Wirtschaft und Kommunikationstechnik eine gravierende Schwäche Deutschlands liegt und es großer Anstrengungen bedarf, um zu dem Vorsprung amerikanischer und asiatischer Unternehmen aufzuschließen. Die Konzentration auf Spitzentechnologien und auf Wachstumssparten ist ein wichtiger Schritt, damit sich Deutschland auch künftig auf dem Weltmarkt erfolgreich behaupten kann. Schon aufgrund der hohen Arbeitskosten, der demografischen Entwicklung sowie mangelnder natürlicher Ressourcen wird sich das Land weiter auf die Produktion und Veredelung von Wissen spezialisieren müssen. Innovation muss, wie in den fruchtbarsten Phasen wirtschaftlicher Entwicklung, zur Kernkompetenz werden. Mehr denn je ist Innovation unverzichtbar für individuellen Unternehmenserfolg. Entwertung alter Tugenden Wissen, jedenfalls auf dem Umgang mit Informationen beruhen. Die Talente der Menschen sind jedoch unterschiedlich, und viele haben nicht die Ausbildung, Informationen nicht nur als Instrument der Anwendung, sondern als Quelle neuer Lösungen einzusetzen. Wenn man das Wissen und die Hochqualifizierung der Menschen zur wesentlichen Ressource unseres Landes erklärt, dann macht man die angelernte Arbeit allerdings zum Auslaufmodell – und dies in einer Zeit, in der die Arbeitsmarktpolitik höchste Priorität hat. Die Arbeitstugenden, die in der einfachen Produktion zum Zug kommen und die lange Zeit ganz fraglos Anerkennung fanden, werden dann entwertet. beklagten, haben seit Langem eine Vision des Landes gepflegt, in der für einfache Arbeiten kein Platz mehr ist. Auf Dauer kann jedoch kein 80-Millionen- Land es sich leisten, alle weniger qualifizierten Arbeiter vor die Tür zu setzen und zu alimentieren. Um Arbeitslosigkeit bei einfachen Tätigkeiten in Grenzen zu halten, müssen daher die Anstrengungen darauf gerichtet sein, auch die Produktion von einfachen Produkten und einfachen Arbeiten in Diejenigen, die quer durch alle politischen Lager die Werksschließungen bei AEG und Nokia beklagten, haben seit Langem eine Vision des Landes gepflegt, in der für einfache Arbeiten kein Platz mehr ist. Deutschland zu halten. Gefragt sind Arbeitsmodelle, in denen auch weniger qualifizierte Arbeitskräfte integriert werden können. Erfolg ist kein Selbstläufer Man muss aber auch anerkennen, dass der Weg in die Wissensgesellschaft zum Ausschluss Vieler aus der modernen Arbeitswelt führen kann. Es entstehen Tätigkeiten, die im gesteigerten Maße auf Falsche Visionen Die Aufteilung der Arbeit (Taylorismus) ermöglichte den Einsatz einer großen Anzahl gering qualifizierter Menschen in der Industrie und führte im 20. Jahrhundert durch die Erfolge der Massenproduktion zu Wachstum und Blüte der Industrienationen. Hier müssen die Reaktionen derjenigen, die den Verlust des Industriestandorts Deutschland bei einfachen Arbeiten, z. B. seinerzeit bei AEG in Nürnberg oder Nokia in Bochum, bedauerten, kritisiert werden. Diejenigen, die quer durch alle politischen Lager die Werksschließungen bei AEG und Nokia Die Anstrengungen müssen darauf gerichtet sein, die deutsche Wirtschaft auf breiter Front in die neuen Hochtechnologien und Informationsdienstleistungen zu führen. Dazu sind hohe F&E-Aufwendungen zielgerichtet in die Trends der Zukunft, in Gesundheit, Energie, Umwelt, Mobilität und Sicherheit erforderlich. So primär die Rolle der Unternehmer hier ist, sie brauchen darüber hinaus für den notwendigen massiven Vorstoß in die neuen Technologien ein umfassendes Zusammenwirken mit dem Staat, eine mutige Industriepolitik sowie eine staatlich finanzierte Forschung. 44 P.T. MAGAZIN 1/2011
Wirtschaft Geringqualifizierte brauchen Beschäftigung Einfache Produkte und gering qualifizierte Mitarbeiter sollten ebenfalls eine Chance in der Produktion erhalten. Hier muss der Spagat gelingen zwischen internationaler Wettbewerbsfähigkeit und heimischer Beschäftigung. Der Schlüssel dafür ist und bleibt die qualifizierte Ausbildung. Wo die Qualifizierung nicht oder nur zögerlich gelingt, sollte über Elemente des Kombilohns ein sozialer Ausgleich gewährt werden. Auch die Gewerkschaften müssen akzeptieren, dass man in der Zeit der Globalisierung nur um so viel teurer sein kann, wie man besser ist. Der Wettbewerbsvorteil wird heute vor allem in der Reduzierung der Kosten gesehen. Dabei wird das Potenzial zur Produktivitätsverbesserung durch Prozessoptimierung, durch Verbesserung der Arbeitsorganisation sowie von Flexibilität und vor allem von Qualitätsverbesserungen unterschätzt. Bei Automatisierungsvorhaben sollen produktionswirtschaftliche Überlegungen hinreichend beachtet werden: Nicht so viel Automatisierung wie möglich, sondern so viel Automation wie nötig. Der Mensch ist immer noch das flexibelste Element in jeder Fertigung. Exportquoten nach Branchen, Deutschland in % Die Umsetzung dieses Gedankens verlangt eine ausreichende Bereitschaft der Mitarbeiter und der Arbeitnehmervertretungen, flexible Lösungen zu gestalten und setzt eine vertrauensvolle Unternehmenskultur voraus. Und es sind Führungskräfte gefragt, die Mitarbeiter zu laufenden Verbesserungen motivieren und Produktion als lernende Organisation aufziehen. In Deutschland fehlen noch Visionen, Ziele und Strategien, damit die Produktion auch weiterhin Treiber für Wertschöpfung und Beschäftigung ist. Wovon wollen wir künftig leben? 2005 2007 2009 Investitionsgüter 56,0 58,0 55,9 Verarbeitendes Gewerbe 43,3 45,7 44,4 Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln 16,9 18,8 19,3 Herstellung von Textilien 42,8 45,4 44,5 Herstellung von Papier, Pappe und Waren daraus 39,4 40,7 39,0 Herstellung von chemischen Erzeugnissen 56,1 55,9 56,9 Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen 57,1 61,3 61,8 Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren 39,2 41,1 39,1 Metallerzeugung und -bearbeitung 40,6 40,0 39,9 Herstellung von Metallerzeugnissen 31,3 33,6 31,8 H.v. DV-Geräten, elektron. u. opt. Erzeugnissen 58,1 57,6 51,6 Herstellung von elektrischen Ausrüstungen 45,6 45,3 46,7 Maschinenbau 58,3 60,1 59,5 Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen 58,4 60,6 57,3 Sonstiger Fahrzeugbau 55,5 63,5 65,6 Quelle: Statistisches Bundesamt Die deutsche Wirtschaft ist durch Industriearbeit stark geworden. An der Industrie mit ihrer Produktion hängt unser Wohlstand wie an keinem anderen Sektor. Die Auswirkungen der Globalisierung und auch die derzeitige Wirtschaftskrise sind Anlass, über die Gefahr der De-Industrialisierung und damit über die Zukunft der Produktion in Deutschland ernsthaft zu diskutieren. In Deutschland fehlen noch Visionen, Ziele und Strategien, damit die Produktion auch weiterhin Treiber für Wertschöpfung und Beschäftigung ist. Die Politik, die Wirtschaft und die Öffentlichkeit müssen sich der Bedeutung der Produktion als robuster Kern für unsere Volkswirtschaft bewusst sein, die Herausforderungen annehmen und gemeinsam danach handeln. Es ist höchste Zeit, sich mehr den Kopf darüber zu zerbrechen, wovon wir künftig leben wollen – und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. ■ Prof. Bodo Eidenmüller, www.managerismus.com
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