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PT-Magazin_01_2017

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Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

PT-MAGAZIN 1/2017 „ICH, DIE FOTOGRAFIE UND DER PIRELLI KALENDER 2017“ Welcher Gedanke steht hinter dem Kalender? Im Gespräch mit Peter Lindbergh Gesellschaft 10 Der Kalender 2017 diente mir dazu, eine neue Art von Schönheit darzustellen. Unsere heutige Gesellschaft basiert auf dem Konsum und hat ein Schönheitsideal geschaffen, das sich mit Jugendlichkeit und Perfektion identifiziert. Diese Art von Schönheit hat nichts mit der Wirklichkeit und mit den Frauen zu tun. Mit dem Pirelli Kalender wollte ich deutlich machen, dass hinter der wahren Schönheit viel mehr steckt als das, was uns die Werbung vermittelt. Ich wollte die Frauen auf eine ganz andere Weise in Szene setzen. Ich habe mein Ziel erreicht, indem ich mir Schauspielerinnen geholt habe, die in meinem Leben eine wichtige Rolle gespielt haben, und ihnen bei den Shootings so nahe wie möglich gekommen bin. Schon bei den ersten Aufnahmen habe ich gemerkt, dass es funktioniert. Für mich ist es wunderbar, Personen wie Nicole Kidman, die ich als Erste fotografierte, auf ganz andere Weise zu betrachten. Es ist ein ganz außergewöhnliches Gefühl, jemanden durch einen Fotoapparat anzusehen und dabei mit ihm eine enge Beziehung zu knüpfen, eine einzigartige Erfahrung zu erleben, wie man sie noch nie erlebt hat. Nach einer oder zwei Stunden vor der Kamera sagte Nicole: „Ich habe wirklich großen Spaß an dem Ganzen… ich bin noch nie so fotografiert worden… niemand hat je diesen Teil von mir gesehen, und es ist wunderschön.“ Mit diesem Satz hat sie das, was ich mit dem Pirelli Kalender 2017 verfolgte, auf den Punkt gebracht. Ich wollte die Frauen nicht mit Perfektion gleichsetzen, sondern sie durch ihre Empfindsamkeit und ihre Gefühle darstellen. Deshalb habe ich dieser Ausgabe des Kalenders den Titel „Emotional“ gegeben. Keine künstliche Perfektion, sondern die wahre Welt und die Gefühle, die sich hinter den Gesichtern dieser Frauen verbergen. Hat der technologische Fortschritt Einfluss auf ihre Arbeit? Nein, weil ich mich dagegen gewehrt habe. Die jungen Fotografen von heute wissen mit einem analogen Apparat gar nichts mehr anzufangen. Ich kenne die Zeit, in der mit Filmen gearbeitet wurde, und wollte keinen digitalen Apparat. Mir war es recht, wie es war. Im Laufe der Zeit habe ich dann erkannt, dass die Digitaltechnik fantastisch ist, außer in zwei Aspekten. Zum einen ist das Digitalfoto zu scharf und büßt an Weichheit und Gefühl ein. Ich verwende Photoshop, um diesen Effekt zu vermindern. Zum anderen ist es bei Digitalaufnahmen wirklich unangenehm, dass das Shooting zu einer Teamarbeit wird. Wenn ich eine Person vor der Kamera habe und eine Aufnahme mache, erscheint das Foto sofort auf einem Bildschirm im Nebenraum, wo es zehn Personen betrachten, beurteilen und ihre Meinung dazu abgeben… Diese Art der Fotografie zerstört die Intimität zwischen Fotograf und Modell vollkommen. Für mich ist jedoch gerade diese Beziehung zum Modell wichtig, da aus ihr schöne Fotos entstehen. Die Digitalaufnahmen machen das Erwachsen einer derartig besonderen Art der Beziehung unmöglich. Wodurch haben Sie sich am stärksten inspirieren lassen? Es gibt eigentlich nichts im Besonderen, was meine Kreativität beflügelt hätte. Ich lasse mich von allem inspirieren, was ich sehe und irgendwann benutze ich es, um etwas zu schaffen. Ich vermeide es, auf Modeschauen zu gehen und ziehe es vor, die Zeit der Kollektionen anderweitig zu nutzen. Ich sehe oft die Kleidungsstücke in den Ateliers meiner Freunde. Heute habe ich z.B. den Tag bei meinem Freund Azzedine Alaïa verbracht, mit dem zusammen ich ein Projekt in Arbeit habe. Er hat mir seine neue Kollektion unglaublich schöner Stücke gezeigt. Vor einigen Tagen hat jemand in einem Gespräch über Fashion-Fotografie gesagt: Aufgabe der Modefotografie ist es, die Kleidungsstücke zu zeigen. Zum Teil ist das richtig, aber ich würde sagen, dass sich die Modefotografie nicht darauf beschränken sollte, Kleider zu zeigen und den Verkauf zu fördern, sondern sie sollte für sich den Anspruch erheben, in einem weitaus umfangreicheren Kontext zu existieren, der über die Mode hinausgeht. Worin besteht Ihrer Meinung nach Kreativität? Die erste Frage sollte meiner Meinung nach lauten: wo liegt die Kreativität? Und die zweite Frage: wie kann man aus ihr schöpfen? Und weiter: wie kann man sie benutzen? Es handelt sich um sehr interessante Themen, denen ich viel Zeit gewidmet habe. Ich bin schließlich zu der Überzeugung gekommen, dass die Kreativität davon abhängt, wie man die Welt sieht, und dass sie sich durch das Erlebte erneuert. Viele Menschen besitzen Kreativität, wissen aber nicht, wie sie diese aus sich hervorholen können. Ich übe seit vierzig Jahren transzendentale Meditation aus und das hat mir wirklich geholfen zu verstehen, wer ich bin und wo mein innerer Weg ist. ó

© Pirelli Kalender 2017, Peter Lindbergh Gesellschaft PT-MAGAZIN 1/2017 Penelope Cruz Nicole Kidman 11 Über den Künstler Peter Lindbergh Kate Winslet Seit den späten 70er Jahren arbeitet Lindbergh für die renommiertesten Modemarken und Modezeitschriften wie die internationalen Ausgaben von Vogue, The New Yorker, Rolling Stone, Vanity Fair, Harper’s Bazaar US, dem Wall Street Journal Magazine, The Face, Visionaire, Interview und W. Seine Arbeit ist in den ständigen Sammlungen zahlreicher Kunstmuseen der ganzen Welt zu sehen und wurde in bedeutenden Museen und Galerien ausgestellt, wie dem Victoria & Albert Museum (London), dem Centre Pompidou (Paris), dem Bunkamura Museum of Art (Tokyo) und dem Pushkin-Museum für Bildende Künste (Moskau). Der PIRELLI-Kalender 2017 Zum 3. Mal nach 1996 (mit Aufnahmen in der Wüste El Mirage in Kalifornien) und 2002 (Studios der Paramount Pictures in Los Angeles) gestaltete der international renommierte deutsche Künstler Peter Lindbergh den insgesamt 74. Pirelli Kalender für 2017 www.pirellicalendar.com. Uma Thurman

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