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P.T. MAGAZIN 01/2014

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Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

Handwerker ohne Grenzen

Handwerker ohne Grenzen Aufbauhilfe in Osteuropa, Ernährungshilfe in Asien oder Bauprojekte in Afrika: Bei der internationalen Entwicklungszusammenarbeit ist das deutsche Handwerk gefragt wie nie zuvor Wirtschaft 50 (Foto: Handwerker ohne Grenzen) Deutsche Zimmermänner leisten ehrenamtlich Entwicklungshilfe in Afrika Eine Schule gebaut in nur sechs Tagen Rund 13 Milliarden Dollar betrug das deutsche Budget für internationale Entwicklungszusammenarbeit im Jahr 2012. Daneben bringen Privatspenden an Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz oder die Welthungerhilfe Milliarden zusammen. Doch hilft Deutschland nicht nur mit Geld- und Sachspenden. Tausende ehrenamtlich arbeitender Fachkräfte in Krisengebieten und Schwellenländern helfen bei Bauprojekten und Katastrophenvorsorge. Unter ihnen auch zahlreiche Handwerker, die mit ihrem Know-how und ausgeprägtem Teamwork nicht selten zu Hoffnungsträgern werden. Drei Beispiele darüber, was das deutsche Handwerk auch außerhalb von Deutschland leistet . Eine Schule in sechs Tagen „Kleiner Segen“ heißt die Vorschule etwa 300 Kilometer östlich von Johannesburg. Hier unterrichtet Emelda Mokoena 300 Kinder des Armenviertels von Witbank und will ihnen helfen, den Weg aus der Armut der Townships zu finden. Dass Mokoena dieser Aufgabe nachgehen kann, ist auch dem Zimmerermeister Stefan Zimmermann zu verdanken: „Im Frühjahr 2011 bin ich auf Frau Mokoenas Schulprojekt in Südafrika hingewiesen worden und habe daraufhin die Organisation für die Errichtung eines Schulgebäudes übernommen“, erklärt er. Ein halbes Jahr lang arbeitete der Handwerker mit seinem Team unentgeltlich an den Bauplänen, besorgte nötige Baumaterialien und löste logistische Herausforderungen. „Mit dem Werkzeug im Handgepäck flogen meine drei Azubis nach Witbank, um das Schulgebäude zu errichten“, sagt Zimmermann bewegt vom Engagement seiner Lehrlinge. Mit der Hilfe der Einheimischen bauten diese in nur sechs Tagen einen zweistöckigen Holzpavillon auf Stelzen. Zimmermann hielt von Deutschland aus Kontakt und reiste zur Endabnahme selbst nach Südafrika: „Das Resultat war überwältigend […] Diese Leistung hat uns alle stolz gemacht.“ Noch am Tag der Einweihung beschloss Zimmermanns Team ein weiteres Schulgebäude zu errichten und kehrte ein Jahr später in das Township zurück, um einen weiteren Bau samt Verbindungsbrücke zu errichten. 2014 will Zimmermann die Schule sogar um ein drittes Gebäude erweitern: „Das Elend in den Townships macht natürlich auch vor den Kindern nicht Halt. Unsere Arbeit soll ihnen einen kleinen Ort der Zuflucht und der Zukunft schaffen“. Ein Konditormeister in China Nicht nur junge Zimmermänner leisten wichtige Aufbauhilfe. Auch zahlreiche pensionierte Handwerker engagieren sich ehrenamtlich. Einer von ihnen ist Konditor- und Bäckermeister Hans- Herbert Dörfner, der sich in China um wichtige „Fragen der Volksernährung“ kümmert. Gemeinsam mit chinesischen Bäckern erprobt der 69-Jährige Rezepte für die fernöstliche Herstellung von Weizenprodukten. „Das Getreide ist einfacher anzubauen als Reis und daher für die Chinesen ein interessanter, aber oftmals noch unbekannter Rohstoff“, so Dörfner. Zu seinem außergewöhnlichen Einsatz kam der Handwerksmeister über den „Senior Experten Service“ (SES), eine Initiative von Handwerk, Industrie und Wirtschaft, die deutsche Fachkräfte in Entwicklungs- und Schwellenländer entsendet. Diese unterstützen dort mittelständische Betriebe und treten als erfahrene Berater und Impulsgeber auf. „Auch nach 49 Jahren Berufsleben ist die Leidenschaft für mein Handwerk P.T. MAGAZIN 1/2014

(Foto: Handwerker ohne Grenzen) (Foto: Handwerker ohne Grenzen) Deutsche Konditoren helfen in China, die Ernährungslage zu bessern. P.T. MAGAZIN 1/2014 ungebrochen. Daher genieße ich es, im Ruhestand mein Wissen an Menschen weiterzugeben, die vor großen Herausforderungen stehen“, sagt Dörfner. Der Meisterbäcker hat noch viel vor: „Die Herstellung von Backwaren ist dabei immer nur eine Sache. Wichtig ist mir als Handwerker immer auch die Etablierung einer modernen, kollegialen Mitarbeiterkultur.“ Handwerk für ein ganzes Dorf Auch in Europa gibt es Regionen und Landesteile, die großer Hilfe bedürfen. So etwa das Dorf Radeln in Rumänien. Hier versucht die Stiftung des deutschen Rockstars Peter Maffay, Aufbauhilfe zu leisten und erhält dabei tatkräftige Unterstützung von deutschen Handwerkern. Maffay hat in dem Dorf ein Kinderferienheim für traumatisierte Mädchen und Jungen einrichten lassen. „Wir bieten den kleinen Gästen eine Auszeit und versuchen, ihnen neuen Lebensmut und gestärktes Selbstvertrauen zu vermitteln“, sagt er. Für dieses Ziel muss nicht nur am Heim erhebliche Arbeit geleistet werden, denn das Dorf Radeln ist infrastrukturell wenig erschlossen. Abhilfe schaffen hier wiederum Handwerker im Ehrenamt. Maffay erzählt: „Vor etwa vier Jahren traf ich auf Verlagschef Alexander Holzmann, der mir direkt und unbürokratisch angeboten hat, unser Projekt durch kostenlose Werbung zu unterstützen, unter anderem in der Deutschen Handwerks Zeitung. Daraufhin kamen etliche Handwerksbetriebe auf uns zu und haben ihre Mithilfe angeboten.“ So haben bis heute über 80 deutsche Handwerker rund 640 Arbeitstage unentgeltlich in Radeln gearbeitet. Dadurch konnten unter anderem große Fortschritte beim Straßenausbau erzielt und ein Ärztehaus für die Dorfbevölkerung eingerichtet werden. In wenigen Monaten wird man zudem die gesamte Dorfbevölkerung mit fließendem Trinkwasser versorgen können. Maffay zeigt sich vom Engagement der Helfer beeindruckt: „Von dieser Einsatzbereitschaft waren wir einfach überwältigt!“ Leistungen die für sich sprechen Kleine und mittelständische Unternehmen erbringen nicht nur wirtschaftliche Erfolge im Inland. Sie leisten – ohne Kosten und Mühen zu scheuen – gesellschaftlich bedeutende Arbeit. Zahlreiche Entwicklungsprojekte wären ohne das freiwillige Engagement des Handwerks in dieser Form kaum möglich. So ist das deutsche Handwerk nicht nur eine Wirtschaftsmacht von nebenan, sondern weltweit. n Sozial ist, wenn der Stärkere dem Schwächeren hilft. Das sehen auch die reichsten Länder so: Seit Jahren steigen die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit konstant an. Deutschland gibt nach den USA und Großbritanien am meisten. Und das Handwerk steht als zuverlässiger Partner zur Seite, wenn es darum geht Hand anzulegen. USA Großbritanien Deutschland Frankreich Japan 14 Mrd. 13 Mrd. 12 Mrd. 10 Mrd. 30 Mrd. 0 5 10 15 20 Quelle: 25 BMZ30

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