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P.T. MAGAZIN 01/2012

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Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

Genossen gegen Genossen

Genossen gegen Genossen 2012 ist das UN-Jahr der Genossenschaften. Seit der Finanzkrise erleben sie eine Renaissance. Vor 150 Jahren kämpfte eine Volksbewegung für die staatliche Anerkennung der modernen Selbsthilfe-Firma. Gesellschaft Friedrich Wilhelm Raiffeisen 6 P.T. MAGAZIN 1/2012 (Foto: Wikimedia Commons/De.Update)

Ab sofort in unserem Programm: Das Wohnhaus ohne Heizkosten! Ferdinand Lassalle tobte. Dieser verdammte Schulze! Im Winter 1862/63 stand die Gründung der Arbeiterpartei bevor. Mit zwei Punkten sollte sie antreten: demokratisches Wahlrecht und Produktionsgenossenschaften. Lassalle meinte Industriebetriebe in Arbeiterhand, finanziert durch Staatskredite. Ausgerechnet jetzt tingelte der Liberale Hermann Schulze-Delitzsch durch die Arbeiterbildungsvereine. Er predigte seinen „Arbeiterkatechismus“: Die Arbeiter sollten sich Kredit- und Konsum-Genossenschaften anschließen, die soziale Frage durch Selbsthilfe und Solidarhaftung lösen, das nötige Kapital ansparen. Ganz ohne Staat. „Haarsträubender Blödsinn! Hirsebrei!“, schimpfte Lassalle. „Gedankenloses Bimbamgeläute!“ Gefährlicher als Marx Dieser Schulze wurde gefährlich. Gefährlicher sogar als der Überlinke Karl Marx in London. Schulze blökte sein Nein zu Subventionen in die Säle, die Arbeiter schrien Hurra! Schulze begriff nicht, dass Industriearbeiter anders waren als Handwerker und Krämer. Sie würden immer lohnabhängig bleiben, am Existenzminimum krebsen. Ein ehernes Gesetz. Da gab’s keine Spargroschen zu sammeln. Pumpvereine, Kleinbetriebsnetze und Gemeinschaftsläden? Lächerliche Antworten auf die Industriemoderne. Bürgerliche Selbstverantwortung hielt Lassalle für weltfremd bei Arbeitern. Sie brauchten straffe, zentrale Führung. Lassalles Führung. Im Februar 1863 kam Post aus Leipzig. Das Zentralkomitee der Sozialisten bereitete den Gründungsparteitag vor, bat um Programmideen und suchte einen Chef. Lassalle verfasste ein „Offenes Antwortschreiben“. Das 40-Seiten-Pamphlet erschien im März mit 12.000 Exemplaren: der Urknall des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV), Vorläufer der SPD. „Schulze ist aufgeschlitzt“ Den größten Spaß hatte Lassalle an der Abrechnung mit der Selbsthilfe-Idee. „Schulze-Delitzsch und sein ganzer Standpunkt ist aufgeschlitzt und seine Eingeweide ans Licht gekehrt“, schrieb er einem Parteifreund. „Der Hass, der mich dafür treffen wird, wird beispiellos sein.“ Kaum war Lassalle ADAV-Präsident geworden, formierte der erboste sozialliberale Flügel als Konkurrenz den Vereinstag Deutscher Arbeitervereine. Als erstes empfahl dieser den Massen Genossenschafts-Gründungen à la Schulze. Der smarte Sozialistenführer trieb den Keil tiefer, hetzte in der Presse gegen den „Sparapostel“ Schulze und ließ Spottlieder singen: „Der gute Mann beweist uns ganz geschwind, dass wir ja alle Kapitalisten sind. Sand, Sand, Sand in die Augen!“ In einem Buch mixte Lassalle einen feurigen Cocktail aus Wirtschaftstheorie und ätzendem Sarkasmus. „Verlogenste Täuschung“ und „nervenschmerzerregend“ sei der Versuch, Arbeitern Mittelstandsträume einzuimpfen. Eine „kleinbürgerliche Seele“ sei Schulze, ein Provinzler: „Sind Sie denn nie aus Bitterfeld und Delitzsch herausgekommen?“ Der Feind meines Feindes ist mein Freund Ein druckfrisches Exemplar schickte Lassalle an Ministerpräsident Otto von Bismarck, „zu tödlichem Gebrauche“ gegen die liberale Fortschrittspartei, für die Schulze im preußischen Parlament saß. Bismarck würde „aus diesem Holz Kernbolzen schnitzen können, sowohl im Ministerrat wie den Fortschrittlern gegenüber“, so Lassalle. In Geheimtreffen hatten sie sich schätzen gelernt. Beide sahen die Lösung der sozialen Frage beim starken Staat. Beide dachten: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Der Abgeordnete Schulze zerrte an Bismarcks Beinkleidern wie ein Terrier. Verleger rissen sich um seine Artikel, eine Zeitung gab er selbst heraus. Bismarck zählte ihn zu den „hervorragendsten und entschiedensten Gegnern“, deren „agitatorische Wirksamkeit überwiegend darauf gerichtet ist, politischen Einfluss auf die Arbeiter und Handwerker zu gewinnen, um die Fortschrittspartei gegen die Regierung zu verstärken“. 1/2012 P.T. MAGAZIN 17 Mehrwert mit geringerer Belastung ... so macht Bauen Spaß! Unsere Bonität - Ihre Sicherheit - Fertigstellungsbürgschaft - Vertragsgestaltung nach BGB - feste Handwerksfirmen - ökologische Bauweise mit modernster Anlagentechnik Weniger CO -Emmission ² für die Zukunft unserer Kinder! Informationen unter: Aktuell Bau GmbH Lorenzweg 71 39128 Magdeburg Tel. 0391 - 28 96 710 www.aktuell-bau.de

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