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PT-Magazin_05_2017

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Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

PT-MAGAZIN 5/2017 Gesellschaft 8 © M. Schuppich - stock.adobe.com Am Europäischen Rats und 26. Juni 2017 tritt die EU- Richtlinie 2015/849 des des EU-Parlaments „zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorfinanzierung“ in Kraft, unterschrieben von Martin Schulz als damaligem EU- Parlamentspräsidenten. Was angesichts steigender Anschlagszahlen vernünftig klingt, erweist sich leider bei näherem Hinschauen auf die 31-seitige Richtlinie als „Alle werden Spitzel - aber es bringt nix-Gesetz“. Im Detail: Die Richtlinie soll von allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in Gesetze und zu schaffenden Behörden umgesetzt werden, Maßnahmen, die das gesamte Finanzsystem quasi durchleuchten und durch Meldepflichten Geldwäsche und Terrorfinanzierung verhindern. „Verpflichtete“ sind alle, die mit „Geld, Wertpapieren oder sonstigen Vermögenswerten“ („ob körperlich oder nichtkörperlich, beweglich oder unbeweglich, materiell oder immateriell… Rechtstitel oder Urkunden in jeder … Form“, Artikel 3 Abs. 3) irgendwie beruflich zu tun haben, vom Vermietungsmakler bis zum Bankangestellten, von der Versicherung, der Bank oder der Wechselstube bis zum Händler (Artikel 2, 3). Erfasst sind alle Vorgänge, die etwas mit Geld aus Geldwäsche (erlangtes Geld aus Straftaten, also alles bis hin zur Steuerhinterziehung, Art. 3 Abs. 4 f) oder Terrorfinanzierung („Bereitstellung oder Sammlung finanzieller Mittel, gleichviel auf welche Weise, unmittelbar oder mittelbar“, Artikel 1 Abs. 5) zu tun haben. Erfasst werden natürlich auch Treuhänder, Notare, Anwälte, Dienstleister jeder Art. Ebenso Staatschefs, Führer politischer Parteien, Verfassungsrichter etc. und ihre Familienmitglieder, sofern die „politisch exponierte Person“ einen höheren Rang hat (Art. 3 Abs. 9). „Zentrale Meldestelle“ verpflichtend und totalitär Die Verpflichteten müssen zunächst „Sorgfaltspflichten“ bei z. B. der Begründung einer Geschäftsbeziehung“ oder „Ausführung gelegentlicher Transaktionen“ (Art. 11) einhalten, d. h. die Kunden maximal ausfragen/horchen, über sie recherchieren und das Ganze bewerten (Art. 13). Rechtsanwälte, Notare usw. müssen ihre Mandanten ausforschen und für gut befinden, um einzelnen Pflichten zu entgehen (Art. 14 Abs. 4). Internationale Firmen usw. müssen unter Zwangseinschaltung ihrer Führungsebene die Daten sammeln, Antiterrorkampf als Farce Die EU-Richtlinie zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung „um die Art der Geschäftstätigkeit in vollem Umfang“ zu verstehen (Art. 19), Geldherkunft selbst ermitteln und die Geschäftsbeziehung „einer verstärkten fortlaufenden Überwachung unterziehen“ (Art. 20). Die neue Stasi-Behörde, an die die Daten der Verdächtigen zu melden sind, heißt EU-bürokratisch „zentrale Meldestelle“ (Art. 32). Diese Meldestelle verpflichtet die Verpflichteten, diese „von sich aus“ und „umgehend“ zu informieren. Die Verpflichteten haben ihre Angestellten entsprechend zu schulen (Art. 46). Parieren sie nicht, verlieren sie ihre Zulassung etc. und zahlen „mindestens 1.000.000 Euro“ (Art. 59). Wer beim Bespitzeln überzieht, haftet gegenüber seinem Kunden nicht (Art. 37). Da die Richtlinie „unrechtmäßig oder auch selbst rechtmäßig erworbene Gelder“ (Vorspann Ziff. 5) erfasst, Bargeld und E-Geld (Ziff. 6 und 7), natürliche und juristische Personen, alle Formen der „Geschäftsbeziehung“ und der „Schwellenwert“ bei 100 Euro beginnt (Art. 12), ist sie im klassischen Sinne totalitär. Die betroffene Person erfährt regelmäßig nichts von den Verdachtsmeldungen (Ziff. 46). Die Behauptung, die Richtlinie stehe „im Einklang mit den Grundrechten“ (Vorspann Ziff. 65), ist daher albern. Jeder Mitgliedsstaat erhält die EU-Lizenz, eine neue „DDR“ zu schaffen. Wer, wie der Autor dieses Artikels, seit 1984 in Strafsachen tätig ist, bemerkt freilich noch eine seltsame Komponente der Richtlinie. Sie ist genau genommen nur in den Fällen sinnvoll, in denen jemand z. B. zu einer Bank kommt, und wahrheitsgemäß sagt: “Ich heiße …, mein Beruf ist Terrorist und die Million Euro stammen aus einem Bankraub

in Aleppo“. Unpolemischer formuliert: Geldwäsche versucht man seit 1991 mit bereits drei Richtlinien ohne Erfolg, aber unter Aufgabe des Bank- und Steuergeheimnisses aller Bürger, zu bekämpfen. Warum? Wegen dem kriminalistischen Fakt, dass Kriminelle sehr diskret arbeiten müssen und daher alle Nichteingeweihte gutgläubig halten. Mit jedem Verdacht, den sie bei Dritten auslösen, erhöhen sie die Gefahr der Entdeckung, der Notwendigkeit, Schweigegeld zu zahlen usw.. Das EU-Spitzelsystem ist also überwiegend untauglich, Kriminelle zu fassen. Überindividuelle Zweckidee Der SPD-Politiker Martin Schulz hätte statt seiner EU-Tagesgeldformulare besser die Worte des SPD-Vordenkers Gustav Radbruch lesen sollen: „Von 1933 bis 1945 wurde immer wieder verkündet, dass Recht alles sei, was dem Volke nützt. Damit wurde in extremster Form die überindividuelle Zweckidee betont, der kompromisslose Standpunkt des Gemeinwohls und der Macht, die völlige Leugnung der individuellen Menschenrechte. Es ist dies ein Beispiel der Überhebung des Zweckgedankens über die Gerechtigkeit.“(Gustav Radbruch, „Vorschule der Rechtsphilosophie“, 2. Auflage 1959, Seite 32). Die neue EU-Richtlinie benennt ganz klassisch einen überindividuellen Zweck, um in Kenntnis von dessen Unerreichbarkeit die Rechte der Millionen neu geschaffener Hilfspolizisten (sie investieren Geld und Arbeit ohne Lohn) und ihrer Abermillionen Kunden (sie werden bespitzelt und sollen nichts davon wissen und sich nicht wehren dürfen) zu beschneiden, am Wirtschaftsverkehr teilnehmen zu können. Die Bürokratieerfordernisse des neuen Gesetzes (Schulen, Daten sammeln, Aushorchen, Melden) sind vom „kleinen“ Mittelstand nicht zu erfüllen. Jeder Diktator, der in der EU demnächst an die Macht kommt, hat dagegen Grund zur Freude. ó Über den Autor Dr. Volker Gallandi ist Rechtsanwalt und Buchautor. Er beschäftigt sich unter anderem mit Staatsschutzdelikten und Pressefreiheit. Seine Kanzlei sitzt im hessischen Gorxheimertal. 9 PT-MAGAZIN 5/2017 Gesellschaft • Konzept-Entwicklung- Konstruktion • Qualitätsplanung- Erprobung-Bemusterung •Projektmanagement •Serienfertigung Kunststofftechnik Backhaus GmbH Waldheimstraße 8 58566 Kierspe Tel: 023 59 – 906-0 Fax 049 23 59 – 75 79 E-Mail:info@kb-backhaus.de 2014 www.kb-backhaus.de

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