, sich wissenschaftlich begleiten zu lassen und die Sicherheitsstandards (Fahrererfahrung etc.) erfüllt, kann während dieser Zeit noch in den Feldversuch einsteigen. Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums haben sich bislang 26 Unternehmen mit 52 Lang-LKWs bei der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) für den Feldversuch angemeldet. Nicht gerade viel wenn man die Unmenge deutscher Transportunternehmen bedenkt. Der größere LKW soll zu einer Kraftstoff- und Emissionsreduktion führen, da mehr Waren – insbesondere sperrige – auf einmal transportiert werden können. Nach Ergebnissen erster Pilotversuche sollen pro transportierte Tonne bzw. pro Transporteinheit Kraftstoffeinsparungen zwischen 15 bis 30 % möglich sein. Im gleichen Maße sollen auch die CO2-Emissionen abnehmen. In Folge dessen würden gleichsam auch die finanziellen Aufwendungen sinken. (Grafik: OPS Netzwerk GmbH/F. Enge Quelle: VDA) Auch der Straßenverkehr soll durch die geringere Anzahl an Brummis entlastet werden. So schätzt der BDI, dass bei einer deutschlandweiten Zulassung von Lang-LKW etwa 20 % der heutigen Fahrten mit herkömmlichen Fahrzeugen auf den Lang-LKW verlagert werden können. So erscheint eine Reduzierung des Fahrzeugaufkommens auf der Straße um fast 8 % – auf stark befahrenen Autobahnabschnitten sogar bis zu 13 % – durchaus realistisch und sogar noch ausbaufähig. Kein neues Thema Die Vorzüge des EuroCombis aufzuzeigen ist inzwischen eine Geschichte mit recht stattlichem Umfang. Ihren Anfang nimmt sie in Schleswig-Holstein. 1985 setzte die Firma Combisped Lang-LKWs im Containerverkehr zwischen den Häfen von Lübeck und Hamburg ein. Aufgrund von Auftragsrückgängen wurde der Verkehr im Sommer 2009 eingestellt. Seit Februar 2010 werden die langen LKWs in Schleswig-Holstein erneut in einem Feldversuch eingesetzt. In Deutschland versuchte das Fahrzeugwerk Krone 2005 50 40 30 20 10 0 28,8 2004 (Quelle: BMVBS, K+P, VDA) 33,4 2010 44,8 2025 ohne Lang-LKW 41,4 2025 mit Lang-LKW Entwicklung der Fahrleistung schwerer LKW (in Mrd. Fahrzeugkilometer) (Foto: Gregor Ter Heide „Elkawe“/Wikimedia ) P.T. MAGAZIN 2/2014 P.T. MAGAZIN 2/2014 mit einer ersten Gigaliner-Testfahrt auf die Einsparpotenziale größerer Laster hinzuweisen. Ab 2006 wurden in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen wiederholt Testfahrten unternommen, die, wie alle anderen Versuche auch, tatsächlich eine größere Effizienz des Lang-LKW belegen (Infokasten). Der politischen Debatte taten diese Ergebnisse bislang jedoch keinen Abbruch. Einige Bundesländer zeigen dem Lang- LKW die rote Karte. (Foto: SPD Niedersachsen/Flickr.com) Einigkeit in der Uneinigkeit Trotz der schon erfolgten Testreihen erschweren vor allem die unterschiedlichen Standpunkte der Landesregierungen eine Einigung – ganz gleich in welcher Richtung – beim Thema Lang- LKW. Schleswig-Holstein und Baden- Württemberg reichten 2012 Klage gegen den Testbetrieb überlanger Lastwagen beim Bundesverfassungsgericht ein, mit der Begründung, dass die Infrastruktur für den Laster nicht ausreichend entwickelt sei und eine Intensivierung des Schwerlastverkehrs ohnehin nicht das Ziel sein könne. Auch Niedersachsen vertritt einen ähnlichen Standpunkt. So lehnt im Januar 2014 die rot-grüne Landesregierung einen Antrag der FDP zur Ausweitung des Versuchs in Niedersachsen ab. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestages, Martin Burkert, spricht sich mit Blick auf etwaige Probleme der Lang-LKWs bei Bahnschranken und Kreisverkehren Lang-LKW sind Zugkombinationen mit einer Gesamtzuglänge von bis zu 25,25 Metern, die aus einem Motorwagen oder einem Sattelzug und je einem Anhängerfahrzeug bestehen. Der Lang-LKW kommt mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 40t bzw. 44t im Kombinierten Verkehr aus. Der Einsatz von Lang-LKW in Wohngebieten ist grundsätzlich nicht vorgesehen. Verlängerte Lastzugkombinationen werden nicht die Belieferung von Einkaufszentren oder Supermärkten in Innenstädten übernehmen. Vorgesehen ist Direktverkehr zwischen logistischen Knoten (Güterverkehrszentren, große Werksstandorte, Häfen etc.. Lang-LKW erfüllen den BO-Kraftkreis. ebenso gegen deren Einsatz aus. Dem gegenüber stehen z.B. die Länder Bayern und Hessen, die sich zumindest nicht gegen den Feldversuch stemmen und Testfahrten vornehmen. Angesichts der zerfahrenen Situation scheint eine Einigung, noch dazu eine zügige, kaum vorstellbar, schon gar nicht bundesweit. Unternehmen im Zwiespalt Betroffen sind vom Hick-Hack um den großen Laster aber vor allem Speditionsunternehmen und andere Betriebe, deren Produkte per LKW transportiert werden, da sich diese – aufgrund der unklaren Entwicklung – mit Investitionen zurückhalten (müssen), was letztlich weder Wirtschaft noch Staat nützt. Problematisch bei der Diskussion um den Lang-LKW sind vor allem drei Dinge: Zunächst sind Speditionsunternehmer der Auffassung, dass der LKW durchaus für ein tragfähiges Konzept darstellt. „Wir denken ja, dass das Ganze funktioniert. Das sieht man an den Niederlanden, da (Grafik: OPS Netzwerk GmbH/Fabian Enge) Kraftstoffverbrauch des Lang-LKW (je 10 Paletten/100 km) sind die Verkehrsstrukturen sicherlich nicht günstiger für längere Zugkombinationen als in Deutschland.“, sagt Rainer Lange von Hüffermann Transportsysteme. Allerdings wird bezweifelt, dass der EuroCombi sich durchsetzt. Zweitens sieht man in der von der Bundesregierung propagierten Variante „Bahn“ keine Alternative. „Der Euro-Kombi wird sich gegen die aktuellen politischen Interessen und gegen bestimmte Lobbygruppen nicht durchsetzen können. […] Die Bahn wird auch in 20 Jahren noch keine Alternative sein.“, stellt Lange fest. Zum Dritten – und dies ist nicht weniger schwerwiegend – unterstreicht die Misere, dass die gegenwärtige politische Strategie nicht nur wachstumshemmend wirkt, sondern gleichsam auch keine erfolgversprechenden Alternativen vorliegen. So ist die unendliche Geschichte vom ungeliebten Laster letztlich auch ein Zeugnis verkehrspolitischer Führungsschwäche. n Gunnar Marquardt 8.8l 7.2l (Grafik: OPS Netzwerk GmbH/F. Enge Quelle: FH Erfurt, VDA) (Grafik: OpenClips/pixabay.com)

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