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PT-Magazin_01_2017

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Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

PT-MAGAZIN 1/2017 Knappheitsfaktor Unternehmergeist Gesellschaft 16 Zertifiziert nach DIN ISO 9001 und VDA 6.1 1 Warum leiden reife Gesellschaften wie die in Deutschland an einem Mangel an Unternehmergeist und Unternehmertum? Warum gibt es zu wenige Anstrengungen, die Knappheit an unternehmerischem Engagement überwinden zu wollen? Ist das nachlassende Gründungsgeschehen Spiegelbild der gesellschaftlichen Verfasstheit? Wird gar der Mangel an Unternehmern zur sozialen Frage unseres Jahrhunderts? Wird nicht die Verteilungsfrage, sondern die Frage „Haben wir genug Unternehmer?“ die politische Diskussion bestimmen müssen? Ganze Generationen sind falsch geprägt worden 2 All das sind Fragen, die derzeit kaum im politischen Wettbewerb der Parteien prioritär behandelt werden. Eine Erklärung hierfür liegt sicherlich darin, dass die große Mehrheit der Wähler in und von abhängiger Beschäftigung lebt. Der Zusammenhang zwischen Unternehmertum und gesellschaftlicher Dynamik spielt im Denken und Handeln der großen Mehrheit der Wähler kaum eine Rolle. Die Funktion des Unternehmertums für Wohlstand und Beschäftigung wird kaum gesehen. „Wohlstand für alle“ (Ludwig Erhards Erfolgsformel) wird eher als unmittelbare Aufgabe und Verpflichtung der Politik gesehen. 3 Die nachlassende Neigung ganzer Generationen, sich mit der Gründung von Unternehmen zu befassen und stattdessen ihr berufliches Schicksal in die öffentlichen Hände zu legen oder in Großunternehmen zu suchen, liegt sicherlich an den gegenwärtigen Umbruchzeiten. Globalisierung, demographischer Wandel und IT erzeugen Veränderungen in einem Tempo, das zu Unsicherheit, Ungewissheit und Ängsten führt. Dies, obgleich wirtschaftlicher Strukturwandel schon immer erlebbar war und erlebt worden ist. Haag 17 95615 Marktredwitz Tel. 09231-6699 0 www.hirsch-federn.de info@hirsch-federn.de Druck-, Zug-, Schenkel-, Blattfedern, Stanz- und Biegetechnik, Werkzeugbau 4 Zukunftsängste und nachlassender Unternehmergeist haben nach meinem Dafürhalten einen tieferliegenden Grund. Er ist kultureller Art. Früher sind Generationen überwiegend geprägt worden durch die Ausbildung nach dem Dualen System. Nur ein geringer Prozentsatz machte Abitur und ging zur Uni. Früher wurde demnach das soziale und kulturelle Verhalten durch eine frühe wirtschaftliche Sozialisation geprägt. Heute geschieht die kulturelle Prägung ganzer Generationen aufgrund der Schulzeitverlängerung und der damit einhergehenden zugenommenen Studierneigung durch das öffentliche Recht. Man erlebt nicht den „ehrbaren Kaufmann“, sondern man erlebt die Welt staatlicher Gewalten. 5 Wie können wir den kulturellen Wert von Selbständigkeit via learning by doing vermitteln, wenn Schulen sich nicht selbständig verhalten können, sondern bis ins letzte Detail auf dem Verordnungswege reguliert sind? Alle Versuche, den Schulen mehr an Autonomie einzuräumen, sind deutschlandweit bis heute gescheitert. Da ist es

© alphaspirit / Fotolia Früher wurde das soziale und kulturelle Verhalten durch eine frühe wirtschaftliche Sozialisation geprägt. PT-MAGAZIN 1/2017 nicht überraschend, dass selbständiges Verhalten nicht eingeübt wird und dass Rolle und Funktion des Unternehmers in der wirtschaftlichen Entwicklung unterbelichtet bleibt. 6 Wie wichtig Unternehmergeist zum Beispiel für unsere Stadtkulturen ist, klärt sich an folgender Frage: Was wären unsere Städte und Gemeinden ohne die Italiener, Griechen, Türken und andere Ethnien, die mit ihren Geschäften das heutige Stadtbild prägen? Ohne deren unternehmerisches Tun würde manche Stadt doch verarmen. 7 Alle Initiativen, die dem Engpass des mangelnden Unternehmertums entgegenwirken, sind daher wünschenswert. Freilich ist das eine Generationenaufgabe und setzt auch Veränderungen bei den politischen Rahmenbedingungen voraus, angefangen von der Unternehmensbesteuerung über die Bildung von Risikokapital bis hin zu der Aufgabe, Schulen und Hochschulen von Anstalten des öffentlichen Rechts zu öffentlichen Unternehmen zu entwickeln. Diese Zusammenhänge zu verstehen, setzt auch mehr Unternehmergeist und wirtschaftliches Verständnis in den gesetzgebenden Institutionen voraus. All das kann man mit dem KO-Wort „neoliberal“ abtun- und danach heftig schimpfen über „neoliberale“ Politik, obgleich sie gar nicht zum Zuge kam. ó Über den Autor Hanspeter Georgi ist Politiker und Diplom- Volkswirt. Zuletzt war er saarländischer Minister für Wirtschaft und Arbeit. Er ist Mitglied des Präsidiums der Oskar-Patzelt- Stiftung.

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