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P.T. MAGAZIN 02/2015

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Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

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Foto: robert / fotolia.com Kompetenz für Kommunen Konstruktive Wirtschaftsförderung ist vor allem im kommunalen Bereich ein unabdingbarer Erfolgsfaktor. Heiner Kleinschneider zeigt in seinem Buch, dass auch ehemals strukturschwache Regionen das Zeug zum Sieger haben Foto: © Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Borken mbH Aufsichtsrat der Wirtschaftsförderungsgesellschaft bei Firma Spaleck in Bocholt. Foto: © Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Borken mbH Dr. Heiner Kleinschneider Wirtschaft 30 Jedes Jahr verleiht die Oskar-Patzelt-Stiftung im Rahmen des „Großen Preises des Mittelstands“ den Preis „Kommune des Jahres“ um die besten Konzepte zur Weiterentwicklung der regionalen Infrastruktur zu würdigen. 2012 konnte Dr. Heiner Kleinschneider, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Borken mbH, den Preis für die Premier-Kommune des Jahres entgegennehmen. Seine langjährigen und profunden Erfahrungen hat Kleinschneider jetzt in einem Buch zusammengefasst. Unter dem Titel „Grundlagen und Praxis der kommunalen Wirtschaftsförderung“ gibt der Wirtschaftsexperte hier wertvolle Einblicke und Hinweise zur strukturellen Entwicklung und Verbesserung von Kommunen. Das P.T. Magazin sprach kürzlich in einem Interview mit Kleinschneider über den Umgang mit Standortnachteilen, die Bedeutung regionaler Wirtschaftsentwicklung und die Rolle des unternehmerischen Mittelstandes. P.T.: Was hat Sie veranlasst, ein Buch zur kommunalen Wirtschaftsförderung zu schreiben? Dafür gibt es zwei ganz einfache Gründe: Zum einen ist die Wirtschaftsförderung eine der wichtigsten kommunalen Aufgaben, deren Bedeutung aber gelegentlich in Politik und Verwaltung unterschätzt wird. Zum anderen besteht Informationsbedarf – kompakt und praxisorientiert. Außerdem – das ist noch ein dritter Grund – hat es mir Freude gemacht, dieses Werk zu schreiben. Wer sind die Käufer Ihres Buches? In erster Linie natürlich Wirtschaftsförderungen – für den eigenen Gebrauch, zur Information von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ebenso auch zur Weitergabe an Kommunalpolitiker, Bürgermeister und Verwaltungsleitungen. Kammern, Verbände und Kreditinstitute zeigen ebenfalls Interesse. Und natürlich auch Unternehmer und Unternehmerinnen, die sich um die Wirtschaftsförderung Gedanken machen. Wie kann kommunale Wirtschaftsförderung die örtliche und regionale Wirtschaftsentwicklung voranbringen? Indem konkrete betriebliche Unterstützung gegeben wird. Und indem die wirtschaftsorientierte Infrastruktur möglichst gut gestaltet wird. Nehmen Sie zum Beispiel die Gründungsberatung. Gut beratene Gründer gründen besser – das ist eine Binsenweisheit. Und deren Unternehmen zeigen bessere Entwicklungsmöglichkeiten. Oder nehmen Sie die Innovationsberatung: Ich könnte auf Anhieb Dutzende Unternehmen aus „meiner“ Region nennen, die durch Innovationsberatung und Innovationsunterstützung deutliche Entwicklungssprünge erzielen konnten. Und konsequent expandiert haben. Die Bereitstellung von Gewerbeflächen oder auch die Ausstattung mit schnellen Datenleitungen sind weitere Arbeitsfelder, deren Wirkung auf Beschäftigung und Arbeitsplätze auf der Hand liegt. Und vieles mehr… Was Ihre Region betrifft: Der Kreis Borken im Münsterland gilt inzwischen als Beispiel dafür, wie Strukturprobleme überwunden werden konnten. Zu Recht? Die Fakten sprechen für sich. Vor 30 Jahren war der Kreis Borken wirtschaftlich eher ein Armenhaus. Die dominierenden Branchen „Textil“ und „Bekleidung“ schrumpften dramatisch, und die Grenzlage zu den Niederlanden galt als gravierender Standortnachteil. Seither hat sich der Kreis Schritt für Schritt zu einem wirtschaftlichen Tausendfüßler gewandelt – mit moderner Branchenstruktur, hoher Gründungsintensität und spürbarer Innovationsdynamik. Wirtschaftliches Rückgrat sind weltweit operierende mittelständische Unternehmen. In diesen 30 Jahren ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze um fast 60 % gestiegen – bei einem gleichzeitigen Rückgang der zuvor dominierenden Branchen um über 70 %. Die Schaubilder zeigen die Dynamik der Wirtschaftsentwicklung im Kreis Borken im Vergleich zu Bund und Land. 160 150 140 130 120 110 Index am 30. Juni 1984 = 100 Kreis Borken Westdeutschland Land NRW 100 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Entwicklung der Beschäftigtenzahl seit 1984 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort Quellen: Bundesagentur für Arbeit und Kreis Borken (15.2 - Kreisentwicklung) Kann man diesen Erfolg auf die kommunale Wirtschaftsförderung zurückführen? Zunächst ist das natürlich ein Erfolg der Unternehmerinnen und Unternehmer gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die kommunale Wirtschaftsförderung auf Orts- und auf Kreisebene hat hierfür wichtige Rahmen- P.T. MAGAZIN 2/2015 P.T. MAGAZIN 2/2015 bedingungen geschaffen, wie sie zum Beispiel in meinem Buch beschrieben werden. Aber auch andere haben tatkräftig zum Erfolg beigetragen, etwa Hochschulen, Kammern und Verbände, die Kreditwirtschaft, Bildungseinrichtungen, beratende Berufe, staatliche Verwaltungsstellen und Fördermaßnahmen. Nicht zu unterschätzen war und ist dabei auch das persönliche Engagement der Beteiligten, und zwar auf allen Ebenen. Für den Kreis Borken mit einer 106 km langen Grenze zu den Niederlanden kommt hinzu, dass diese Grenze durchlässig geworden ist. So wurde aus einer Randlage in Deutschland eine zentrale Lage in Europa. Die Exportquote kann allerdings mit den Vergleichswerten von Bund und Land nicht mithalten. Überrascht Sie das? Nein. Das Exportverhalten passt zu der relativ kleinteiligen und mittelständisch geprägten Wirtschaftsstruktur. Es ist aber durchaus bemerkenswert, wie die Quote – ausgehend von einem sehr geringen Niveau – dynamisch angestiegen ist. Da 50% Deutschland 45% Land NRW 40% 35% 30% 25% Kreis Borken 20% 1995 2000 2005 2010 Exportquote im Verarbeitenden Gewerbe seit 1995 in Betrieben mit im Allgemeinen 20 und mehr tätigen Personen Quellen: Statistisches Bundesamt, IT.NRW und Kreis Borken (15.2 - Kreisentwicklung) zeigt sich, wie stark inzwischen selbst kleine und mittlere Unternehmen auf den Weltmärkten unterwegs sind. Und man muss bedenken, dass viele dieser Unternehmen als Zulieferer für deutsche Hersteller arbeiten, deren Produkte dann exportiert werden. Diese Zulieferungen an heimische Kunden werden statistisch natürlich nicht als Exporte gezählt . Die Bedeutung der kommunalen Wirtschaftsförderung hat der nordrheinwestfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin in einem Gespräch mit Ihnen ausdrücklich bestätigt. Ja. Ich habe ihm vor kurzem ein druckfrisches Exemplar meines Buches übergeben. Dabei hat er auf die Rolle hingewiesen, die die heimischen innovativen Mittelständler für die Wirtschaftsdynamik innehaben. In dem Gespräch hat er ausdrücklich betont, wie wichtig und unverzichtbar die enge Zusammenarbeit des Wirtschaftsministeriums NRW mit den kommunalen Wirtschaftsförderungen sei. Ist das Buch ein Rezeptbuch für erfolgreiche Wirtschaftsförderung? Wer ein Rezeptbuch sucht, wird enttäuscht sein. Aber nur auf den ersten Blick. Wirtschaftsförderung „von der Stange“ gibt es nämlich nicht. Es kommt immer auf die jeweiligen regionalen Strukturen an, auf vorhandene Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken. Daran muss sich die Wirtschaftsförderung orientieren. Das macht die Aufgabe reizvoll, aber auch anspruchsvoll. Dabei leistet das Buch praktische Hilfestellung. Man erhält Orientierung und Wegweisung. Was antworten Sie denen, die die Wirtschaftsförderung als Aufgabe sehen, bei der man in Zeiten knapper Kassen sparen könne? Das ist eine falsche Sicht der Dinge. Man muss vom Ergebnis her denken. Wirtschaftsförderung ist eine Investition in die ökonomische Zukunft der Region. Wer nicht ausreichend investiert, verliert den Anschluss. Der Nutzwert Ihres Buches für Wirtschaftsförderer, Bürgermeister und Kommunalpolitiker liegt auf der Hand. Aber ist das Buch auch für mittelständische Unternehmer lesenswert? Unbedingt. Und ich empfehle, es gegebenenfalls auch an die politischen Entscheidungsträger vor Ort weiter zu geben. Zumindest dann, wenn man die kommunalpolitische Diskussion um die bestmögliche Wirtschaftsförderung bereichern will. • Herzlichen Dank für das Gespräch. Über das Buch: Heiner Kleinschneider: „Grundlagen und Praxis der kommunalen Wirtschaftsförderung“. NeomediaVerlag, 80 Seiten, 19,80 Euro ISBN: 978-3931334239. Erhältlich unter komm.wirtschaftsfoerderung@gmail.com

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