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P. T. MAGAZIN 04/2013

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Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

Lifestyle | Auto Ohne

Lifestyle | Auto Ohne Gegenleistung Deutschlands Autofahrer sind Zitronen. Die Politik presst sie gerne aus. Blühende Landschaften Sie sind auf dieser Doppelseite gewöhnt, über großartige, automobile Leistungen in Punkto Ingenieurskunst und Design zu lesen. Aus aktuellem Anlass der bevorstehenden Bundestagswahl in Deutschland beschäftigt uns diesmal ein anderes Thema: Der Zustand unserer Straßen, die Lösungen der gewählten Vertreter unseres Volkes aus der Politik und die Frage nach den Autofeinden in diesem Lande, obwohl jeder sechste Arbeitsplatz in Deutschland an das Automobil gebunden ist. Es fehlt an Lösungen, an Geld und am Willen. Als ich neulich auf einer der zahlreichen Berliner Straßen fuhr, die die Automobilindustrie inzwischen als Teststrecken nutzen könnten, um Schlaglochresistenz und besondere Beanspruchungen von Fahrwerken zu testen, traf ich auf ein Schild: Achtung Straßenschäden. Das erinnerte mich an die DDR, deren Straßen denen des heutigen Deutschlands glichen. Mit diesen Schildern übertrug man die Verantwortung auf den Autofahrer. Autofahrer- verteufelter Zahlmeister der Nation Hierzulande ist der Autofahrer der Zahlmeister der Nation. Er wird besteuert, bestraft, entmündigt und für dumm verkauft. Schlagloch-Slalom auf Straßen - die Infrastruktur in Deutschland wird auf Verschleiß genutzt. Die jahrzehntelange Vernachlässigung rächt sich. „Das deutsche Straßennetz wird von Jahr zu Jahr älter und älter“, kritisiert Stefan Kooths, Forscher des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW). Zehn Jahre lang reichten die staatlichen Investitionen schon nicht einmal mehr aus, um den jährlichen Verschleiß zu beheben. Waren die Straßenbeläge in Deutschland Anfang der 1990er-Jahre im Schnitt 20 Jahre alt, so sind es heute bereits 26 Jahre. Bei den Schienen und Wasserstraßen ist es nicht weniger dramatisch. Der harte Winter geht an die Substanz. Er fördert zutage: Die Verkehrsinfrastruktur braucht dringend Pflege. Auf einigen Straßen werden kurzerhand Spuren gesperrt, anstatt die Winterschäden zu beseitigen. Ab und an werden notdürftig Löcher gestopft, Schilder und Kegel aufgestellt. Eine nachhaltige Sanierung geben die öffentlichen Verkehrsetats nicht mehr her. Die Infrastruktur wird auf Maximal-Verschleiß genutzt. Für die Unternehmen, die auf eine gute Infrastruktur der Transportwege angewiesen sind, ist das ein Dilemma: „Die deutsche Wirtschaft ist mehr als andere von funktionierenden Verkehrsadern abhängig“, sagt Kooths – zum einen wegen der Lage im Zentrum Europas, zum anderen wegen des großen Industriesektors. Wegen der Schuldenbremse fehlt dem Staat das Geld für seine Schienen und Straßen. Die Infrastruktur wird in den kommenden Jahren enorm an Wert verlieren. Zu dieser Einschätzung kommt das IfW in seiner neuesten Mittelfristprognose. Krokodilstränen sind in der Politik ein Kommunikationsmittel Ein Grund neben Steuerverschwendungen: Um die Schuldenbremse einhalten zu können, spart der Staat vor allem bei den Investitionen, nicht aber bei den Ausgaben für Soziales und Verwaltung. Da weder Steuererhöhungen, noch neue Schulden, noch Kürzungen beim Sozialstaat politisch denkbar seien, werde sich dieser zerstörerische Trend weiter fortsetzen, erwartet das IfW. Dieser Winter war für Städte und Gemeinden teuer. Das merkt jeder Autofahrer instinktiv, wenn er nach der Schneeperiode des vergangenen Winters die Schlagloch- Tour durch seinen Heimatort fährt und Kfz-Werkstätten eine Zunahme von Geschäft für Reparaturen am Fahrwerk verbuchen. Schon jetzt weiß mancher Bürgermeister oder Kämmerer, dass seine Stadt nicht das Geld besitzt, um all die Schäden, die der Frost geschlagen hat, so auszubessern, wie dies eigentlich notwendig wäre, oder wie es im Verhältnis zum Steueraufkommen durch die Autofahrer finanziert werden könnte. Das war in den vergangenen Jahren nicht anders. Weil Städte, Gemeinden und Kreise, die 95 Prozent des Straßennetzes in Deutschland unterhalten, bei der Straßensanierung improvisierten, verkommen heute ganze Straßenzüge. An vielen Stellen wurden Löcher nur notdürftig geflickt und nicht, wie es sinnvoll wäre, substantiell erneuert. Allein im vergangenen Winter sind erneut Straßenschäden von etwa 2,3 Milliarden Euro entstanden, berichtet Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU). Die kommunale Verkehrsinfrastruktur ist fast im gesamten Lande unterfinanziert, dabei stellen Straßen und Verkehrswege einen bedeutenden Standortfaktor dar. Die vorausgesagte Zunahme des Güterverkehrs, Fachleute rechnen damit, dass bis 2030 der Schwerlastverkehr auf den Straßen um 50 Prozent wachsen wird, gilt als finstere Prognose. Konzeptionslosigkeit heißt Steuererhöhung Was Staatshoheit besitzt, verkommt, verfällt oder wird ideologisiert. Das Bildungswesen hat es uns gelehrt bzw. sollte es uns lehren. Wenn die Ideologen in den Parteien immer mehr die Oberhand gewinnen, dann fahren wir eines Tages wieder so etwas wie einen Trabant und jede Tempoüberlegung hat sich dann sowieso erledigt, weil der Trabbi nur noch eine ideologisch vorbestimmte Höchstgeschwindigkeit fahren kann, begründet mit Klimawandel, CO2 Auflagen und dem Energiegewissen der Gedankenpolizei nach Orwell. Die Politik hat „Lösungen“. Konzeptionslos wie gewohnt. Gerade erst forderte SPD-Chefideologe Sigmar Gabriel die Einführung von Tempo 120 auf deutschen Autobahnen. „Der Rest der Welt macht es ja längst so“, sagte er oberschlau der „Rheinischen Post“. „Tempo 120 auf der Autobahn halte ich für sinnvoll, weil alle Unfallstatistiken zeigen, dass damit die Zahl der schweren Unfälle und der Todesfälle sinkt“, sagte Gabriel zukunftsweisend. Abgeschaut hat er das von Forderungen im autofeindlichen Grünen-Wahlprogramm. Im SPD-Wahlprogramm wurde das von Gabriel unterstützte Tempolimit nicht aufgenommen. Die SPD hatte sich auf ihrem Hamburger Parteitag 2007 für ein Tempolimit von 130 Km/h ausgesprochen - aber im aktuellen Wahlprogramm taucht diese Forderung nicht auf. Bleibt also da noch ein Koalitionsversprechen an bösen Überraschungen für den Wähler? Einige Europa-Abgeordnete wollen Tempo 120 sogar in ganz Europa – Grund genug, für die Politiker hierzulande, Musterknabe zu spielen. Vielleicht gibt es dann einen Verkehrswandel neben dem Klimawandel oder eine politisch korrekte Fahrweise. In der Verkehrspolitik ist es wie in anderen Dingen der veröffentlichten Meinung der politischen Kaste. Wir bestrafen Steuersünder, aber Steuerverschwender nicht. Im Verkehrsrecht bestrafen wir Drängler, aber Behinderer nicht. Das Benzin bezahlen wir mit Mineralölsteuer, Dreistufiger Ökosteuer und der Mehrwertsteuer, aber an Geld für den Erhalt der Straßen fehlt es. Stattdessen denkt sich Herr Ramsauer (CDU) ein besonders perfides Strafsystem aus, was dem Autofahrer als Flensburg-Reform verkauft wird. Der Autofahrer wird für dumm verkauft, aber wie er sich schließlich verkaufen lässt, entscheidet jeder an der Wahlurne selbst, vielleicht gibt es Alternativen für Deutschland. n Prof. Arnd Joachim Garth Sigmar Gabriels Statement Die DDR lässt grüßen … und niemand geht auf die Straße 64 P.T. MAGAZIN 4/2013 4/2013 P.T. MAGAZIN 65 (Fotos: A. J. Garth)

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