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P.T. MAGAZIN 01/2013

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Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

Zwischen Hightech und

Zwischen Hightech und Landliebe Das Image der Landwirtschaft Über den Autor n Gunnar Sohn ist Wirtschaftspublizist und Medienberater und Chefredakteur des Onlinemagazins NeueNachricht Gesellschaft In den Medien wird ein einseitiges Bild der Landwirtschaft vermittelt Immer weniger Landwirte ernähren immer mehr Menschen. Heute macht ein Landwirt alleine mehr als 140 Menschen satt. Im Jahre 1900 konnte ein Landwirt gerade einmal vier Personen ernähren. Das bedeutet aber auf der anderen Seite, dass immer weniger Landwirte immer mehr Nicht-Landwirten gegenüberstehen. Allein in den vergangenen 15 Jahren haben mehr als 200.000 landwirtschaftliche Betriebe aufgegeben. Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen. Verklärte Landliebe Wie wirkt sich diese Entwicklung auf das Bild der Landwirtschaft in der Gesamtbevölkerung aus? Es gibt immer weniger Menschen, die wirklich wissen, wie es in der Landwirtschaft zugeht, die wissen, wie sich eine Landwirtin fühlt oder ein Milchviehbauer denkt. Die Älteren unter uns haben irgendwo noch Verwandtschaft mit bäuerlichen Wurzeln. Daraus resultiert meist auch das verklärte Bild von Landliebe und Landlust. Als Kind verbrachte man häufig die Sommerferien auf dem Hof bei Oma und Opa. Das war aus der heutigen Sicht etwas rückständig aber sehr idyllisch. Viele Städter sehnen sich nach dieser rosarot gefärbten Vergangenheit zurück. Das erklärt die gegen den Trend zunehmende Leserzahl von Titeln wie Landlust und Liebes Land. Die anderen, die Jungen zwischen 6 und 28 Jahren, haben schon eine weitere Generation zwischen sich und den landwirtschaftlichen Urmüttern und Urvätern und kennen die Landwirtschaft oft nur aus Erzählungen von Oma und Opa. Damit erklärt sich auch die Antwort "Tetrapack" auf die Frage, woher denn die Milch kommt. Einsiedler oder Vollblutunternehmer? Erinnerungen an die bäuerlichen Wurzeln verblassen bei jungen Menschen immer mehr. Dadurch wird der Abstand zwischen Landwirtschaft und Restbevölkerung immer größer. Viele Menschen empfinden Landwirtschaft heute als lästig. Der voll beladene Traktor mit seinen Kartoffelanhängern auf der Fahrt zur Stärkefabrik bremst den eiligen Ein Landwirt kann nicht einfach weg ziehen, wenn sein Ruf ruiniert ist. Nichtlandwirt aus. Der krähende Hahn oder das Geläut der Kirchenglocken, wird bei einem, der Ruhe wegen auf's Land gezogenem Städter, schon mal zum Streitobjekt vor Gericht. Fernsehsendungen wie Bauer sucht Frau zeigen ein sehr verzerrtes Bild von Muttersöhnchen oder kontaktscheuen Einsiedlern. Mit der Realität haben sie wenig am Hut. Wie ist das Eigenbild der Landwirte? Landwirte, die heute noch ganz von der Landwirtschaft leben, sind Vollblutunternehmer. Sie haben es entweder durch hohe Spezialisierung, oder durch harte Arbeit und unternehmerisches Geschick geschafft, ihre Höfe zu erhalten. Die Wenigsten sind durch Grundstücksverkäufe reich geworden. Viele die ihre landwirtschaftlichen Flächen gegen Geld getauscht haben, haben dieses in der ersten Generation wieder verloren. Einige haben es richtig gemacht und sind gleich zwei Mal weiter hinaus gesiedelt mit ihrem Hof. Immer auf der Flucht vor der Bauwut boomender Großstädte. Im Ruhrgebiet werden inzwischen ehemals industrielle Flächen wieder landwirtschaftlich genutzt. Ein bedeutender Wirtschaftsbereich Die meisten Landwirte sind stolz auf ihren Beruf und auf ihre Tradition. Oft im Umgang keine einfachen Menschen, sind sie doch sehr geradlinig und rechtschaffen. Auf dem Land funktioniert die soziale Kontrolle noch. Dort kann man sich vor den Nachbarn nicht in der Anonymität einer Hochhaussiedlung verstecken. Deshalb gilt der gute Ruf auf dem Land mehr als in der Stadt. Wenn ein Landwirt den Räumdienst im Winter übernommen hat, dann wissen das alle im Ort. Da steht man dann unter öffentlicher Beobachtung. Wenn die Verkehrswege nicht geräumt sind, fällt das sofort auf den Ausführenden zurück. Zudem kann ein Landwirt nicht einfach weg ziehen, wenn sein Ruf ruiniert ist. Die Berufsvertretung der Landwirtschaft, der Bauernverband, zeichnet regelmäßig jedes Jahr das offizielle Bild seiner Mitgliedsbetriebe. Nachzulesen im Situationsbericht des Deutschen Bauernverbandes. Gleich im ersten Kapitel (Foto: Twicepix/Flickr.com) wird dem Leser klar gemacht, wie wichtig der Agrarsektor als Wirtschaftsfaktor ist: „Die Land-, Forstwirtschaft und Fischerei ist als Teil der Volkswirtschaft in Deutschland nach wie vor ein bedeutender Wirtschaftsbereich. Ihr Anteil an der Bruttowertschöpfung macht heute (2011) zwar nur 0,9 Prozent und an den Erwerbstätigen rund 1,6 Prozent aus, doch ist die volkswirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft wesentlich größer. Die deutsche Land-, Forstwirtschaft und Fischerei erzielte 2011 einen Produktionswert von 52,9 Milliarden Euro. Das ist erheblich mehr als der Produktionswert des gesamten deutschen Textil- und Bekleidungsgewerbes mit 21,6 Milliarden Euro, der pharmazeutischen Industrie mit 36,4 Milliarden Euro oder des Papiergewerbes mit 37,2 Milliarden Euro.“ Die schöne Idylle in den Köpfen Die im März vom information.medien. agrar e.V. vorgestellte Studie zeichnet das statistische Bild der Landwirtschaft. Darin ist der Landwirt unter den drei ersten Berufen mit zukünftiger gesellschaftlicher Bedeutung genannt. Sieht man sich das Ergebnis nach Altersgruppen aufgeteilt an, so wirkt sich die oben erwähnte weitere Entfernung der jüngeren Generation von der Landwirtschaft hier aus. Bei den 14 bis 29jährigen kommt der Polizist, im Gegensatz zur Gesamtgruppe, noch vor dem Landwirt. Den größten Einfluss auf das öffentliche Bild der Landwirte übt laut der Studie das Fernsehen aus. Gefolgt von Tageszeitungen und Rundfunk. Internet als Informationsquelle steigt seit 2002 steil an. Besonders ältere Menschen gehören zu den 64 Prozent, die der Meinung sind, dass kein besonders realistisches Bild der Landwirtschaft in den Schulen vermittelt wird. Bei der Frage, ob sich die Teilnehmer der Studie belästigt fühlen, wurde lediglich nach der Belästigung durch Tierhaltung gefragt. Im sehr dicht besiedelten Deutschland ist es schon sehr problematisch einen neuen Schweinestall mit Abluftanlage in der Nähe von Wohnbebauung zu planen. Findige Unternehmer-Landwirte nutzen inzwischen das Know-how von PR- Beratern um mit der Bevölkerung besser auszukommen. Die schöne Idylle in den Köpfen der „Nicht-Landwirte“ trifft in der Realität auf einen hoch technisierten Einsatz von Maschinen und industrieller Tierhaltung. Nur so sind die von Discountern gedrückten Einkaufspreise überhaupt darstellbar. Denn der Verbraucher ist in Deutschland nicht gewillt einen angemessenen Preis für Lebensmittel zu bezahlen. n Gunnar Sohn 8 P.T. MAGAZIN 1/2013 1/2013 P.T. MAGAZIN 9

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