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E-Paper PT-Magazin 04 2020 Überblick behalten

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Offizielles Magazin der Oskar-Patzelt-Stiftung. Titelthema: Krisen überwinden. Motto: Überblick behalten. Juryliste 2020 abgeschlossen. Mittelstand setzt trotz Coronakrise Meilensteine. Corona und Klima: Claudia Kemfert über Krisen-Ähnlichkeiten. Datenschutz und Datensicherheit: Corona – der Durchbruch für die Digitalisierung? Stabilität und Erneuerung … in Zeiten von Krisen und schwarzen Schwänen.

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10 E-Paper 4/2020 Stabilisierung Sicherung, Tagesgeschäft Erneuerung Innovation, Disruption Ambidextrie von Stabilität und Erneuerung © piqsels.com Die spannenden Fragen lauten nun: Wie lange bleiben diese Auswirkungen akut? Was kommt danach? Wird die Welt nach der aktuellen Krise wieder wie vorher aussehen oder verändert sie sich nachhaltig? Die wichtigste Frage aber lautet nach den eigenen Möglichkeiten, wie man aus dieser Krise gestärkter rauskommt. Wie kann ein Unternehmen von dem Trend des Homeoffice profitieren, indem es beispielsweise zukünftig weniger Büroflächen benötigt oder noch einfacher Teilzeitarbeitsplätze anbietet. Warum entwickeln wir nicht dank moderner digitaler Technologien, wie der additiven Fertigung / 3D Druck, dezentrale Produktionen, in welcher wir bestimmte Rohwaren und Vorprodukte wieder selbst, kostengünstig und vielleicht sogar viel graduierter und auf Kunden individuell abgestimmt herstellen? Neue Zeiten bedingen neue Spielregeln; das offensive Angehen neuer Spielregeln benötigt aber den Willen zu neuen Wegen, zu möglichen Fehlern und vor allem viel Mut. Der Duden definiert Mut als die „Bereitschaft, angesichts zu erwartender Nachteile etwas zu tun, was man für richtig hält“. Ein übliches „benchmarken“ mit anderen Firmen, ein Nachahmen der „erfolgreichen“ Firmen oder ein Management nach Mainstream reicht nicht mehr aus. Doch fehlt es oft an diesem Mut, eher wirken vier emotionale Barrieren und behindern jegleich Veränderungen. Vier Barrieren behindern das Ausprobieren neuer Spielregeln. Hierzu zählt die Unkenntnis als ein Informationsdefizit. Denn wir alle wissen gerade nicht, wie sich unsere Unternehmen, Märkte, Gesellschaft und Land in den nächsten Monaten präsentieren werden. Werden wir rechtzeitig die nötigen Medikamente und Impfungen haben, kann die Wirtschaft die Verluste der Krisenzeit wieder aufholen, ab wann gehen wir wieder vor Ort unseren Geschäften nach, wie ändern sich die Wertvorstellungen der Mitarbeiter und die Konsumbedürfnisse der Kunden? Parallel zur Unkenntnis haben wir ein Qualifikationsdefizit, da wir eine solche Krise noch nicht erlebt haben. Viele fühlen sich überfordert, während das eigene Umfeld (wie Mitarbeiter oder Familienmitglieder) klare Antworten und Entscheidungen von einem erwarten. Wenn dann noch organisatorische Defizite wirken, wie fehlende finanzielle Mittel, unklare Entscheidungsstrukturen oder Abstimmungsbedarfe mit (weiteren) Gesellschaftern, dann folgt ein Gefühl Es gibt keine erfolgreichen Rettungseinsätze ohne die Balance von Risiko und Sicherheit. der Ohnmacht mit weiteren Ängsten. Die größte Angst entsteht aus der Emotion der Schlechterstellung. Hier geht es um die Angst vor dem Statusverlust, Arbeitsplatzverlust, Vermögensverlust bis hin zur Existenzangst. Konsequenterweise bezeichnet der Duden den Mut als die Fähigkeit, in einer gefährlichen, riskanten Situation seine Angst zu überwinden. Die Erneuerung E-Paper 4/2020

11 E-Paper 4/2020 als Erfolgsfaktor bedarf die dringende Bereitschaft, sich seinen Ängsten zu stellen. Oder wie sagte schon der Franzose Victor Hugo „Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die Chance.“ Die Mitglieder einer Organisation überwinden nur ihre individuellen Ängste durch rasche Erfolge. Dazu benötig es aber die ersten Visionäre, die mittels kleiner Projektinitiativen erste Meilensteine erfolgreich bewältigen. Wir sprechen hier von Quick Wins, aber auch von Visionären, die einfach mal anfangen, wo andere noch diskutieren und in ihren Ängsten gefangen sind. Diese Personen sind die Vorbilder für die anderen. Dabei bedeutet „Vorbild“ nicht nur Eigeninitiative, Eigenverantwortung, Präsenz vor Ort und die Funktion einer De-Eskalation, sondern besonders die Bereitschaft zu unorthodoxen Entscheidungen. Unorthodoxe Entscheidungen reichen von kleinen Investitionen in unsichere Projekte, für die es noch keinen „perfekten“ Business Plan gibt, von der Rückbesinnung auf eine eigene Fertigung von bisher outgesourcten Leistungen oder den nachhaltigen Fortsetzen von Home Office Arbeitsplätzen, eventuell sogar für eine neue Gruppe von Mitarbeitern (Teilzeit etc.). Unorthodoxe Entscheidungen betreffen zudem den Versuch, neue Märkte (wie Kundengruppen, Branchen, Regionen, Kaufmotive) anzugehen oder neue Technologien und Prozesse (wie Omnichannel, on Demand, Consumerisation, Gamification) für die bisherigen Leistungen einzusetzen. III. Balance von Stabilität und Erneuerung In Krisenzeiten gilt noch mehr die Forderungen nach einer Ambidextrie, also einer Balance zwischen Stabilität und Erneuerung. Es geht um die Stabilität gegenüber Stakeholdern, aber auch um die Bereitschaft und Vorbildfunktion zu mutigen, neuen Schritten. Die Unternehmensführung darf nicht im Krisenmodus stecken bleiben: Neue Zeiten bedingten neue Spielregeln. Hier braucht es die Bereitschaft zu mutigen Schritten sowie die Vorbildfunktion zu unorthodoxen Entscheidungen. So ist das auch in der aktuellen Corona Krise: Das Bestandsgeschäft mit Kunden, Mitarbeiter und Lieferanten gilt es zu schützen. Gleichzeitig ändern sich momentan manche Wertvorstellungen der Menschen und wir erleben eine weitere Dimension der digitalen Transformation. Diese Veränderungen bieten jenen Unternehmen neue Chancen, die dies aktiv erkennen, erproben und umsetzen. Aber das ist nichts Neues: Die klassischen Wettbewerbsstrategien fordern schon seit Jahrzehnten eine Positionierung entweder als Kostenführer (dank signifikanter Kostenvorteile und immer noch rentablen niedrigen Preisen) oder Nutzenführer (bei dem Kunden dank qualitativer oder emotionaler Mehrwerte höhere Preise akzeptieren). Nur wer mindestens einer dieser beiden Strategien erfolgreich umsetzt, überlebt in der heutigen Netzwerkökonomie. All die anderen Unternehmen, die weder Kosten- noch Nutzenführer sind, landen spätestens dank der digitalen Vernetzung, Markttransparenz und aktuellen Krisenzeiten im Sumpf der Vergleich- und Austauschbarkeit! Ein Kosten- bzw. Nutzenführer ist nur so lange in seiner Positionierung sicher, so lange er sich immer weiterentwickelt, neue Kundentrends aufnimmt und umsetzt, den Wettbewerb beobachten, die Regulatorik antizipiert und sich ja nicht auf seinen bisherigen Erfolgen ausruht. Und kommen wir noch einmal zu der Kernaussage „diese Veränderungen bieten jenen Unternehmen neue Chancen, die dies aktiv erkennen, erproben und umsetzen“, so nannte schon unser Dichterfürst Goethe drei Buchstaben, die den Weg zum Erfolg zeigen: TUN! ó Über den Autor Dr. Markus Disselkamp ist selbständiger Berater und Trainer mit einzelnen Beteiligungen an bzw. Organfunktionen in verschiedenen Unternehmen. Er promovierte an den Universitäten Fribourg (Schweiz) und Oxford (England). Seine besondere Expertise lieg in zu Fragen der „Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen“ sowie zur „Effizienz von Investitionen“. Weitere Informationen unter https://www.disselkamp.org

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