Aufrufe
vor 9 Jahren

P.T. MAGAZIN 02/2011

  • Text
  • Unternehmen
  • Magazin
  • Wirtschaft
  • Deutschland
  • Stadt
  • Zukunft
  • Deutschen
  • Menschen
  • Deutsche
  • Wettbewerb
  • Mittelstandspreis
  • Quantum
  • Lust
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

(P.T.-Montage/Janine

(P.T.-Montage/Janine Huber, Foto: © Uta Herbert/PIXELIO) Der Zorn der kleinen Leute Wer hat eigentlich Deutschland aufgebaut? Die Sarrazindebatte hat einen medialen „Hype“ ausgelöst. Sie dient aber auch als Reibungsfläche für Analysen über die Deutschen. Der Schweizer Journalist und Cicero-Autor Frank A. Meyer konstatiert: Die „anständigen Deutschen“ fühlen sich ignoriert, missachtet, übergangen, rechts und links liegen gelassen. Wer hat eigentlich Deutschland aufgebaut? Das Deutschland, in dem Wirtschaftswunder und Demokratiewunder gleichzeitig, ja gemeinsam Karriere machten; das Deutschland auch, das in der ganzen Welt als politisch, kulturell und finanziell großzügige Nation wahrgenommen wird; das Deutschland der vergangenen 61 Jahre; das Deutschland von heute. Die kleinen Leute Waren es nicht die kleinen Leute, die dieses Deutschland aus der Taufe gehoben haben und seitdem als dessen Paten dafür einstehen – mit ihrem Fleiß, ihrem Pflichtbewusstsein, ihrer Ordnungsliebe, vor allem auch mit ihrem ganz normalen Gemeinsinn nach innen wie nach außen? Garantieren nicht diese Kleinbürger und ihr kleiner Wohlstand den Erfolg der ersten gesicherten deutschen Demokratie? Haben nicht vor allem sie für dieses Deutschland gearbeitet, geschuftet und sogar gestritten, ohne dabei viel Aufheben von sich selbst zu machen? Einfache Leute, kleine Leute, Kleinbürger, oft und gern als Spießbürger verächtlich gemacht – um sie geht es. Es sind Spießer, die morgens eilig zur Arbeit gehen, nachdem sie ihre Kinder in die Schule gebracht haben; die sich am Tag mit der Zeitung und am Abend beim Fernsehen ihre Meinung bilden über die öffentlichen Angelegenheiten; die sich sonntags im städtischen Park ergehen und sommers am nahen See; die danach ordentlich die Abfälle ihres Picknicks zusammenräumen und entsorgen. Kleines Glück Auffällig geworden sind diese kleinen Deutschen bislang nie, darum auch nicht nennenswert erschienen für Politik und Publizistik, wenngleich ihnen Martin Walser, der Honoré de Balzac unserer Tage, in seinem Werk manch wunderbare Passage gewidmet hat. Diese Bürgerinnen und Bürger haben in den vergangenen Jahrzehnten einfach nur still funktioniert. Und ebenso still ihre Stimme abgegeben: für SPD oder CDU/CSU oder FDP; nach dem Schock der 68er, denen sie zunächst nur erschrocken zuschauten, wählen sie mittlerweile auch die Grünen – neuerdings sogar die Linke. Ja, die Kleinbürger sind Deutschlands Glück! Seit mehr als zwei Generationen. Das große Glück des Landes wurzelt im kleinen Glück seiner Bürger. Bienenfleiß Haben nicht auch die Intellektuellen, die politischen Denker und Literaten, die Maler und Musiker und Theaterleute die deutsche Demokratie aufgebaut und befestigt? Sie verliehen ihr den Glanz, sie verdeutschten die Gedanken von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat. Sie dachten vor und sie dachten nach. Mit publizistischem Bienenfleiß befruchteten sie das politische Sehen und Denken. Ein vielstimmiges Sum- 8 P.T. MAGAZIN 2/2011

Gesellschaft men erfüllte Deutschland – nach 1949, nach 1968, auch nach 1989. Vor allem nach 1989! Nun hat einer aus diesen Gefilden ein Buch geschrieben und aufgedeckt, wie zerrissen die deutsche Gesellschaft ist: Hier die Elite, die sich auch selber gern so bezeichnet. Sie ist gegen Sarrazin. Und dort die Spießer, als die sie von der Elite gern bezeichnet werden. Sie sind für Sarrazin. „Anständige Deutsche“ Was ist geschehen? Nichts ist geschehen. Und gerade darum ist etwas passiert: Die „anständigen Deutschen“ fühlen sich ignoriert, missachtet, übergangen, rechts und links liegen gelassen. Zu Unrecht? Zu Recht? Jedenfalls sehen sie es so, spüren sie es so, ist es für sie so: Allzu lange mussten sie zur Kenntnis nehmen, wie der Multikultikult aus den Migranten eine Art bessere Deutsche machte – unspießige Deutsche, weil „so erfrischend anders“, interessante Deutsche, weil aus fremden Welten, sympathische Deutsche, weil arm, weil ungebildet, weil ganz unten angesiedelt in der gesellschaftlichen Hierarchie, weil Opfer des Bösen in dieser globalisierten Welt, weil Opfer insbesondere eines brutal auf wirtschaftliche Effizienz dressierten Deutschland. Die Heilige Jungfrau dieser heiligen Einfalt ist Claudia Roth. Zwar wird die Chancenlosigkeit der Migrantenkinder in den Schulen zu Recht beklagt. Nicht beklagt dagegen wird die Chancenlosigkeit deutschsprachiger Schülerinnen und Schüler, die als Minderheit, oft genug als verschwindende Minderheit in vielen Schulklassen um entscheidende frühe Entwicklungserfolge gebracht sind. Meist kämpfen die Eltern dieser Kinder vergebens um ein Plätzchen in sprachkulturell einigermaßen ausgewogenen Schulklassen. Wer es sich leisten kann, rettet sein Kind in die Privatschule. Den meisten aber fehlt dazu das Geld. Islam – die verspätete Religion Und natürlich machen sich Deutschlands Spießer darüber ihre Gedanken. Da es sich bei den Erfolglosen unter den Migrantenkindern auffällig oft um Abkömmlinge der muslimischen Kultur handelt, verfestigt sich der Eindruck: Es muss an der Religion liegen – an dieser Religion! Dies auch nur zu Kleines Glück – Made in Germany denken aber ist ein Verstoß gegen die guten Sitten etablierter Politik und Publizistik. Dort gilt die Doktrin: Der Islam ist eine Religion wie jede andere. Und also verweigerte sich Deutschlands linksliberales Establishment hartnäckig der Einsicht, dass es sich beim Islam um eine verspätete Religion handelt, die ihre archaischen Wertvorstellungen per Migration in den deutschen Alltag trägt, jeden Versuch zur Emanzipation ihrer Mädchen und Frauen unterdrückt und deshalb auch ihre Knaben und Männer in der Selbstfindung behindert. Aber den Islam als Feind der offenen Gesellschaft zu sehen, ihn konsequenterweise zu bekämpfen – das durfte und darf kein Thema sein. Inszenierte Gleichsetzung Auffällig geworden sind diese kleinen Deutschen bislang nie. (Foto: lifePR/Museum AUTOVISION) Auch Ahnungslosigkeit spielt da wohl mit, genährt vom Ökumenedenken der christlichen Konfessionen. Ferner gibt es ernste Gründe, sehr deutsche Gründe: den Kulturkampf im 19. Jahrhundert zum Beispiel, vor allem aber die Vernichtung der Juden durch die Nazis. Die von islamischen Verbänden geschickt inszenierte Gleichsetzung der Islamkritik mit Antisemitismus ist jedoch ebenso paradox wie absurd, gleichzeitig Wahlbeteiligung in Prozent 100,0 90,0 86,0 87,8 87,7 86,8 86,7 91,1 90,7 88,6 89,1 84,3 80,0 78,5 79,0 82,2 77,8 79,1 77,7 70,8 70,0 60,0 50,0 40,0 30,0 20,0 10,0 0,0 1949 1953 1957 1961 1965 1969 1972 1976 1980 1983 1987 1990 1994 1998 2002 2005 2009 (Quelle: Wikipedia/gemeinfrei/MaxM) 2/2011 P.T. MAGAZIN 9

Jahrgänge