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PT-Magazin 01 2018

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Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

Geistiges Eigentum Wie

Geistiges Eigentum Wie sich kleine und mittelständische Unternehmen gegen Ideenklau schützen können PT-MAGAZIN 1/2018 Wirtschaft 24 Apple gegen Samsung, Nikon gegen Zeiss, e15 gegen Ikea. Moment – e15? Wer hier stutzig wird, weil der Name nicht in die Reihe der Branchenriesen zu passen scheint, hat vollkommen Recht. e15 - benannt nach der Postleitzahl des ersten Studios in London - ist eine Marke, die das Premiumsegment im Wohn- und Objektmarkt bedient; das Büro sitzt in Frankfurt. Zwar unterhält man ein weltweites Händlernetz und besitzt Showrooms in Frankfurt und Mailand, um einen Konzern handelt es sich aber nicht. Dennoch leistete das Team um Architekt und Mitbegründer Philipp Mainzer seit fünf Jahren in gallischer Manier wie Asterix gegen Cäsar Widerstand gegen den schwedischen Möbelhersteller. © freshidea - stock.adobe.com Der Streitpunkt: das Bett „Malm“ beziehungsweise „Mo“. Denn e15 warf Ikea Ideenklau vor, während Ikea von einer Parallelschöpfung sprach. Nach mehreren gerichtlichen Instanzen landete der Fall Ende Juni vor dem Bundesgerichtshof (BGH), wo e15 einen Etappenerfolg verzeichnen konnte. Der Fall zeigt, dass Philipp Mainzer meldete das von ihm entworfenen Bett SL02 MO im Jahr 2002 als Geschmacksmuster an und ließ es kurze Zeit später in das Designregister eintragen, um dessen äußere Erscheinungsform zu schützen. © Philipp Mainzer man nicht vor einem großen Namen einzuknicken braucht. Ein positives Beispiel für Erfinder, insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) sowie für Versicherungsmakler. Denn Patente und Patentstreitigkeiten vor Gericht lassen sich im Vorfeld absichern. Im Jahr 2002 meldete Mainzer das von ihm entworfenen Bett SL02 MO als Geschmacksmuster an und ließ es kurze Zeit später in das Designregister eintragen, um dessen äußere Erscheinungsform zu schützen. Zuvor hatte er es auf einer Messe in Köln der Öffentlichkeit präsentiert. Das Bett „Bergen“, der Vorgänger von „Malm“, wurde im selben Jahr erstmalig im Ikea-Katalog abgedruckt. „Es gab über einige Jahre kein Wissen auf unserer Seite, dass dieses Bett existiert“, so Sophie Brennan-Whitmore, Director Markting/PR bei e15. Aber nachdem mehrere Kunden von e15 auf die Ähnlichkeit der Betten hingewiesen hatten, begann man in Frankfurt mit der Recherche. Nach einigen Bemühungen, die Sache außergerichtlich zu regeln, klagte e15 im Oktober 2012 gegen Ikea. Als man am Landesgericht und Oberlandesgericht Düsseldorf unterlag und eine Revision nicht zugelassen wurde, reichte e15 Beschwerde vor dem BGH ein. Mit Erfolg. Anders als das Oberlandesgericht hat der BGH die von Ikea im Ausland vorgenommenen Vorbereitungshandlungen zum Vertrieb des Bettgestells „Bergen“ in Deutschland für die Entstehung eines Vorbenutzungsrechts nicht ausreichen lassen. Erforderlich ist vielmehr, dass die vom Gesetz verlangten und ernsthaften Anstalten zur Benutzung ebenso wie die Benutzung selbst in Deutschland stattgefunden haben. Ob Ideenklau oder Zufall – hierzulande hat „Mo“ Vorrang. Brennan-Whitmore sagt über das Urteil: „Die neueste Entwicklung sendet ein wichtiges Signal in die Möbelbranche.“ Patentanmeldung – Schutz der eigenen Idee Erfinder legen hierzulande großen Wert auf den rechtlichen Schutz ihres geistigen Eigentums. Im Vergleich zu dem aktualisierten Vorjahreswert von 66.897 Anmeldungen ist die Anzahl der beim Deutschen Marken- und Patentamt (DPMA) im Jahr 2016 eingereichten Patentanmeldungen um 1.001 Anmeldungen gestiegen. Ähnliches belegen die im Frühjahr vom Europäischen Patentamt (EPA) veröffentlichten Zahlen, nach

denen Deutschland im Jahr 2016 mit 25.086 Patentanmeldungen auf Platz 2 hinter den USA liegt. Führend sind Siemens, BASF und Robert Bosch. Medizintechnik, digitale Kommunikation und Computer-Technologien liegen bei den Anmeldeaktivitäten vorn. Dabei investieren deutsche Unternehmen häufig in bereits etablierte Produkte, bemühen sich um technische Weiterentwicklungen oder Varianten, anstatt etwas Neues zu riskieren. Anders sieht es bei den KMU und Start-ups aus, bei denen eine zündende Idee mitunter als Grundlage für die Unternehmensgründung dient. Patente verleihen das räumlich und zeitlich befristete Privileg, allein über die Erfindung zu verfügen, und sichern ab. Doch was tun, wenn dies nicht ausreicht? Wenn das Patent wissentlich oder unwissentlich verletzt wird? Fechtet beispielsweise ein Konkurrent das Patent an, drohen dem Inhaber weitere Kosten und ein möglicherweise Jahre andauernder Rechtsstreit. So wie e15. „Für ein relativ kleines Unternehmen wie uns ist die Verfolgung von Plagiaten eine signifikante Investition“, bestätigt Brennan-Whitmore. Und auch Jürgen Friedrich, Geschäftsführer der Gesellschaft für Marken- und Patentrechtsschutzversicherung Vertriebsgesellschaft mbH (GMP), bestätigt: „Unabhängig von der juristischen Sachlage befinden sich Mittelständler gegenüber großen Unternehmen im Nachteil. Diese verfügen oft über eine eigene Rechtsabteilung und haben praktisch unbegrenzte finanzielle Reserven, so dass sie die Sache gegebenenfalls einfach aussitzen können.“ Im schlimmsten Fall könne der Verlust der beruflichen Existenz drohen. Selbst ohne Größenunterschied der Parteien gebe es bei Patentstreitigkeiten vor Gericht viele Unwägbarkeiten, die fast immer mit einem hohen Kostenrisiko verbunden seien. Absicherung von Patentstreitigkeiten GMP bietet eine Rechtsschutzversicherung für Patentstreitfälle an und hilft sowohl bei der Abwehr als auch der Geltendmachung von Ansprüchen. Das Angebot richtet sich an Unternehmen, Hochschulen und Institute, aber auch Privatpersonen. Damit ist man der einzige Anbieter auf dem deutschen Markt. „Als mein Geschäftspartner und ich 2007 von einem Firmenkunden gefragt wurden, ob es eine Deckung für Patente beziehungsweise einen Patentrechtsschutz gibt, mussten wir uns erst einmal schlau machen und stellten fest, dass eine solche Versicherung nicht angeboten wurde. Das war die Geburtsstunde der GMP“, erzählt Friedrich. Da diese Risiken bei allen Versicherungsunternehmen in den Versicherungsbedingungen explizit ausgeschlossen werden, gibt es dort auch keine Erfahrungswerte. GMP kann nach zehn Jahren jedoch auf eine entsprechende Expertise bei der Risikoeinschätzung und bezüglich der Beitragsfindung blicken. „Die Risikoeinschätzung erfolgt anhand von Fakten: Recherchen in den Datenbanken des DPMA, Handelsregisterauskünfte und natürlich die Bewertung des Patentrisikos“, so der Geschäftsführer. Philipp Mainzer leistete fünf Jahre Widerstand gegen den schwedischen Möbelhersteller Ikea. © Boris Breuer Die Sensibilität für Ideenklau auf Seiten der Kunden, wie auf Seiten der Versicherungsmakler hat in den letzten Jahren zugenommen, unter anderem bedingt durch öffentlichkeitswirksame Gerichtsprozesse. „Die Gefahr, die von Produktpiraterie ausgeht, ist bekannt, jedoch nur in geringem Umfang“, stellt Armin Bajus, Leiter Sach bei der WIFO Wirtschafts- & Fondsanlagenberatung und Versicherungsmakler GmbH fest. Dort bietet man die Rechtschutzversicherung von GMP seit dem Jahr 2010 an. „Versicherungsmakler und deren Kunden, oftmals produzierende Unternehmen und Freiberufler, sind erstaunt über die Absicherungsmöglichkeit“, so Bajus. Übrigens sollten Versicherungsmakler in einem umfassenden Beratungsgespräch schon deshalb auf den Schutz des geistigen Eigentums hinweisen, um eine mögliche Haftung zu umgehen beziehungsweise Ärger – durch Ablehnung in der Firmenrechtsschutzversicherung – mit einem Kunden im Schadensfall zu vermeiden. © adel_pixelio Gerade Existenzgründer haben keine ausreichenden Rücklagen für Streitfälle. Rücklagen für Streitfälle reichen oft nicht aus Verglichen mit hohen Prozesskosten, die fast immer in den fünf-, häufig sechsstelligen Bereich gehen können, kostet die Abwehr von Ansprüchen bei GMP rund 1.000 Euro pro Jahr. Für Abwehr und Geltendmachung von Ansprüchen fallen um die 3.000 Euro pro Jahr an. „Das sind aber nur Anhaltswerte“, erläutert Friedrich. Alle Schutzrechte, egal ob Patent, Marke, Design oder Gebrauchsmuster werden gemeinsam zu einem Preis versichert. „Hat ein Unternehmen beispielsweise 20 Patente, fünf Marken und acht Gebrauchsmuster für Abwehrund Geltendmachung versichert, kosten die Rechtschutzversicherung für das einzelne Schutzrecht keine 100 Euro pro Jahr“, rechnet der GMP-Geschäftsführer vor. Nicht viel, wenn man bedenkt, dass ein Patent bis zur Erteilung an die 20.000 Euro kosten kann. ó Dr. Johanna Damm, Fachredakteurin, München 25 PT-MAGAZIN 1/2018 Wirtschaft

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