Aufrufe
vor 4 Jahren

PT-Magazin 01 2020

  • Text
  • Potthoff
  • Mittelstand
  • Wirtschaft
  • Deutschland
  • Demokratie
  • Deutschen
  • Sachsen
  • Mitarbeiter
  • Digitalisierung
  • Unternehmen
Offizielles Magazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung.

Dresdner Schule der

Dresdner Schule der Verkehrswissenschaften Zur Erinnerung an den Nestor der Verkehrsströmungslehre Prof. Karl Gerhart Potthoff PT-MAGAZIN 1/2020 Mitteldeutschland 48 Das Gebäude der Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ der Technischen Universität Dresden trägt den Ehrennamen „Potthoff-Bau“. Die Dresdner Schule der Verkehrswissenschaften trägt seinen Ruf weiter über die Elbestadt hinaus. Karl Gerhart Potthoff wurde noch in das zweite deutsche Kaiserreich hineingeboren, sieht als Heranwachsender bereits die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, erlebt diesen 1. Weltkrieg und seine Folgen in anschließender Hungersnot, Inflation, politischen Straßenkämpfen, Zerfall der Sitten und den Aufstieg des Nationalismus. Aber er lässt sich weder im nationalsozialistischen Reich noch in 4 V-jähriger sowjetischer Kriegsgefangenschaft korrumpieren. Er bleibt zeitlebens der Bürger und Wissenschaftler Gerhart Potthoff – auch in der DDR wird er nicht „Genosse Potthoff“. Gerhart Potthoff erlebt die Vereinigung der beiden deutschen Staaten nicht mehr. Freilich war und ist er weit vor der politischen Wende nicht nur im gesamten Deutschland, sondern auch in vielen, zumindest europäischen Ländern bekannt, durch sein 5-bändiges Werk „Verkehrsströmungslehre“ berühmt und von Wissenschaftlern wie Schülern verehrt. Gerhart Potthoff kann die institutionelle und personelle Erneuerung der sächsischen Hochschullandschaft nicht mehr begleiten, wie er es mit Sicherheit getan hätte. Er nimmt wachen Anteil, praktisch bis zum letzten Moment seines irdischen Lebens, geachtet als Mensch, gefragt als Wissenschaftler, verehrt als väterlicher Begleiter seiner Mitarbeiter, Schüler, Studenten und Alumni. Gerhart Potthoff studierte von 1927 – 1932 Bauingenieurwesen an der TH Dresden und absolvierte anschließend eine 3-jährige Ausbildung zum Regierungsbaumeister. Als seinen wichtigsten Lehrer nennt er Professor Wilhelm Müller d. Ä. (1882 – 1956). Mit ihm, Potthoffs Lehrer an der TH Berlin-Charlottenburg, der späteren TU Berlin, erklärt sich auch die enge wissenschaftliche und persönliche Bindung der Dresdner Schule der Verkehrswissenschaften mit der Aachener. Prof. Müller d. Ä. lieferte die Denkmuster und mit seinem Werk „Die Fahrdynamik der Verkehrsmittel“ auch eine wesentliche wissenschaftliche Methodologie der Eisenbahnbetriebswissenschaften quasi über das Kriegsende und Teilung Europas hinweg von Dresden über Berlin-Charlottenburg nach Aachen. Müller wurde der erste Direktor des Verkehrswissenschaftlichen Instituts an der RWTH Aachen nach dem II. Weltkrieg, gefolgt von dessen Schülern Professor Hermann Nebelung und ab 1975 Professor Wulff Schwanhäußer, der sich als Schüler Potthoffs bezeichnet, obwohl er nie eine Vorlesung Potthoffs hörte. Sein Nachfolger Prof. Ekkehard Wendler vereinigt die Dresdner Schule (Schüler des Autors) und die Aachener (Schüler Prof. Schwanhäußers) in seiner bis heute unübertroffenen Dissertation. Potthoff entscheidet sich nach dem Studium zunächst nicht für eine wissenschaftliche Laufbahn, sondern für die raue Praxis der Eisenbahn. So lebt er vor, was er später von seinen Mitarbeitern und Schülern erwartet und in Studienprogramme gießt: Potthoff nimmt ab 1932 eine dreijährige Ausbildung zum Regierungsbaumeister am Betriebsamt 3 der Reichsbahndirektion Dresden auf. Hier arbeitet er u. a. als Bauführer beim Auflassen des Oberauer Tunnels an der Eisenbahnstrecke Leipzig-Dresden und berichtet darüber im „Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens“ Berlin 90 www.susa-sauer.de PREISTRÄGER Großer Preis des MITTELSTANDES Wir sind ... Ihr Partner zur Herstellung von Präzisionsdrehteilen von d=5 bis d=200 mm für die Fahrzeugindustrie, Maschinen- und Bergbau, Hydraulik u.a. SUSA S. Sauer GmbH & Co. KG An der Niedermühle 4 01257 Dresden Tel.: +49-351-28166-91 Fax : +49-351-28166-80 Unser Plus... stark in Quali tät und Leistung beim Drehen, Fräsen, Schleifen, Räumen, Honen, Thermisch Entgraten und Tiefl ochbohren mit moderner CNC-Maschinentechnik

Karl Gerhart Potthoff *09. Mai 1908 in Frankenthal/Sachsen; † 25.09.1989 in Dresden (Foto: [12; 1955_6.1._271b]) (1935). Trotz praktischer Beanspruchung als Regierungsbaumeister bleibt Potthoff wissenschaftlich hellwach. Seine Dissertation über Fahrzeitermittlung von Eisenbahnfahrzeugen, die er 1939 an der TU Berlin-Charlottenburg verteidigt, steht noch ganz im Forschungsfeld seines Lehrers Wilhelm Müller d. Ä. Potthoff entwickelt sein wissenschaftliches Forschungsfeld weiter und habilitiert sich 1942 an der TH Berlin-Charlottenburg mit einer Arbeit über Anlaufsteigungen bei Ablaufanlagen, die ebenfalls im „Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens“ Berlin 97 (1942), S. 165 – 175 publiziert wird. In den Jahren 1939 – 1941 ist er als Leiter des Reichsbahn-Betriebsamt Böhmisch Leipa (Česka Lipa) tätig; kriegsbedingt wird er 1941 – 1945 Dezernent in der Reichsbahndirektion Oppeln/Oberschlesien. Erstaunlich in Zeit und Komplexität: Potthoff wirkt synchron zu seinen praktischen Tätigkeiten als ambitionierter Hochschullehrer. In den Jahren 1943 – 1945 ist er zum Honorardozent für Erdbau und Fahrdynamik an der Technischen Hochschule Breslau berufen – erneut eine Verbreiterung seiner wissenschaftlichen Lehr- und Forschungstätigkeit. Obwohl nicht im militärischen Dienst, kommt Potthoff – weil in Eisenbahner- Uniform – in sowjetische Kriegsgefangenschaft. In dieser Zeit erlernt er die russische Sprache, die er leidlich nutzt, um später sowohl die Korrespondenz zu sowjetischen Hochschulen mit verkehrswissenschaftlichen Disziplinen zu führen als auch den Aufbau der Forschungs- und Lehr-Infrastruktur an der Technischen Hochschule in Dresden zu forcieren, an die er im Sommer 1950 zum Professor mit Lehrauftrag und ein Jahr später zum Professor mit Lehrstuhl für Betriebstechnik der Verkehrsmittel berufen wird. Der parteilose Gerhart Potthoff übernimmt in der – auch durch seinen maßgeblichen Einfluss – im Jahr 1952 gegründeten Hochschule für Verkehrswesen „Friedrich List“ Dresden die Ämter des Prorektors für Forschungsangelegenheiten und des Dekans der Fakultät Verkehrstechnik ein. Potthoff bleibt auf Lebenszeit „seiner“ Hochschule verbunden und prägt sie. Er verantwortet als langjähriger Dekan die Fakultät Verkehrstechnik, gründet den breiter aufgestellten Lehr- und Forschungsverbund von Lehrstühlen und Instituten unter dem programmatischen, fast schon visionären Schirm „Technische Verkehrskybernetik“ und bleibt auch nach seiner Emeritierung im Jahre 1973 ein beliebter, agiler und stets präsenter Hochschullehrer bis zu seinem Ableben im September des Jahres 1989. Die Stochastik in der Verkehrsströmungslehre ist tot – es lebe die Stochastik Unter maßgeblichem Einfluss Potthoffs entwickelte sich die Eisenbahn- und Verkehrsbetriebswissenschaft von einer deskriptiven (deterministischen, beobachtenden, die Verkehrsvorgänge ˘ 49 PT-MAGAZIN 1/2020 Mitteldeutschland Systemanbieter kompletter Verpackungslösungen Industrie- und Gefahrgutverpackungen mit mit mehr langjähriger als 25-jähriger Erfahrung u. a. in den Branchen 2010 ■ Chemische Industrie ■ Automobilindustrie ■ Elektronik und Feinmechanik Werner-Seelenbinder-Str. 9 09120 Chemnitz Telefon: 0371/27 18 40 Telefax: 0371/27 18 418 E-Mail: info@richter-hess.de www.richter-hess.de

Jahrgänge