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P.T. MAGAZIN 01/2013

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Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

Erfolg für Alle Die

Erfolg für Alle Die Eroberung des Paradieses Gesellschaft Die Schöne und das Biest: Für einen Quickie mit Gerard Depardieu hätte Sharon Stone sich von ihm gern in eine dunkle Gasse ziehen lassen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie leicht Menschen das nicht mehr sehen, was sie nicht sehen wollen. So entsteht selbstverschuldete Unmündigkeit. Die seit Monaten erbittert geführte „Reichen“debatte gehört in diese Kategorie. Nehmen wir den französischen Filmstar und Unternehmer Gerard Depardieu. Er ist Millionär. Das ist ihm nicht in den Schoß gefallen. Als drittes von sechs Kindern eines ungebildeten Blechschmieds geboren, war er anstelle des stets betrunkenen Vaters Hebamme zweier seiner Geschwister. Mit seinen Sprachstörungen galt er schon früh als labil und aufsässig. Mit 13 brach er die Schule ab. Er begann für kurze Zeit eine Druckerlehre, dealte mit Amis auf dem Schwarzmarkt mit Whisky und Zigaretten, klaute Autos, war im Knast, trampte und jobbte durch ganz Frankreich und nahm mit 16 in Paris Theaterunterricht. Das war 1964. Der Antityp des französischen Schönlings faszinierte früh die Frauen und das Publikum. US-Star Sharon Stone verkündete öffentlich, dass sie sich gern von Depardieu für einen Quickie in eine schmutzige Gasse ziehen lassen würde. „Diesen Unersättlichen, der sich „einen Unschuldigen“ nennt, umweht dagegen stets ein Hauch jenes entfesselten Lumpenproletariats, das 1789 die Aristokraten an die Laterne hängen wollte und seitdem als Angstbild durch die Kultur geistert.“ schreibt Birgit Roschy auf epd film. „Ich mag die Reichen nicht“ Francois Hollande 1968, das war keine Revolution „Wer seine Herkunft nicht vergisst, der kann vielleicht ein Arsch werden, aber kein Snob.“ sagte Depardieu 2007 im Interview mit der ZEIT. So sehen ihn auch Bewunderer und Kritiker. Er nahm nie ein Blatt vor den Mund. Die 68-Revolte geißelte er: „1968, das war keine Revolution! Eine Revolution, das ist, wenn die Armen gegen die Reichen revoltieren, weil sie nichts mehr zum Fressen haben. 1968, das war für mich eine Revolution der Kleinbürger (...) Die Leute, die ich Barrikaden errichten sah, waren Söhne und Töchter der Bourgeoisie, gebildete Leute, (Foto: Siebbi/Flickr.com) (Foto: Wikimedia/CC-3.0/Siebbi) die nur Revolution gespielt haben...“ Im Dezember packte den rotweinliebenden Dicken mit eigenem Weinberg, der so fantastisch den Obelix geben kann, wieder mal die Wut. Wut auf Politiker, die durch Unfähigkeit, Korruption und Verschwendungssucht ein riesiges Staatsdefizit angehäuft haben und nun ihre besten Steuerzahler zur Staatsschuldentilgung teilenteignen wollen. Nichts anderes ist ein Spitzensteuersatz von 75 Prozent, wie er in Frankreich vom neuen Präsidenten Francois Hollande eingeführt wurde. „Hau’ ab, reicher Idiot“ Depardieu hatte deshalb seinen Wohnsitz kurzerhand ins benachbarte Belgien verlegt, ebenso wie der Chef und Eigentümer des französischen Luxusgüterkonzerns LVMH, Bernard Arnault. Bei der staatshörigen Elite, den Medien und „dem Volk“ Frankreichs kommt das nicht gut an. Die Pariser Tageszeitung „Libération“ titelte: „Hau’ ab, reicher Idiot“. Prompt demonstrierten französische Arbeiter. Bei einer 35-Stunden-Woche, üppigen Urlaubsregelungen, Rente mit 60 und dem Recht, bis zu zwei Jahre lang bis zu 6.000 Euro monatliche Arbeitslosenhilfe zu beziehen, haben sie dafür ja auch genug Zeit. Gegen Depardieu nahmen die Proteste sogar noch krassere Formen an. Premierminister Jean-Marc Ayrault nannte ihn in einem TV-Interview „unpatriotisch“ und „ziemlich erbärmlich“. Nach einer Woche schlug der 63-Jährige in einem offenen Brief zurück, machte die sozialistische Regierung für seine Entscheidung verantwortlich und kündigte an, seinen französischen Pass abgeben zu wollen. Niemand sonst sei nach Verlassen des Landes so beleidigt worden wie er, schreibt der als „Steuerflüchtling“ geltende Obelix-Darsteller. Er verlangt keine Zustimmung. Aber er verlangt Respekt seiner Person gegenüber. Ist Respekt zu viel verlangt? Depardieu verlässt Frankreich, weil die Regierung Erfolg und Talent nicht belohnt, sondern bestraft: „Ich habe immer meine Steuern und Abgaben bezahlt, egal zu welchem Satz, unter allen bisherigen Regierungen. Zu keinem Moment bin ich meinen Verpflichtungen nicht nachgekommen. (…) Ich habe niemanden umgebracht und mir meines Wissens nichts zuschulden kommen lassen, ich habe in 45 Jahren 145 Millionen Euro an Steuern gezahlt, ich beschäftige 80 Mitarbeiter in Firmen, die ich für sie gegründet habe und die von ihnen geführt werden. Ich bin weder zu bemitleiden noch zu rühmen, aber das Wort ‚erbärmlich‘ lehne ich ab. Wer sind Sie, dass Sie so über mich urteilen, das frage ich Sie, Herr Ayrault, Premierminister von Herrn Hollande, ich frage Sie: Wer sind Sie? Trotz meiner Exzesse, meinem Appetit und meiner Liebe für das Leben bin ich ein freier Mensch, mein Herr, und ich werde höflich bleiben.“ Steuerknüppel der Sozialisten Übrigens: Wer meint, das „Steuerparadies Belgien“ würde Ministeuern verlangen, der irrt. Gegenüber Deutschland ist Belgien ein Hochsteuerland. Der höchs - te Einkommenssteuersatz 50 Prozent greift schon ab einem Einkommen über 36.300,01 Euro, während in Deutschland erst ab 52.882 Euro 42 Prozent und ab 250.731 Euro die Reichensteuer von 45 Prozent fällig wird. Aber im Verhältnis zu den 75 Prozent in Frankreich ist der Unterschied in Belgien natürlich erheblich. Deshalb verwahrte sich der belgische Außenminister Didier Reynders gegenüber „Le Figaro“: „Ich wehre mich dagegen, dass Belgien zum Sündenbock gemacht wird. (…) Seit Jahren hat Frankreich aus freien Stücken ein Steuersystem gewählt, das seine Bürger aus dem Land treibt.“ Auch die ehemalige Ministerin der bürgerlichen Vorgängerregierung, Nadine Morano, erklärte Depardieu dagegen zum „Opfer des neuen Steuerknüppels“ der Sozialisten. „Ihr werdet den Armen nicht helfen, indem ihr die Reichen bekämpft.“ Abraham Lincoln Christian Schubert warnt in der FAZ: „Das Schröpfen von Sparern und Firmengründern, die kaum Abschreibungsmöglichkeiten haben, könnte den in Frankreich ohnehin schwach ausgeprägten Unternehmergeist gänzlich ersticken. (…) Die Steuereinnahmen werden aber erst dann wieder sprudeln, wenn die französische Wirtschaft an Wettbewerbsfähigkeit gewonnen hat“. Das hat nichts mit Wirtschaftstheorie zu tun, sondern mit gesundem Menschenverstand. „Ich mag die Reichen nicht“ Gesunden Menschenverstand hatte vor 150 Jahren schon Abraham Lincoln bewiesen, der als US-Präsident von 1861 bis 1865 die Sklaverei abschaffte und die USA auf den Weg zum modernen Industriestaat führte: „Ihr werdet die Schwachen nicht stärken, indem ihr die Starken schwächt. Ihr werdet den Arbeitern nicht helfen, indem ihr die ruiniert, die sie bezahlen. Ihr werdet keine Brüderlichkeit schaffen, indem ihr den Klassenhass schürt. Ihr werdet den Armen nicht helfen, indem ihr die Reichen bekämpft. Der Staat wird bestimmt keine Wohlfahrt schaffen, wenn er mehr ausgibt, als er einnimmt. Ihr werdet kein Interesse an den öffentlichen Angelegenheiten und keine Begeisterung wecken, wenn ihr dem Einzelnen seine Initiative und seine Freiheit nehmt. Ihr könnt den Menschen nicht dauerhaft helfen. Wenn ihr das für sie erledigt, was sie selber für sich tun sollten und könnten.“ Hollandes dagegen sagt: „Ich mag die Reichen nicht“. Rainer Zitelmann, der eine eigene Finanzkolumne publiziert, ist fassungslos: „Würden Politiker in Talkshows mit gleicher Häme über andere Minderheiten sprechen, wäre die Aufregung zu Recht groß. Stellen Sie sich nur einmal einen Moment lang vor, ein bekannter Politiker würde öffentlich verkünden „Ich mag – diese oder jene Minderheit – nicht.“ – so wie Hollande dies mit Blick auf „die Reichen“ getan hat. Das ist undenkbar, es sei denn, diese Minderheit sind nun einmal „die Reichen“. In diesem Fall kann jeder ungestraft seinen primitiven Vorurteilen freien Lauf lassen. Conquest of Paradise Unsere Gesellschaft braucht jedoch „die Reichen“, denn meistens handelt es sich um Unternehmer, die das Kapital für Investitionen bereitstellen, Arbeitsplätze schaffen und dabei erhebliche Risiken eingehen. Dafür haben sie nicht nur ein deutlich höheres Einkommen verdient als diejenigen, die weniger Risiken eingehen und keine Arbeitsplätze schaffen, sondern sie haben auch gesellschaftliche Anerkennung und Respekt verdient. Der Schulabbrecher Gerard Depardieu eroberte mit Fleiß und Konsequenz seinen Platz im Leben und im Film „1492: Conquest of Paradise“ eroberte er als Christoph Kolumbus die „Neue Welt“ Amerika. Das Paradies, das am ehesten Sicherheit und Wohlstand für alle garantiert, ist nicht der Sozialismus Walter Ulbrichts oder Erich Honeckers, sondern die soziale Marktwirtschaft Ludwig Erhards. n Dr. Helfried Schmidt 6 P.T. MAGAZIN 1/2013 1/2013 P.T. MAGAZIN 7

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