Aufrufe
vor 5 Jahren

PT-Magazin 01 2019

  • Text
  • Unternehmen
  • Wirtschaft
  • Goethe
  • Schweiz
  • Mittelstand
  • Menschen
  • Zeit
  • Mitarbeiter
  • Kommunikation
  • Stiftung
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

PT-MAGAZIN 1/2019 Wirtschaft 44 Bedarf es noch „Leitsätze guter Führung“? Unternehmens- und Mitarbeiterführung wandeln sich. Heben sich Hierarchien auf? Offenkundig ja; denn die Nachfrage danach erfreut sich einer Art Dauerkonjunktur mit hohem Wellengang. Erstaunlich insofern, als seit einigen Jahren das postheroische und hierarchiefreie Zeitalter in Unternehmen ausgerufen und inzwischen mit egalisierenden Prozeduren experimentiert wird. Konsequenterweise wird im Horizont von Netzwerk- und Plattformorganisation nicht nur von Führungskräften, sondern auch Mitarbeitern Führungskompetenz verlangt. Das Hauptargument stellt darauf ab, dass selbstbestimmtes Arbeiten sowie laterales, kollegiales Führen zunehme und zudem jeder Experte qua Teamführung in Führungsverantwortung gelangen könne. Konvergieren also zentrale Anforderungen, und werden obige „Leitsätze“ an „offizielle“ Führungskräfte obsolet? Dazu erste Überlegungen. Die Zuschreibung „gut“ wird gemeinhin auf Menschenführung bezogen und zielt auf individualisierte Mitarbeiterführung. Unter dem Label „Digital Leadership“ und „Agile Führung“ weitet sich der Zuschreibungsraum auf Personen(kreise), Kompetenzen und sämtliche Aspekte, die unternehmerischen Erfolg anvisieren. Konvergenz von Anforderungen Gewünschte Kompetenzen (Fähig-, Fertigkeiten) und Befugnisse von Mitarbeitern im so genannten digitalen Zeitalter umfassen Facetten, die sich mit denen von Führungskräften in einem Ausmaß decken, das die Frage nahelegt, inwiefern es noch Unterschiede gibt. Peter Drucker, der vielen Personalern und Beratern als Autorität gilt, ebnete die Unterschiede bereits vor gut drei Jahrzehnten ein, indem er meinte, Führung sei auf jeden einzelnen Angestellten verteilt. Heutzutage deuten Etiketten oder Rollenzuschreibungen die Konvergenz an. Führungskräfte und Mitarbeiter werden positioniert in den Rollen Dirigent und Treiber, Akteur und Leader, Prozessgestalter und Moderator, Katalysator und Innovator und gelten gleichermaßen als Vorbereiter für „Disruption“. Führungskräfte wie Mitarbeiter sollen zudem neben personaler Souveränität und Integrität fachliche, methodische, kollaborative/kooperative und soziale Fertigkeiten beherrschen, die das Unternehmen „weiterbringen“ und sollen bei alldem über das persönliche Wirkumfeld hinausschauen. Die Argumentation stützt sich auf die vom rasanten Wandel technologischer Optionen getragene Veränderlichkeit von Grenzen und Strukturen, Routinen und Prozedere, von Fähigkeiten und Fertigkeiten, sowohl in Bezug auf personale Anforderungen als auch kollektive Leistungszumutungen. Betroffen sind beide Gruppen. Führungskräfte wie Mitarbeiter sind aufgerufen, sich in einem Umfeld zu bewähren, das sich auszeichnet durch wechselnde sachliche, kognitive, kommunikative und interaktive Anforderungen, sowie erhöhten Bedarf an unternehmerisches Denken und Handeln. Demnach fallen grundsätzliche Schlüsselqualifikationen zusammen. Zu ihnen gehören Souveränität und Integrität der Persönlichkeit im Umgang mit sich selbst wie mit anderen Personen. Weitere Schlagworte sind Resilienz als Fertigkeit, aus Enttäuschungen und Scheitern gestärkt hervorzugehen („an ihnen wachsen“), Empathie als Einfühlung und soziale Kompetenz als Fertigkeit, kommunikativ und interaktiv konstruktiv und in Konfliktfällen moderativ lösungsorientiert zu agieren. Auch kognitive Offenheit („lebenslanges Lernen“), analytisches, strategisches und systemisches Denken stehen hoch im Kurs und werden flankiert von der Anforderung, neben Fach- und Methoden- auch Toolkompetenz stets à jour zu halten. Darunter fallen zunehmend digitale Tools wie etwa Kanban und Scrum (Kollaboration), Design Thinking (kundenfokussierte Innovation) oder Blue Ocean (Strategie). Als regulative Ideen für unternehmensweite und nachhaltige Zusammenarbeit auf allen Ebenen, über sie hinweg und auch Unternehmensgrenzen überschreitend gelten Ambidextrie, New Work, Soziokratie, Holakratie und Liquid Leadership. In diesem Umfeld wird auch von Mitarbeitern verlangt, innerhalb ihres Verantwortungsbereichs gleichsam „visionär“ zu denken, eigene Initiativen entsprechend einzuordnen und aufzusetzen. Karrierepolitisch verlagert sich der Schwerpunkt auf Expertenlaufbahn, Wegfall von Stellenbeschreibungen und „Führen auf Zeit“, einschließlich der „demokratischen Wahl“ von Führungskräften, und auf ein Verständnis, das jede Arbeit Führung impliziert. Austauschbarkeit von Rollen? In diesem Rahmen erscheinen Funktionen und Rollen austauschbar. Die Austauschbarkeit der Rollen Mitarbeiter/ Führungskraft demonstriert die Praxis dort, wo es kaum oder keine Linienstruktur mehr gibt, Unternehmen als Netzwerke organisiert sind oder so stark projektorientiert, grenzüberschreitend, interdisziplinär in- und extern, ferner mit Start-ups, Inkubatoren etc. arbeiten, dass personelle Zusammensetzung und die Besetzung von Führungsfunktionen häufigen Wechsel erfahren. Zu den Insignien der Austauschbarkeit gehört charakteristischerweise ein völliges oder weitestgehend selbstbestimmtes, selbst organisiertes Arbeiten, was sowohl fachliche Arbeit als auch Führung umfasst. Das Experimentieren mit der Wahl von Führungskräften ist ein weiterer Hinweis auf die Auffassung prinzipieller Austauschbarkeit (denn hier kann jeder Mitarbeiter zur Führungskraft gewählt werden). Sind „Leitsätze guter Führung“ noch zeitgemäß? Nein und Ja. Zwar erschöpfen sich Antworten keinesfalls in dieser binä-

© Coloures-Pic - stock.adobe.com ren Codierung. Indes sprengte eine differenzierte und um weitere Antwortoptionen auf „Jein“ im Sinn des Sowohlals-auch den hiesigen Rahmen. Daher erste Pointierungen im Rahmen der binären Logik. Nein – nicht zeitgemäß Nein aufgrund der hohen Übereinstimmung wesentlicher Attribute, die gemeinhin „gutes Führen“ (mit-) beschreiben. Nein, sofern der Trend zur Einebnung von Unterschieden fortschreitet, Führung zur Wahl gestellt wird (Demokratisierung qua Mehrheitsprinzip), Führung unabhängig von Rang, Verantwortungsbereich, Rolle und Funktionsgewichtung bestimmt und insofern standardisiert wird („Jeder führt“). Nein, sofern die Entwicklung einer netzwerkähnlichen, projektorientierten, modular in wechselnden Konfigurationen organisierten (Plattform-) Wirtschafts- und Arbeitsweise realisiert und konsequent selbstbestimmt im Horizont strategischer/visionärer Vorgaben agiert wird und Unterschiede bezüglich (Entscheidungs-) Macht und anderer Befugnisse wegfallen. Nein, wenn gewährleistet ist, dass alle Betroffenen nicht nur die unternehmerische Sicht einnehmen, sondern wie Unternehmer leben, denken und handeln. Dazu gehört neben exquisit unternehmerischen Fertigkeiten ein direkter oder vermittelter Zugang zu allen Informationen, Personen, Beziehungsnetzwerken und –zirkeln, die unternehmerisch bedeutsam, erfolgskritisch sein können. Gemessen an allein schon diesen Überlegungen erscheint es unmöglich, auf Hierarchie, asymmetrische Verteilung von Wissen, Macht, Verantwortung und damit auf Führungsleitlinien zu verzichten. Diese müssen allerdings – entgegen dem herkömmlichen Diskurs – positionell und funktionell spezifiziert werden. Exakt hierin ist zugleich ein Ja begründet. Ja – noch zeitgemäß Ja in einem Arbeitsumfeld, zu dessen Charakteristika gehören: der Wechsel von Partnern, Kollegen etc., unternehmensüberschreitendes Kooperieren (bis hin zur Auflösung traditioneller Unternehmensidentität), Entscheiden und strategisches sowie langfristiges, nachhaltiges Aufgleisen von Geschäftsmodellen und Entwicklungen, von Produkten und Diensten, was umfassendes Wissen mitbedingt, auch über geopolitische und –wirtschaftliche Parameter. Hier braucht es formelle Führungskräfte mit unterscheidbaren Kompetenzen und Zugängen, Funktionen und Befugnissen. Mitarbeiter wären schlicht überfordert, zumal sie als Spezialisten primär ihr Expertentum aktuell halten, vertiefen, effektiv und effizient einsetzen sollen. Die Überforderungsthese wird gestützt von Untersuchungen, die belegen, dass Klagen über „zu viel Stress“ infolge „agiler“ Arbeitsmethoden zugenommen haben. ˘ 45 PT-MAGAZIN 1/2019 Wirtschaft Mecklenburg- Vorpommern genießen! Globus Rostock/Roggentin arbeitet seit vielen Jahren eng mit seinen regionalen Lieferanten zusammen. Bei uns können Sie Mecklenburg-Vorpommern schmecken & genießen. Wir verkaufen aber nicht nur Produkte ... Wir stellen sie auch selber frisch vor Ihren Augen her! Das schafft Vertrauen und sichert tägliche Frische. An unseren Theken finden Sie ein breitgefächertes Sortiment und eine Vielzahl an hauseigenen Herstellungen. Grundlagen für die Eigenproduktionen sind Rezepte von unseren Mitarbeitern. Gutes von Hier - so schmeckt Heimat! 2014 www.globus.de GLOBUS – Mehr als nur ein Warenhaus! Mit Verantwortung für die Region & die Gesellschaft

Jahrgänge