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E-Paper PT-Magazin 01 2020 Krisen überwinden

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Offizielles Magazin der Oskar-Patzelt-Stiftung. Titelthema: Krisen überwinden. Motto: Meilensteine setzen. 100.000 Wirtschaftswunder und 11 Überlebensgebote. Ostern entscheidet es sich: 5 Corona-Szenarien der Zukunft. Krisenbewältigung: 4 Schritte führen aus der die Krise. The Show must go on: 4 betriebsbezogene Erkenntnisse. Corona-bedingte Änderungen: „Großer Preis des Mittelstandes“.

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04 E-Paper 1/2020 Ostern entscheidet es sich 5 Corona-Szenarien für Deutschlands Zukunft. Sven Gabor Janszkys Alternative zur Schwarzmalerei der Talkshows und den Utopien der Propheten Die aktuellen politischen Lockdown- Maßnahmen, also Kontaktsperre & Co. laufen alle mehr oder weniger bis Ostern. Die aktuellen Hilfsprogramme der Politik für die Wirtschaft, für Selbstständige und Kleinunternehmen laufen dagegen etwa bis Pfingsten. Diese beiden „Entscheidungstermine“ hat die deutsche Politik in ihren bisherigen Entscheidungen bereits vorangelegt. Je nachdem, wie sich die Infiziertenzahlen in Deutschland bis zu diesen Zeitpunkten entwickelt haben, wird der Weg nach Ostern und Pfingsten unterschiedlich weitergehen. Stellen wir uns vor, wir schauen zu Ostern auf die Infiziertenzahlen in Deutschland und stellen fest: Sie sinken wieder. Die Maßnahmen zum Social Distancing hatten Erfolg. Und gleichzeitig wissen die Mediziner, welche Menschen in Deutschland konkret an Corona erkrankt sind. Das sind tausende. Also: Corona ist nicht weg und bleibt auch noch bis zur Entwicklung eines Impfstoffs ein Thema. Aber die Situation ist beherrschbar. Wir haben die sogenannten „Infektionsketten“ wieder im Griff. Szenario 1: Als wäre nichts gewesen Was geschieht dann? Als erstes treten wieder die Virologen in den Talkshows auf und sagen, dass das nichts zu sagen hat und die Infektionszahlen jederzeit wieder steigen können. Das stimmt natürlich. Dennoch wird der gesellschaftliche Druck der „Anderen“ auf die Politik enorm. Die Wirtschaft will zurück in die Unternehmen, um den Absturz zu verhindern. Das Land will wieder ein normales Leben führen. Also entscheidet die Politik sich zum Richtungswechsel. Zur klassischen „Protection-Strategie“. Also im Klartext: Nicht mehr alle Menschen werden isoliert, sondern nur noch die wirklich Kranken. Da bekannt ist, wer die Infizierten sind und wo sie sich aufhalten, werden verstärkt Technologien benutzt, um diese Risikogruppe per Handy und App zu überwachen. Natürlich auf Zeit: Die Infizierten nur solange sie wieder genesen sind. Für alle anderen wird Schritt für Schritt das gesellschaftliche Leben wieder hochgefahren. Zu Pfingsten sitzen die Menschen wieder in Straßencafes oder machen Camping an der Ostsee. Was wären die Auswirkungen: Tatsächlich würden im Herbst wohl Menschen im Café sitzen und sich kaum noch erinnern können, dass da im Frühjahr mal etwas anders gewesen ist. Am Jahresende würden in den Jahresrückblicken im Fernsehen jene Virologen als Experten interviewt, die im Frühjahr schon gesagt haben, dass im gesamten Jahr 2020 nicht mehr Menschen sterben werden, als in jedem anderen Jahr. Natürlich würden die Unternehmen nicht ihre Jahresziele erreichen und eine kleine Konjunkturdelle gäbe es auch, aber dank eines staatlichen Milliarden-Konjunkturprogramms halten sich die Auswirkungen in Grenzen: In der Wirtschaft macht das Wort vom „reinigenden Gewitter“ die Rede. Szenario 2: Die Befreiung vom Italien-Fluch Stellen wir uns vor, wir schauen zu Ostern auf die Infiziertenzahlen in Deutschland und stellen fest: Sie sinken wieder. Aber: Dennoch wissen wir noch nicht, wer eigentlich genau die Krankheit bereits in sich trägt. Möglicherweise leben nach wie vor hunderttausende unerkannte Corona-Fälle in Deutschland. Und niemand weiß, wer sie sind. Wir haben die sogenannten „Infektionsketten“ noch nicht im Griff. © www.pixabay.com Wa s geschieht dann? Ich nenne dieses Szenario die „Befreiung vom Italien-Fluch.“ Warum? Weil die aktuellen Entscheidungen der deutschen Politik und Wirtschaft in Corona-Fragen, sich nahezu vollständig an der verheerenden Situation in Italien orientieren. Jede Entscheidung wird derzeit mit Hinweis auf das Vorbild Italien getroffen. Das ist deshalb bemerkenswert, weil die Zahlen zu den Verläufen der Krankheit in China und Südkorea ganz andere sind. Heute sind deutsche Entscheidungsträger also gezwungen, sich zu entscheiden: Vertrauen wir den Zahlen aus Asien oder aus Italien. Es verwundert nicht, dass die meisten von uns den italienischen Zahlen mehr vertrauen. Wir kennen die Italiener, machen Urlaub bei ihnen, sprechen in der EU mit ihnen. Also im Klartext: Obwohl wir alle wissen, dass die italienischen Daten höchst ungenau und Laissez-faire sind, halten wir die asiatischen für noch schlechter. Dies würde sich in diesem zweiten Szenario verändern. Denn es E-Paper 1/2020

05 E-Paper 1/2020 würde zu Ostern klar werden, dass der Corona- Verlauf in Deutschland ein anderer ist, als in Italien. Dann wird die deutsche Politik möglicherweise ein Strategie- Schwenk vornehmen. Sie wird versuchen, so schnell wie möglich eine genaue Erkenntnis erlangen zu wollen, welcher Deutsche wirklich infiziert ist und welcher nicht. Die Methode dafür sind Massentests, vermutlich sogar in der Drive-In-Variante à la Südkorea. Das bedeutet: Die Kontaktsperre, Werksschließungen und Schulschließungen bleiben bis Pfingsten bestehen. Sie werden durch Massentests ergänzt. Wenn auf diese Weise bis Pfingsten, also Ende Mai, bekannt wird, welche Menschen in Deutschland konkret an Corona erkrankt sind, dann geht dieses Szenario 2 in das Szenario 1 über. Alles normalisiert sich langsam wieder. Außer für die Infizierten und für die Älteren. Diese bleiben in Quarantäne. Was wären die Auswirkungen: Auch in diesem Szenario ist der Sommerurlaub gerettet. Allerdings nur der Sommerurlaub in Deutschland. Die Grenzen zu jenen Ländern, in denen Corona nach wie vor wütet, bleiben geschlossen. Zwar wird der Reiseverkehr in der zweiten Jahreshälfte Schritt für Schritt wieder erlaubt, aber bei der Einreise bleiben noch bis Jahresende Tests und Quarantänemaßnahmen an der Tagesordnung. Insgesamt gibt es aber kaum dauerhafte Auswirkungen in diesen beiden Szenarien auf die langfristige Entwicklung des Landes. Auch hier gibt es zum Jahresende kaum mehr Tote als in einem normalen Jahr. Die Welt wird weder besser noch schlechter. Die Wirtschaft wird gerettet, abgesehen von den Unternehmen, die das Jahr wohl ohnehin nicht überlebt hätten. Szenario 3: Ein neuer Generationenvertrag Stellen wir uns vor, die Dinge entwickeln sich wie im Szenario 2. Also: Niedrigere Infiziertenzahlen zu Ostern. Aber noch niemand weiß, wer wirklich infiziert ist. Deshalb noch ein paar Wochen mehr Isolation für alle und parallel dazu Massentests in Deutschland. Doch dann, zu Pfingsten, weicht das Ergebnis vom Szenario 2 ab. Denn wir stellen fest: Auch Ende Mai haben wir die sogenannten „Infektionsketten“ noch nicht im Griff. © www.pixabay.com Zu Pfingsten gibt es noch immer eine zu hohe Dunkelziffer von möglicherweise hunderttausenden, unerkannten Corona-Fälle in Deutschland. Was geschieht dann? Dann hat die deutsche Bundesregierung zu Pfingsten die Entscheidung zu treffen, ob der Lockdown aufrechterhalten wird oder nicht. Die aus meiner Sicht wahrscheinlichere Entscheidung ist: NEIN. Deshalb folgt dieses Szenario dieser NEIN-Entscheidung. Und diese hat einen guten Grund. Die Alternative, die gesamte Gesellschaft mehr als drei Monate, gar ein halbes oder ein ganzes Jahr im Ausnahmezustand zu halten, kann eine Bundesregierung in einer demokratischen Gesellschaft nicht treffen. Zwar will keine Bundeskanzlerin in die Geschichte mit den Worten eingehen: „In meiner Amtszeit sind in Deutschland die meisten Menschen gestorben.“ Aber es will auch keine Bundesregierung über sich in den Geschichtsbüchern lesen, dass sie eine funktionierende Wirtschaft komplett gegen die Wand gefahren und nebenbei auch noch die jahrhundertelang erkämpften Freiheitsrechte geschreddert hat. Wenn also durch die Shut-Down-Maßnahmen kein finaler Erfolg da ist und auch der Impfstoff noch bis 2021 auf sich warten lässt … was dann? Die Alternative in diesem Szenario ist die komplette Isolierung der Bevölkerung über 60 Jahre für einen Zeitraum von etwa drei Monaten in ihren Häusern, aber gleichzeitig das langsame Auflösen der Einschränkungen für die Menschen bis 60 zwischen Ende Mai und Ende Juni. Das bedeutet: Die Älteren lassen sich auf komplette Isolation in ihrem Heim ein. Sie werden an der Tür mit allem Nötigen versorgt. Die Jüngeren gehen wieder arbeiten und sind auch bereit, im Fall der Fälle für sich selbst die Infektion durchzumachen.

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