Aufrufe
vor 8 Jahren

P.T. MAGAZIN 01/2011

  • Text
  • Unternehmen
  • Magazin
  • Deutschland
  • Wirtschaft
  • Deutschen
  • Gesellschaft
  • Menschen
  • Deutsche
  • Weltweit
  • Familienunternehmen
  • Clinton
  • Abschaffte
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

Gesellschaft „Der

Gesellschaft „Der Idee, Staat und Politiker, wenn man sie nur ließe, könnten alles richten, haben die deutschen Landesbanken, denen es an Politik-Aufsicht nicht fehlte, den Boden entzogen.“ Prof. Michael Stürmer, Historiker und Berater von Bundeskanzler Helmut Kohl Damit würden allen bösen Banken ihre gierigen Hände sofort maßgeblich gebunden! Die Antwort ist: Wir machen es nicht anders, weil dann auch unsere Politik sich selbst die Hände bände! Das systematische Axiom „fiat money“ – es werde Geld! – soll (nach derzeitigem politischen Willen) unangetastet bleiben; es soll nur für den Staat noch beherrschbarer werden. Kontrolle statt Vernunft. Der Baum namens Geldwesen wird also nicht auf ein gesundes wertgedecktes Axiom umgesetzt, sondern auf seinem falschen, ungedeckten Ort belassen; stattdessen müssen immer neue und immer gigantischere manipulierende Eingriffe an Ästen, Zweigen und Blättern seine Versetzung in eine geldpolitisch gesunde Umgebung fingieren. Schon wieder also: eine neue, kontrafaktische Fiktion! Landesbanken: Kronzeugen staatlicher Unfähigkeit versagt wäre, öffentlich Banken- und Kapitalismusschelte zu treiben. Derartige Zusammenhänge findet man indes nicht. Es soll Bürger gegeben haben, die in Anbetracht der dortigen Kapitalvernichtungen gefordert haben, die KfW zu verstaatlichen. Bitter klingen angesichts dessen die Worte Michael Stürmers: „Der Idee, Staat und Politiker, wenn man sie nur ließe, könnten alles richten, haben die deutschen Landesbanken, denen es an Politik-Aufsicht nicht fehlte, den Boden entzogen.“ Das Dilemma der Sozialisten (Foto: Regierung Liechtenstein/Roland Korner, Close Up, Triesen) Wenn und wo also z. B. der DGB-Chef und KfW-Verwaltungsrat Michael Sommer am 1. Mai 2009 ebenso wortgewaltig wie erwartungsgemäß Banken und Banker, Kapitalisten und Profiteure für die Krise verantwortlich machte, da vergaß er, seine eigene Rolle zu thematisieren. Die chinesische Tradition kennt die List, den Sack zu schlagen, doch den Esel zu meinen. von heute sind mit dem Dilemma des Zaren konfrontiert. Wie die Zaren wissen sie, dass die Wirtschaft krank ist, aber sie fürchten, ebenso wie die Zaren, dass eine Heilung des Patienten den Doktor töten wird.“ Konsequenz des Zirkelschlusses Mit Blick auf die verfassungsrechtlichen Dimensionen all dessen fällt eines dem Juristen besonders irritierend ins Auge: Geld ist heute ein rechtsfreier Raum! Dies mag den juristischen Laien zunächst erstaunen, in der Sache ist es leider exakt so. Die Tatsache, dass wir unsere Schulden – namentlich unsere staatlichen Steuern und sonstigen Abgaben – mit Geld als dem, wie es heißt, „gesetzlichen Zahlungsmittel“ zu erbringen haben, vermag bei genauer Betrachtung darüber nicht hinwegzutäuschen. Was dieses gesetzliche Zahlungsmittel „Geld“ nämlich überhaupt ist, hat der Gesetzgeber an keiner einzigen Stelle definiert. Gesetzlich ist vielmehr nur dasjenige Zahlungsmittel, das der Gesetzgeber uns – in ganzer Konsequenz des Zirkelschlusses – als solches gesetzlich vorgibt. Und dies wiederum ist „unsere“ (zwischen- oder über-)staatliche, derzeitige Währung namens „Euro“. Statt Eigentum… Diese Währung aber kann der Geldschöpfer – die staatliche Zentralbank – frei von juristischen „Belästigungen“ seitens der Staatsbürger nach eigenem Gusto herstellen. Geldmengenpolitik ist Politik. Geldmengenpolitik ist nicht Geldmengenrecht. Kein Bürger hat ein subjektiv-öffentliches Recht auf Geldwertstabilität. Darf man aber überhaupt realistisch hoffen, dass es anders wird, wenn die Aufsichtsräte der „systemrelevanten“ Banken selbst personenidentisch sind mit einflussreichen Politikern und politisierten Gewerkschaftern diverser Provenienzen? Wer z. B. einen Blick wirft auf den Verwaltungsrat der Kreditanstalt für Wiederaufbau, der findet eine faszinierende Vielzahl von Männern und Frauen, denen es eigentlich schon allein wegen ihrer dortigen Position Ob Sommer sich selber meinte, wird man sicher bezweifeln können. Und auch ob dem KfW-Verwaltungsrat Peer Steinbrück bewusst ist, dass seine militärischen Drohungen gegen die Schweiz im Kern nur Ausfluss der eigenen Hochsteuerpolitik sind, mag man bezweifeln. Vielleicht haben beide Herren aber auch längst Warren Nutters Rede zu den ökonomischen Problemen des Ostblocks aus dem Jahre 1974 gelesen, wo dieser sagte: „Die sowjetischen Führer Die Inflationierung von Geld, also die Herstellung und Verbreitung von relativ mehr Geld als der Herstellung von realwirtschaftlichen Gütern, unterliegt der grundrechtlich nicht überprüfbaren Einschätzungsprärogative der Regierung (bzw. ihrer unabhängigen Zentralbank). Würden wir das Innehaben von Geld als wirkliches, kapitalistisch-privates Eigentum auffassen und seine wertmäßige Aushöhlung durch Inflationierung als Eingriff in subjektive (kapi- 10 P.T. MAGAZIN 1/2011

Gesellschaft talistische!) Eigentumsgrundrechte verstehen, unterläge der Gesetzgeber – anders als derzeit – den allgemeinen verfassungsrechtlichen Rechtfertigungszwängen. Inflationierungen, d. h. Geldmengenerhöhungen, könnten als Eigentumsverletzung und mithin als enteignende Eingriffe gewertet werden; mit allen daraus folgenden Konsequenzen. …Manipulationsinstrument! Im Gegensatz zu dieser kapitalistischindividualschützenden Eigentumstheorie stellt sich das heute geltende Geldsystem als reines makroökonomisches Manipulationsinstrumentarium dar. Für die Regierung wird der Geldwert flexibel gehalten, um die interventionistischen (also: nonkapitalistischen) Umverteilungsprozesse mit leichter Hand umsetzbar zu halten. Wie schon gesagt: Der Staat bekämpft die diagnostizierte Gier mit der paradoxen Vermehrung des Gier-Gegenstandes, mit noch mehr Geld. Doch die Ursache seines diesbezüglichen Handelns ist nicht die intellektuelle Freude am logischen Widerspruch. Vielmehr treibt ihn seine blanke machtpolitische Angst eines generellen Kontroll verlustes. Über den Interventionsstaat, der seine nach rettenden Eingriffen jappenden Bürger behandelt wie ein schlechter Arzt einen Drogensüchtigen, statt mit Entzug und Entgiftung mit immer neuem Papiergeld, schreibt Michael Stürmer: „Regierungen fürchten finanzielle Schieflagen und ein Ende der sozialpolitischen Palliative, danach Unzufriedenheit, Unregierbarkeit und Krise der freiheitlichen Demokratie. Daher suchen sie die Beruhigungsdroge Geld, wo immer sie sie zu finden hoffen.“ Man zeige einem Sozialkundelehrer einen Einhundert-Billionen-Dollar- Schein aus Simbabwe und lasse sich erklären, wie es zu seiner Existenz hat kommen können: Warum nur sind ausgerechnet die kapitalistischen Unternehmer in Simbabwe so exzessiv und grenzenlos gierig, dass sie ihre Regierung zwingen, solche gigantischen Banknoten herzustellen? Es ist schwer, in Anbetracht des Leidens von Simbabwe nicht in heillosen Sarkasmus zu verfallen. „Je hilfloser die Menschen, desto mehr können Politiker verteilen und regulieren. Vor allem auch zu ihren eigenen Gunsten. Deshalb etikettieren sie ihre eigenen Interessen als Gemeinwohl.“ Dr. Reinhard K. Sprenger, laut FTD „der einzige deutsche Management- Guru, der den Namen wirklich verdient.“ Wo bleiben die Experten? Es fällt auf, dass die richtigen Fragen auch heute noch überwiegend von Nicht-Ökonomen gestellt werden. André Glucksmann ist Philosoph, Michael Stürmer ist Historiker. Und wenn Konrad Adam thematisiert, dass der „Währungsschnitt“ immer wahrscheinlicher werde, dann spricht mit ihm wieder kein Ökonom. Wo ist die Zivilcourage eines Wirtschafts- und Währungsexperten, der endlich ausspricht, was sich kaum länger noch verschweigen lässt? Ist das Tabu so groß? Gibt es – wie Jörg Guido Hülsmann kenntnisreich spottet – „heilige Dogmen der Geldpolitik“? Oder ist es die schlichte Verzweiflung über fehlende Auswege, die den Finanzexperten den Hals zuschnürt? Starke Bürger statt starker Staat! Der Jurist weiß, dass ein – bezeichnenderweise soeben wieder von dem Über den Autor ■ Carlos A. Gebauer (geb. 1964) studierte Philosophie, Geschichte, Sprach-, Rechts- und Musikwissenschaften. ■ Seit 1994 ist er als Rechtsanwalt tätig, vor allem für Versicherungsund Krankenhausrecht. Zusätzlich war Gebauer von 1995-2007 Notarvertreter in Duisburg. ■ Von 2002 bis zur Absetzung der Sendung 2008 wirkte er für RTL in mehreren hundert Folgen als TV-Verteidiger in der Gerichtssendung „Das Strafgericht“ mit. ■ Seit 2009 ist er Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Ärztemagazins „DER KASSENARZT“. ■ 1995 begann Gebauer parallel zu seiner anwaltlichen Tätigkeit mit dem Verfassen gesellschaftspolitischer und juristischer Texte. Er veröffentlichte in zahlreichen Zeitungen, Fach- und Publikumszeitschriften sowie Online-Magazinen. (Foto: www.sprenger.com) Alt-Keynesianer Peter Bofinger proklamierter – „starker Staat“ auf eines komplementär angewiesen ist: auf einen schwachen Bürger. Doch der Mensch der Moderne kann, darf und soll eben gerade dies nicht mehr sein. Im Gegenteil. Das Mittelalter ist vorbei! Die Moderne, der Liberalismus, der Rechtsstaat und die Demokratie sind auf einen Typus Mensch unabweisbar angewiesen: auf den starken Bürger. Auf den selbstbewussten Bürger. Auf einen Bürger, der sich selbst und seine Mitmenschen annimmt. Auf einen Bürger, der Bürgersinn hat und der ihn praktiziert. Auf einen Bürger also, der nicht Untertan ist. Auf einen Bürger, der sich nicht hilflos in die Arme eines „starken Staates“ fallen lässt und damit – „in the long run“ – das ganze Gemeinwesen gefährdet. ■ Carlos A. Gebauer - Dieser Beitrag erschien ungekürzt zuerst unter www.make-love-not-law.com - 1/2011 P.T. MAGAZIN 11

Jahrgänge