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P.T. MAGAZIN 02/2012

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Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

Sozial oder

Sozial oder sozialistisch? Sozialismus in Theorie und Praxis, Wunsch und Wirklichkeit Gesellschaft Lenin war der Vordenker des von Stalin vollstreckten Terrors. Er forderte am 17. Mai 1922, „offen eine prinzipielle … These aufzustellen, die … die Rechtfertigung des Terrors, seine Notwendigkeit … motiviert. … Die Formulierung muss so weitgefasst wie möglich sein …“ Millionen Tote waren die Folge Was ist der Unterschied zwischen sozialistisch und sozial? Die üblichen Definitionen aus der Sicht von Elfenbeinturm-Theoretikern scheinen mir wenig hilfreich, wenn es um die erlebte Freiheit oder Unfreiheit eines durchschnittlichen Bürgers geht. (Foto: Bundesarchiv, Bild 183-71043-0003/CC-BY-SA) Was ist der Unterschied? Sozialistisch kann wohl kaum ein Synonym für sozial sein. Sozialistisch unterscheidet sich m. E. von sozial in ähnlicher Weise wie sich nationalistisch von national unterscheidet. Was unterscheidet sozialistisch von sozial heute für die Mehrzahl der deutschen Bevölkerung? Was ist der Unterschied für uns, die produktiv arbeiten oder ein Leben lang gearbeitet haben? Was unterscheidet sozialistisch von sozial für uns durchschnittliche Menschen, die aufgewachsen sind auf dem Fundament europäischer Kultur? Aufgewachsen in einer Kultur mit griechisch-römischen Wurzeln, jüdischem und arabischem Wissen und christlicher Tradition. Ein Blick in die Vergangenheit Aus heutiger Sicht, eingedenk der Überlieferungen der letzten fünf Arbeits- Generationen, möchten wir in unseren Gemeinwesen soziale oder sozialistische Ziele verfolgen und verfolgt wissen? Diese Fragen kann eigentlich jeder nur für sich persönlich beantworten. Aber wir wollen hier versuchen einen gemeinsamen Nenner zu finden, wenn wir in die Vergangenheit schauen. Beginnen wir mit einer provokanten Formulierung: Sozial ist, wer selber gibt. Sozialistisch ist, wer anderen wegnimmt oder wegnehmen will. Selbstverständlich sehen eingefleischte Sozialisten das anders. Sie vertreten je nach Temperament kurz, kernig und falsch oder wortreich und wissenschaftlich die alten Thesen des gutgläubigen theoretischen Vorsatzes aus der Zeit der Erfindung des Sozialismus als Ersatzreligion. Wenn wir heute die durch die Industrialisierung deutlich gewordenen sozialen Probleme des 19. Jahrhunderts betrachten, müssen uns die Ideen von Karl Marx und Friedrich Engels faszinieren. Aber in der Praxis hat die Idee des Sozialismus leider nicht funktioniert. Bürden der Vergangenheit Wieso wird derzeit die Mehrheit der europäischen Staaten seit Jahrzehnten von Parteien dominiert oder gebremst, die sozialistische Ziele haben? Was treibt die verantwortlichen Menschen dazu, trotz des allgemeinen Wissens um die Unbrauchbarkeit des Sozialismus in Vergangenheit und Gegenwart? Ein Blick in die Vergangenheit könnte uns der Antwort auf diese Frage näher bringen. In Deutschland hatten die Sozialdemokraten viele der von ihren Gründern gesetzten Ziele für mehr Gerechtigkeit in der Arbeitswelt schon zur Kaiserzeit auch im 19. Jahrhundert erreicht, ohne Revolution. Anders dagegen kam mit Lenin der Sozialismus 1917 in das zaristische Russland. Dieser Sozialismus kam als Revolution. Er kam als Vorstufe zum allein selig machenden Kommunismus. Schließlich ist die UDSSR nach gut 80 Jahren am Sozialismus ideell und wirtschaftlich zugrunde gegangen. Aber in diesen acht Jahrzehnten hat die UDSSR vielen Staaten in Europa „kommunistischen Sozialismus“ implantiert und damit ein Feld für den sozialistischen Glauben bereitet. Sozialismus nur mit Diktatur Hitler soll sich mit Stalin gut verstanden haben. Beide hatten die gleiche Meinung, dass sozialistische Ziele nur mit Diktatur erreicht werden könnten. Beide hatten imperialistische Visionen. Das kommunistisch-sozialistische Russland war das Lehrbeispiel für Hitler und seine Mordgesellen. Die deutschen National- Sozialisten haben den kommunistischen Sozialisten nicht alles nachgemacht. Sie versuchten auch aus den Fehlern der russischen Kommunisten zu lernen. Also verkündeten die Nazis, sie würden die Unternehmer nicht enteignen. Offizielle Enteignung wäre letztlich auch völlig überflüssig und hinderlich gewesen: Wozu soll man enteignen, wenn man den Eigentümer, der nicht den Weisungen der Partei Folge leistet, problemlos zwingen, ausschalten oder liquidieren kann. Politische Gegner umbringen und internieren, das konnte man ungeniert, wenn man nur erst am Drücker war. Und wie kam man an fremdes Vermögen? Reiche Zaren hatte Deutschland nicht. Kaisers, Königs und Fürstens hatten längst abgedankt. Aber im deutschen Volk gab es jüdisch-stämmige Familien, von denen viele aufgrund ihrer Tüchtigkeit zu ansehnliche Wohlstand gekommen waren. Aus heutiger Sicht war die "Reichskristallnacht" das Fanal mit dem das sogenannte Dritte Reich in der kurzen Zeit von 1933 bis 1945 in den ersten sozialistischen Selbstmord geführt wurde. Die Deutschen insgesamt wurden letztlich von den Nazis beraubt. Niemand hat den Generationenbetrug deutlicher gemacht als Klaus Staeck. Die Grafik ist auf www.klaus-staeck.de erhältlich. Der Zug der Lemminge Dass mehr Ausländer als Deutsche umgebracht wurden, bleibt die Schande auch noch meiner Generation. Der zweite sozialistische Selbstmord spielte sich in der Deutschen Demokratischen Republik ab und währte von 1945 bis 1989. Dieser Zug der Lemminge war "harmloser". Es wurden wesentlich weniger Menschen ermordet. Aber jeder Einzelne, der ermordet wurde, war einer zu viel. Wenn Deutsche aber heute noch sozialistisch denken, trotz unserer schlechten Erfahrungen in der Zeit des Sozialismus der Nazis und der DDR, dürfen wir uns nicht wundern, dass viele unserer Partner in der Europäischen-Union sozialistische Politik machen. Sozialismus gemessen am Basis-Prinzip. Entscheidungsfindungen in Familie, Unternehmen und öffentlich-rechtlichen Institutionen können wir am Basis-Prinzip messen. Basis- Prinzip bedeutet ständige Förderung aller Mitglieder der jeweiligen Gemeinschaft. Ins Hintertreffen kommen auch Staaten, in denen die Entscheidungsfreiheit und die Möglichkeit ihrer Bürger von der eigenen Arbeit zu leben beschränkt ist. In den ersten Jahren nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland kam zunächst kein Politiker auf die Idee, dass der Staat Schulden machen sollte, um Wahlversprechen zu finanzieren. Rücklagen von Parteien geplündert Solange wir noch Reparations-Zahlungen wegen des verlorenen Krieges zu leisten hatten, war es für den Staat schließlich auch nicht möglich weitere Schulden zu machen. Staatsschulden waren auch in Erinnerung an die Inflationen nach jedem der beiden Weltkriege eigentlich undenkbar. Also wurde möglichst kein Geld versprochen oder ausgegeben, was nicht schon eingenommen worden war. So bildete die Bundesrepublik Deutschland also Rücklagen für schlechte Zeiten. Diese Rücklagen wurden entdeckt, von den Parteien geplündert und anschließend eifrig Schulden gemacht. In einem Bundesstaat mit mehr als zwei Bundesländern muss statistisch jedes Jahr Wahlkampf geführt werden. Zumindest jeder Abgeordnete dessen berufliche Existenz von der Wiederwahl abhängig ist, wird stets bemüht bleiben, seine Wähler davon zu überzeugen, dass er auch zukünftig der bestmögliche Kandidat für sie ist. Und so hat sich langsam der Irrglaube eingeschlichen, dass Die sieben simultanen Therapien für den kranken Wohlstandskoloss Deutschland nach Helmut Schmidt: Umverteilung eine hervorragende Sache ist. Umverteilung funktioniert aus mehreren Gründen hervorragend: 1. In fast jedem von uns steckt ein soziales Können und Wollen das auch soziale Akzeptanz beinhaltet. 2. In jedem von uns steckt eine Potenz Neid. 3. Die Umverteilung kann gefahrlos aus "sozialen Gründen" versprochen werden. n Wiederherstellung der Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen n Abbau von Staatsaufgaben (Subventionen) n Beseitigung steuerlicher Ausnahmen n Herstellung von Steuerdurchsichtigkeit, Steuersenkung n Wiederherstellung von Flexibilität am Arbeitsmarkt n Wiederherstellung von Solidarität zwischen Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Staat n Die Erneuerung aber nicht Beseitigung der Sicherungssysteme (Foto: Wikimedia/C -3.0/Aconcagua) 14 P.T. MAGAZIN 2/2012 2/2012 P.T. MAGAZIN 15

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